Test / SUV E-Bikes 2023: Die Zahl der erhältlichen SUV E-Bikes steigt gefühlt mit jedem Monat an. Durch die Vielseitigkeit der Fahrradkategorie fällt auch die Interpretation der Hersteller unterschiedlich aus. Wir haben uns vier aktuelle Modelle vorgenommen, die jeweils ihre ganz eigenen Schwerpunkte setzen – gemein haben sie alle ihre großen Reichweiten, dank über 1.000 Wh Akkukapazität.
SUV E-Bikes sind eine vergleichsweise neue Fahrradkategorie, die sich jedoch großer Beliebtheit erfreut. Die Modelle sind in vielen unterschiedlichen Konzepten erhältlich und werden von den Herstellern als perfekte Allrounder für Tourenfahrer und Pendler angepriesen. Obwohl die Bezeichnung „SUV“ auf eine geländetaugliche Ausrichtung hinweist, legen die meisten Modelle ihren Schwerpunkt auf Komfort und Vielseitigkeit.
Wie sportlich ein SUV E-Bike sein soll oder nicht, hängt von den individuellen Bedürfnissen des Fahrers ab. Grundsätzlich gibt es jedoch keine festgelegte Definition dessen, was ein SUV E-Bike ausmacht – umso schwieriger ist es, den Markt zu überblicken. Deshalb haben wir uns vier aktuelle SUV E-Bikes 2023 ausgesucht und sie in der Praxis und auf dem Prüfstand auf Herz und Nieren getestet.
SUV E-Bikes 2023: Testkandidaten
Für unseren Test haben wir uns vier aktuelle SUV E-Bikes vorgenommen. So unterschiedlich sie auch bezüglich ihrer Ausrichtung sind, gemein haben sie ihre großen Akkukapazitäten, teils ab Werk, teils mit optionalem Range Extender.
Flyer Goroc X 6.70 | Giant Stormguard E+1 | Kettler Quadriga Duo CX12 FS SUV | Riese & Müller Superdelite GT rohloff | |
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Antrieb | Panasonic GX Ultimate Pro FIT | Giant SyncDrive Pro2 | Bosch CX Gen 4 | Bosch CX Gen 4 |
Akku (max.) | 1.290 Wh | 1.050 Wh | 1.250 Wh | 1.125 Wh |
Federweg | 140 mm | 100 mm | 150 mm | 140 mm |
Gewicht | 33,8 kg | 33,4 kg | 32,4 kg | 33,6 kg |
Preis | 7.747 Euro | 7.999 Euro | 7.599 Euro | 10.098 Euro |
Flyer Goroc X 6.70
Technische Eckdaten
Antrieb: Panasonic GX Ultimate Pro FIT
Akku: 750 Wh (+540 Wh Range Extender)
Federweg: 140 mm
Laufradgröße: 29 Zoll
Gewicht (Gr. XL ohne Pedale): 30,7 kg (33,8 kg mit Range Extender)
Preis (wie getestet): 6.999 Euro (+748 Euro für Range Extender)
Das Flyer Goroc X wurde vor etwas mehr als einem Jahr offiziell vorgestellt und erweitert das Flyer Sortiment an E-Bikes mit dem neuen Panasonic GX Ultimate Pro FIT Motor, der schon auf dem Papier mit einem maximalen Drehmoment von 95 Nm ausgesprochen spannend ist. Am Goroc X wird er mit einem 750 Wh Akku im Unterrohr des Alurahmens kombiniert (Rahmengröße S: 625 Wh), der sich bequem zur Seite entnehmen lässt. Der Clou ist jedoch der optional montierbare Range Extender mit weiteren 540 Wh, womit das Bike auf eine Gesamtkapazität von beeindruckenden 1.290 Wh kommt.
Ansonsten sind die Goroc X seine MTB-Gene anzusehen und auch an den Eckdaten abzulesen: 140 mm Federweg sollten genügend Reserven für Touren im Gelände bieten, die übrige Ausstattung ist mit Shimano XT Linkglide Kettenschaltung und kräftigen 4-Kolben-Bremsen dem Einsatzbereich angemessen.
Giant Stormguard E+1
Technische Eckdaten
Antrieb: Giant SyncDrive Pro2
Akku: 800 Wh (+250 Wh Range Extender)
Federweg: 100 mm
Laufradgröße: 27,5 Zoll
Gewicht (Gr. L ohne Pedale): 31,5 kg (33,4 kg mit Range Extender)
Preis (wie getestet): 7.999 Euro
Mit dem Giant Stormguard hatte der Fahrrad-Riese aus Taiwan vor nicht allzu langer Zeit sein erstes „echtes“ SUV E-Bike vorgestellt. Zwar hatte man zuvor bereits z.B. mit dem Stance E+ EX vollausgestattete E-MTBs im Programm, doch das Stormguard E+ ist das erste E-Bike von Giant, das von Grund auf als SUV konzipiert wurde. So bringt es 100 mm Federweg vorn und hinten mit, außerdem setzt es auf den sogenannten Stable Link Hinterbau, der vor allem beim Komfort punkten soll. Spannend ist auch der Heckgepäckträger, der nicht wie üblich am Hinterbau, sondern am Hauptrahmen befestigt ist. So ist er vor Erschütterungen vom Hinterrad quasi „entkoppelt“.
Für Vortrieb sorgt hier der hauseigene SyncDrive Pro2 Antrieb, dem Giant einen 800 Wh Akku im Unterrohr zur Seite stellt. Wem das nicht ausreicht, der kann den im Lieferumfang des Bikes enthaltenen Range Extender mit weiteren 250 Wh montieren.
Kettler Quadriga Duo CX12 FS SUV
Technische Eckdaten
Antrieb: Bosch Performance CX Gen 4
Akku: 2x 625 Wh
Federweg: 150 mm
Laufradgröße: 27,5 Zoll
Gewicht (Gr. XL ohne Pedale): 32,4 kg
Preis (wie getestet): 7.599 Euro
Mit der Quadriga Duo Reihe hat Kettler schon seit einiger Zeit spannende E-Bikes im Programm, die in ihrem massiven Unterrohr gleich zwei 625 Wh Akkus von Bosch verstauen. Doppel-Akku heißt im Jahr 2023 jedoch auch weiterhin: Kein Smart System – stattdessen kommt hier der „alte“ Bosch CX Motor in der 4. Generation zum Einsatz, der die gleiche Leistung wie sein smartes Zwillingsmodell bietet, jedoch ohne die neuesten Displays und Konnektivitäts-Features auskommen muss.
Ansonsten zeigt sich das Kettler durchaus von seiner sportlichen Seite mit 150 mm Federweg und einer Geometrie, die man so auch an einem MTB nutzen könnte – kein Wunder, das Quadriga Duo CX12 FS ist auch ohne Schutzbleche als E-MTB erhältlich. Die Ausstattung gefällt, vor allem die zahlreichen Shimano XT Komponenten samt aktueller 12-fach Schaltgruppe.
Riese & Müller Superdelite GT rohloff
Technische Eckdaten
Antrieb: Bosch Performance CX Gen 4
Akku: 500 Wh + 625 Wh
Federweg: 140 mm (GX-Variante)
Laufradgröße: 27,5 Zoll
Gewicht (Gr. L ohne Pedale): 33,6 kg
Preis (wie getestet): 10.098 Euro
Preis (Basispreis): 9.349 Euro
Mit dem Riese & Müller Superdelite GT haben wir außerdem einen der Vorreiter im SUV-Segment im Programm. Lange bevor SUV E-Bikes en vogue waren hatte der Hersteller aus Darmstadt bereits komfortable, vollgefederte Alltags- und Tourenräder im Programm. Das Superdelite GT rohloff ist dabei der edle Langstreckenläufer: Mit zwei Powertubes, 500 Wh im Ober- und 625 Wh im Unterrohr bietet das Rad starke Reichweiten, ist aber wie schon das Kettler (noch?) auf den alten Bosch CX Motor festgelegt.
Für unseren Test hat uns Riese & Müller die absolute Top-Variante des Bikes zu Verfügung gestellt. Neben der kostspieligen (aber grandiosen!) Rohloff E14 Schaltnabe kommt das Bike auch mit zahlreichen Sonderausstattungen, wie man sie sich auch selbst auf der Webseite von Riese & Müller zum Bike hinzukonfigurieren kann. Darunter beispielsweise das Nyon Display oder der hauseigene RX-Chip, der eine Ortung des Bikes per GPS erlaubt und auf Wunsch die Routen aufzeichnet. Als weitere Zusatzausstattung wurde dem Bike das sogenannte GX-Kit spendiert, das neben stärker profilierten Reifen auch andere Fahrwerkselemente von Suntour enthält und den Federweg von 100 auf 140 mm erhöht.
Auf dem Prüfstand: Was leisten die Antriebe unter Laborbedingungen?
Alle vier Testbikes bzw. deren Antriebe mussten sich auch wieder in unseren Labortests auf dem Prüfstand beweisen. Neben verschiedenen Messungen zur Leistung stand angesichts der üppigen Akku-Kapazitäten auch die Effizienz und die Reichweite weit oben auf der Agenda.
Leistung: Klarer Sieger
Um die maximale Leistung der jeweiligen Antriebe zu ermitteln, geben wir saftige 250 W Eingangsleistung auf die Kurbel und wählen die Übersetzung, in der der Antrieb am meisten Leistung abgibt. Natürlich schalten wir alle Motoren hierfür in ihre jeweils höchste Unterstützungsstufe. Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache: Der Panasonic GX Ultimate Pro FIT im Flyer Goroc X ist der mit ziemlich deutlichem Abstand kräftigste Motor in unserem Testfeld. Mit fast 900 W Gesamtleistung ist er auch darüber hinaus einer der stärksten Mittelmotoren auf dem Markt. Der Bosch CX im Kettler und im Riese & Müller liegt außerdem etwas vor dem Giant SyncDrive Pro2 Antrieb, wobei der Abstand hier deutlich kleiner ausfällt.
Da die Maximalleistung zwar erkenntnisreich ist, um das Potenzial der jeweiligen Antriebe zu veranschaulichen, dürften nur die wenigsten E-Biker diese Leistung auch wirklich im Alltag benötigen. Umso spannender ist deshalb auch immer unsere Leistungsmessung bei gemütlichen 100 W Eingangsleistung. Auch hier schalten wir alle Antriebe für eine bessere Vergleichbarkeit in ihre jeweils höchste Unterstützungsstufe. Das Ergebnis ist ähnlich wie bei der Maximalleistung, die Unterschiede der drei Antriebssysteme werden jedoch noch deutlicher. Das Flyer Goroc X mit dem Panasonic Motor bringt fast doppelt so viel Leistung auf den Untergrund wie die beiden anderen Systeme – heftig! Der Abstand zwischen SyncDrive Pro2 und Bosch CX schrumpft hier auf ein Minimum zusammen, auch wenn der Bosch Motor noch immer etwas vorn liegt.
Diese Messung zeigt die unterschiedliche Abstimmung der Antriebe – während der Panasonic bereits bei recht geringer Pedalkraft einen großen Teil seiner Leistung abgibt, verhalten sich Giant und Bosch anders und halten größere Reserven zurück. Welches Verhalten man bevorzugt, ist Geschmackssache – und lässt sich bei den Antrieben von Panasonic und Giant auch über die jeweiligen Apps noch etwas abstimmen.
Effizienz und Reichweite: Bosch der Effizienz-König
Um die Energieeffizienz zu messen, müssen sich alle Antriebe bei uns in zwei Szenarien beweisen. Szenario 1 misst den Verbrauch in der Ebene bei 0% Steigung, einer Eingangsleistung von 100 W und in der höchsten Unterstützungsstufe. Im zweiten Szenario wird eine Steigung von 10% simuliert, zudem steigt die Eingangsleistung auf 130 W um eine Fahrt am Berg besser abzubilden. Unsere Messungen bilden wir in Wh/km ab – also wie viel Energie zieht der Antrieb pro gefahrenem Kilometer aus dem Akku.
Die Ergebnisse zeigen, dass die hohe Leistung des Panasonic GX Ultimate Pro auch ihren Preis hat. Sowohl in der Ebene, aber vor allem am Berg ist der Antrieb der mit Abstand energiehungrigste. Der Bosch CX zeigt sich trotz hoher Leistung überraschend Effizient in beiden Szenarien und dürfte damit für hohe Reichweiten sorgen. Der SyncDrive Pro2 aus dem Hause Giant zeigt zwei Gesichter; während er am Berg ähnlich effizient zu Werke geht wie der Mitbewerber von Bosch, schluckt er in der Ebene fast so viel Energie wie der deutlich kräftigere Panasonic Antrieb.
Mit diesen Ergebnissen lassen sich auch (theoretische) Reichweiten für die verschiedenen Akkukapazitäten und -konfigurationen unserer Testräder errechnen. Sowohl in der Ebene als auch am Berg erreicht das Kettler Quadriga Duo mit seiner Kombination aus effizientem Bosch Antrieb und zwei dicken Akkus im Unterrohr Bestwerte. Nicht weit dahinter liegt das Riese & Müller, während das Flyer dem energiehungrigen Panasonic Motor Tribut zollen muss – trotz der größten Akkukapazität (mit montiertem Range Extender). Das Giant schlägt sich trotz der geringsten Kapazität im Testfeld beachtlich. Angesichts des großen integrierten Akkus mit 800 Wh kann man hier für die meisten Fahrten auch auf den Range Extender verzichten.
Gewicht und Zuladung: Beachtliche Unterschiede
Keines der Räder im Test ist ein echtes Leichtgewicht, alle knacken die 30 kg – Marke, teilweise deutlich. Angesichts der Ausrichtung und Ausstattung dürfte das für die meisten Käufer auch durchaus zu verkraften sein. Man darf dabei jedoch auch nicht ganz außer Acht lassen, dass sich ein hohes Fahrradgewicht auch immer negativ auf die mögliche Zuladung auswirkt, also wie viel Gewicht man offiziell noch auf das Bike packen darf. Hierfür besitzt jedes Rad ein sogenanntes zulässiges Gesamtgewicht, das das Fahrrad selbst einschließt. Die Differenz aus beidem ergibt die Zuladung – und in unserem Testfeld zeigen sich hier durchaus ziemlich große Unterschiede.
Flyer Goroc X 6.70 | Giant Stormguard E+1 | Kettler Quadriga Duo CX12 FS SUV | Riese & Müller Superdelite GT rohloff | |
---|---|---|---|---|
Zulässiges Gesamtgewicht | 140 kg | 156 kg | 160 kg | 150 kg |
Eigengewicht | 30,7 kg 33,8 kg | 31,5 kg 33,4 kg | 32,4 kg | 33,6 kg |
Zuladung | 109,3 kg 106,2 kg | 124,5 kg 122,6 kg | 127,6 kg | 116,4 kg |
Zuladung Gepäckträger | 25 kg | 15 kg | 25 kg | 20 kg |
Anhängerfreigabe | Ja | Ja | Ja | Ja |
Schon beim zulässigen Gesamtgewicht liegen beispielsweise das Flyer Goroc X mit seinen 140 kg und das Kettler Quadriga Duo CX mit 160 kg satte 20 kg auseinander. Giant gibt für das Stormguard E+1 eine Obergrenze von 156 kg an, Riese & Müller für das Superdelite GT 150 kg. Für die Zuladung bedeutet das, dass man hier am Kettler den größten Spielraum hat und über 120 kg auf das Rad packen darf, also Fahrer und Gepäck. Größere und/oder schwerer Fahrer müssen insbesondere beim Flyer ein Auge auf das Gewicht werfen, hier ist bei 106 bzw. 109 kg bereits Schluss und auch das Riese & Müller hat eine allzu großen Reserven.
Gepäckträger: Klassisch oder entkoppelt?
Natürlich muss das Gepäck an einem SUV E-Bike auch irgendwie am Rad verstaut werden; in den meisten Fällen dürfte hier dem Heckgepäckträger die größte Bedeutung zukommen, insofern ist es auch wenig verwunderlich, dass alle vier Testräder diesen ab Werk mitbringen. Bei genauerer Betrachtung gibt es hier jedoch zwei verschiedene Ansätze. Während die Träger am Kettler Quadriga Duo und am Flyer Goroc X klassisch direkt am Hinterbau befestigt sind, setzen Giant und Riese & Müller an ihren Bikes auf einen „entkoppelten“ Gepäckträger, der am Hauptrahmen befestigt wird. Wieso? Beim Fahren hat das handfeste Vorteile: So werden Schläge vom Hinterrad nicht direkt an den Träger weitergegeben. Außerdem beeinflusst die Zuladung nicht etwa das Federungsverhalten des Hinterbaus.
Andererseits scheint die Montage am Hauptrahmen auch mit Einschränkungen bei der maximalen Kapazität verbunden zu sein. Während die klassischen Heckträger am Flyer und am Kettler mit vollen 25 kg beladen werden dürfen, gibt Riese & Müller am Superdelite ein Maximum von 20 kg an, beim Stormguard E+1 ist sogar schon bei 15 kg Schluss.
Das Riese & Müller Superdelite ist außerdem das einzige Rad im Test, das die Option auf einen Frontträger bietet und auch schon ab Werk hinzubestellt werden kann. Mit maximal 5 kg ist er nicht für große Lasten gedacht, dürfte aber beispielsweise in Kombination mit einer Tasche im Alltag oder dank der integrierten Fabric Flaschenhalter auch für Langstreckentourer durchaus praktisch sein.
Ausstattung: Keine Ausrutscher, aber große Unterschiede
Angesichts der hochpreisigen Ausrichtung aller vier Testräder ist es auch nicht allzu überraschend, dass es in puncto Ausstattung hier keine gravierenden Ausrutscher gibt. Die größten Unterschiede sind zweifellos die verbauten Schaltungen, da sich diese auch deutlich auf das jeweilige Fahrverhalten auswirken. Während das Kettler Quadriga Duo CX12 und das Flyer Goroc X auf eine klassische Kettenschaltung setzen, gibt es für die Fahrer des Stormguard E+1 und des Superdelite GT rohloff Nabenschaltungen in Verbindung mit einem wartungsfreien Gates Carbonriemen. Über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Schaltungsarten ließe sich ein eigener Artikel schreiben, entsprechend halten wir es an dieser Stelle kurz. Nabenschaltungen können für gewöhnlich einen deutlich wartungsärmeren Betrieb und ein komfortables Schaltverhalten (z.B. Gangwechsel im Stand) für sich verbuchen. Kettenschaltungen punkten mit flotteren Gangwechseln, geringerem Gewicht und normalerweise auch einer größeren Bandbreite. Normalerweise deshalb, da hier die Rohloff E14 im Riese & Müller aus der Reihe tanzt und mit satten 526% selbst die Bandbreite der 12-fach XT Schaltung am Kettler übertrumpft.
Unterschiede gibt es auch bei den jeweils verbauten Fahrwerks-Komponenten, also den Federgabeln und Dämpfern. Um an dieser Stelle den Praxiseindruck jedoch schon vorwegzunehmen – die Unterschiede zwischen den einzelnen Gabeln sind angesichts des Einsatzbereichs als sportive Tourer marginal. Es mag sein, dass z.B. die Fox AWL Gabel im Flyer Goroc X eine etwas bessere Performance zeigt als die Suntour Zeron35 im Kettler, in der Alltags-Praxis dieser Räder war dies für uns jedoch kaum auszumachen. Gleiches gilt für die Dämpfer, die fühlbaren Unterschiede bei den Hinterbauten würden wir hier eher den unterschiedlichen Konstruktionen (z.B. 4-Gelenker am Kettler, Eingelenker am Riese & Müller) zuschreiben. Per Luft einstellbar sind jedenfalls alle Komponenten, ebenso bringen sie alle einstellbare Zugstufen mit.
Ansonsten lässt sich zusammenfassend feststellen, dass alle Hersteller ihre Hausaufgaben gemacht haben. Die Bremsleistung aller Räder war mehr als Ausreichend, die verwendete Bereifung dem Einsatzbereich entsprechend. Schön auch, dass allen E-Bikes im Test schon ab Werk eine Variostütze spendiert wird.
Das insgesamt hochwertigste Gesamtpaket bringt das Riese & Müller Superdelite GT rohloff mit. Helle Lichtanlage mit Bremslicht, Nyon Display, Fizik Sattel, Bremsanlage von Magura und natürlich nicht zuletzt die Rohloff E14 – hier gibt es wirklich überhaupt nichts auszusetzen. Das Kettler Quadriga Duo CX12 FS SUV gefällt durch eine komplette Shimano XT Ausstattung, von der Schaltung über die Bremsen bis hin zu den Naben – schön! Am Flyer gefällt uns insbesondere die verbaute Shimano XT Linkglide Schaltgruppe, die zwar eine etwas geringere Bandbreite als das 12-Gang Pendant am Kettler mitbringt (510% vs. 454%), andererseits jedoch mit besserer Haltbarkeit und besserem Schaltverhalten unter Last punkten kann. Am Giant wusste vor allem die Cockpit-Gestaltung zu gefallen und hat entscheidenden Anteil daran, dass es für uns das komfortabelste Rad in der Testgruppe war.
Praxiseindrücke: Vier Bikes, vier Gesichter
Alle vier Testbikes mussten sich natürlich auch bei uns in der Praxis behaupten. Dabei zeigte sich auch die teils sehr unterschiedliche Interpretation des Konzepts „SUV E-Bike“: Während dem Kettler und dem Flyer ihre sportlichen MTB-Wurzeln ganz deutlich anzumerken sind, ist das Giant Stormguard E+1 auf der anderen Seite ein waschechter Tourer, was sich nicht nur am Federweg, sondern auch am Fahrverhalten selbst zeigt. Das Riese & Müller schafft hierbei ein sehr gutes Gleichgewicht aus exzellenter Tourentauglichkeit aber mit einem sportlichen Touch.
In der Praxis: Kettler Quadriga Duo CX12 FS SUV
Das Kettler Quadriga Duo ist trotz seines massiven Unterrohrs mit Doppelakku das ganz klar sportlichste Rad im Test. Das zeigt schon die durchaus gestreckte Sitzposition, die ein klarer Verweis auf die Mountainbike-Wurzeln des Bikes ist, sich aber dank des verstellbaren Vorbaus zumindest ein wenig entschärfen lässt. Auch das Fahrwerk mit durchaus üppigen 150 mm unterstreicht die Geländegängigkeit des Bikes, der gut funktionierende Hinterbau tut sein übriges. So ist das Quadriga Duo auch das Rad im Test, dem wir am ehesten auch einen kleinen Ausflug auf (leichte) Trails zutrauen würden – wenngleich man dort mit einem echten (E-)MTB immer besser bedient ist. Überraschenderweise stört das sehr breite Unterrohr während des Fahrens überhaupt nicht.
Der Bosch Performance CX Motor zeigt auch ohne Smart System seine Qualitäten und gefällt durch seine gutmütige, aber kräftige Charakteristik. Die Unterstützungsleistung ist auch für starke Anstiege mehr als ausreichend, gerade in Verbindung mit der 12-Gang Kettenschaltung von Shimano. Auch wenn das inzwischen Bosch-typische Summen des Motors auch in den niedrigen Unterstützungsstufen immer zu hören ist.
Etwas störend viel die Geräuschkulisse des Rads vor allem im Gelände auf. Ständiges Klappern trübte den Spaß hin und wieder erheblich. Nach einer gründlichen Inspektion zeigte sich der Seitenständer als Ursache: Die Feder ist zu schwach ausgelegt, was dazu führt, dass er bereits bei kleineren Erschütterungen ein deutlich hörbares Klappern von sich gibt.
In der Praxis: Flyer Goroc X 6.70
Ähnlich sportlich wie das Kettler zeigt sich das Flyer Goroc X 6.70, jedoch mit einer etwas anderen Ausrichtung. Die Sitzposition ist dank deutlich höherer Front weniger gestreckt, dafür würde sich der straffe Hinterbau auch an einem E-Mountainbike eine gute Figur machen – in puncto Komfort bei kleineren Schlägen muss er sich jedoch der Konkurrenz im Testfeld geschlagen geben.
Seinen größten Trumpf spielt das Flyer jedoch dann aus, wenn der Panasonic Motor seine Qualitäten zeigen kann. Wir sind geneigt zu sagen, dass es für diese Fahrradkategorie kaum einen besseren Motor gibt – wenn man von der etwas schlechteren Effizienz und kleineren Problemen bei der Konnektivität absieht. In puncto Power macht ihm jedenfalls keiner etwas vor und selbst steile Anstiege sind überhaupt kein Problem, bei geringerer Geräuschkulisse als sie Bosch CX oder Giant SyncDrive Pro2 bieten. Gerade im Vergleich zur Konkurrenz aus Süddeutschland muss man beim Panasonic jedoch den Gang mit Bedacht wählen; bei schweren Gängen und niedriger Trittfrequenz kann er sein Potenzial nicht im Ansatz ausschöpfen.
In der Praxis: Giant Stormguard E+1
Kommen wir zum Komfort-König unseres Testfelds: Das Stormguard E+1 fühlt sich beim Draufsitzen an, als würde man in einen warmen, perfekt sitzenden Handschuh schlüpfen. Alles ist an der richtigen Stelle, man sitzt bequem, aber nicht zu aufrecht und das Fahren macht einfach Freude. Das liegt zum einen an einem toll gestalteten Cockpit, das auf den ersten Blick etwas überfrachtet wirkt, aber sämtliche Knöpfe, Hebel und Bedienelemente an der richtigen Stelle hat. Die guten Griffe und der angenehm geschwungene Lenker tun ihr übriges.
Auch die stufenlose, automatisch schaltende Enviolo Nabe trägt zum komfortablen Fahrgefühl bei – jedoch ist sie zugleich in Verbindung mit den SyncDrive Pro2 Antrieb auch die größte Schwachstelle an einem ansonsten hervorragenden E-Bike. Durch ihre (im Vergleich zu den anderen Testbikes) recht geringe Bandbreite von 380% fehlt ihr für steile Anstiege eine leichte Übersetzung; ungünstig, dass der SyncDrive Pro2 wie viele andere Antriebe jedoch gerade in schweren Gängen nicht seine volle Leistung entfalten kann. Das führt dazu, dass dem Stormguard E+1 an wirklich steilen Stellen recht schnell die Puste ausgeht und die eigenen Oberschenkel gefordert sind.
Positiv überrascht waren wir vom Fahrwerk, insbesondere vom Hinterbau: Der abgestützte Eingelenker mit „nur“ 100 mm fühlt sich nach deutlich mehr Reserve an und schlägt sich in puncto Komfort besser als so manch anderer Hinterbau im Test mit mehr Federweg. Chapeau!
In der Praxis: Riese & Müller Superdelite GT rohloff
Als vielleicht bester Allrounder im Test findet das Riese & Müller Superdelite GT rohloff eine nahezu perfekte Balance zwischen Sportlichkeit und Touren- und Alltagstauglichkeit. Die Sitzposition ist eher aufrecht, insgesamt jedoch einen Touch sportlicher als beim Giant. Die Ergonomie ist ähnlich gelungen und auch das Superdelite ist ein „draufsitzen-und-wohlfühlen“-Bike.
Im Praxiseinsatz kann das Rad mit seinen durchweg hochwertigen aber sinnvoll zusammengestellten Komponenten vollauf überzeugen. Als Highlight sticht hier natürlich vor allem die Rohloff E14 Nabe heraus, die vor allem durch ihre riesige Bandbreite gefällt. Das Schaltverhalten ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, da der Motor beim Gangwechsel für einen kurzen Moment die Unterstützung deaktiviert. So soll verhindert werden, dass übermäßig große Lasten auf das Getriebe im Inneren der Nabe wirken. Was sich zunächst nach „Schluckauf“ anfühlt ist nach einigen Kilometern fast vergessen – gerade angesichts der sonstigen Vorzüge der Nabe.
Doch auch von der Rohloff abgesehen macht das kostspielige Bike eine Menge Freude. Die Qualitäten des CX Motors sind bestens bekannt und im Zusammenspiel mit dem tollen Nyon Display macht er das Superdelite GT zu einem sorglos-Tourer für quasi jedes Gelände. Überraschend war für uns, dass sich der vergleichsweise hohe Schwerpunkt durch den 500 Wh Akku im Oberrohr kaum bemerkbar macht, selbst im leichten Gelände. Der recht simple Eingelenker-Hinterbau hat jedoch eine durchaus eigenwillige Charakteristik und muss sich trotz – in unserer Ausstattungsvariante – durchaus großzügigen Federwegsreserven dem Giant in puncto Komfort geschlagen geben.
Fazit SUV E-Bikes 2023: Probefahrt ein Muss!
Unser Test hat gezeigt, wie vielfältig SUV E-Bikes 2023 sein können. Tourige E-Mountainbikes treffen auf geländegängige Alltagsräder. Gemein haben sie alle ihre enorme Vielseitigkeit, was zweifellos das Erfolgsrezept für diese Art des E-Bikes ist und auch bleiben wird. Die enormen Reichweiten unserer Testkandidaten werden durch ein teils sehr hohes Fahrradgewicht erkauft; das ist nicht für jeden Fahrer relevant, sollte jedoch vor der Kaufentscheidung auf alle Fälle bedacht werden. Ohnehin können wir jedem nur empfehlen, vor der durchaus beachtlichen Investition in ein modernes SUV E-Bike beim Händler vor Ort Probe zu sitzen und zu fahren. Gerade angesichts der teils großen Unterschiede innerhalb dieser Fahrradkategorie.