Test: Mit dem Fuji Auric 1.3 überraschte der US-Amerikanische Hersteller mit japanischen Wurzeln auf der vergangenen Eurobike Fachpresse und Fans gleichermaßen. Das 27,5″ Bike kommt mit 160mm Federweg an der Front und im Hinterbau. Fuji platziert sein neues Flaggschiff-MTB im Allmountain-Enduro-Segment und ist besonders stolz auf den angeblich besonders effizienten, neuen M-Link Hinterbau. Wir haben das Auric 1.3 ausführlich unter die Lupe genommen.
Wie bereits erwähnt siedelt Fuji sein neues Auric irgendwo im Bereich zwischen Enduro und Allmountain an – man stellt sich beim Traditionshersteller demnach bewusst gegen den Trend der Industrie, bei dem jedes Rad um 160mm Federweg zwangsläufig ein Enduro sein muss. Doch was auf dem Papier steht ist das eine – die Wahrheit liegt wie so oft auf dem Trail. Ist das Fuji Auric nun Enduro, Allmountain, Allmountain+, Trailbike…? Während unseres Tests musste sich das Bike jedenfalls auf unterschiedlichstem Geläuf beweisen. Zu Beginn jedoch wie gewohnt die technischen Daten.
Rahmen
Das Auric kommt in allen Ausstattungsvarianten mit einem Rahmen aus Aluminium in der Firmen-eigenen A6-SL Legierung, die nicht nur besonders leicht, sondern auch äußerst robust sein soll. Eine Carbon-Version des neuen MTBs ist zumindest für den Moment noch nicht geplant – bei dem einen oder anderen mag die Entscheidung contra Carbon und pro Aluminium für Naserümpfen sorgen, gerade bei den aufgerufenen UVPs des Auric, die sich bei den Topmodellen jenseits der 4.000€-Marke bewegen. Doch auch wenn sich das Kohlefasermaterial in den vergangen ein, zwei Jahren auch im Endurosektor mehr und mehr durchsetzt, sollte man nicht vergessen, dass auch ein Rahmen aus Aluminium leicht, robust und steif sein kann.
Das Fuji Auric ist ein guter Beleg dafür, dass Aluminium im Mountainbikesektor noch nicht zum alten Eisen gehört. Unser Testbike kommt in Größe L ohne Pedale auf ein Gewicht von 13,5kg, bei vergleichsweise schweren bzw. robusten Anbauteilen, zu denen wir später kommen werden und einer recht aufwändigen Hinterbaukonstruktion. Die Verarbeitung des Rahmens ist auf hohem Niveau – mit einer Ausnahme. Für die komplett intern verlaufenden Züge und Leitungen sitzen an den Austrittsöffnungen entfernbare Plastikkappen, um die Öffnung beim Verlegen der Leitungen vergrößern zu können und die Montage damit zu vereinfachen. Prinzipiell eine sehr gute Idee, doch leider löste sich während unseres Tests auf einer Seite die Plastikkappe immer wieder, was zu klappernden Leitungen führte.
Update 15.12.2015: Laut Fuji wurde das Problem mit den sich lösenden Stöpseln bei allen Serienrädern durch eine weichere Gummimischung behoben.
Doch genug gemeckert, zurück zum Positiven: Der schwarz eloxierte Rahmen mit neongrünen Decals und weißen Akzenten am Hinterbau macht einen edlen Eindruck und bringt alle modernen Features mit, die man sich in diesem Sektor inzwischen erwartet: Das Tapered-Steuerrohr gehört inzwischen zum guten Ton und auch der Boost 148 Hinterbau und das PF30 Tretlager finden sich inzwischen an vielen Bikes dieser Klasse. Doch mit einem ISCG05 Mount und einer Montagemöglichkeit für Umwerfer (unser Modell kam mit 1×11 Antrieb) erweitert Fuji das Einsatzgebiet des Auric deutlich. Auf der Unterseite des Unterrohrs erblicken wir außerdem Gewindeösen für die Montage eines Flaschenhalters – auch das ist heutzutage in dieser Federwegsklasse alles andere als selbstverständlich.
Kommen wir nun aber zur großen Besonderheit am Fuji Auric: Dem Mlink getauften Hinterbau. Ganz neu ist das Bauprinzip nicht, denn seit letzter Saison sind zwei Bikes im Portfolio des Herstellers Breezer (der zum Fuji-Mutterkonzern gehört) ebenfalls mit dem Mlink unterwegs. Doch was ist so besonders daran? Im Grunde genommen handelt es sich beim Mlink um eine Kombination aus dem klassischen Viergelenker mit Horstlink kurz vor der Hinterradachse und einem VPP Hinterbau (Virtual Pivot Point), der üblicherweise ein Gelenk kurz hinter dem Tretlager besitzt. Beim Fuji Mlink sitzt das entscheidende Lager nun in der Mitte der Kettenstrebe – das ist optisch auf den ersten Blick durchaus gewöhnungsbedürfitg. Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail gehen zu wollen – laut Fuji soll das neue Hinterbauprinzip nahezu wippfreien Uphill mit schluckfreudiger Bergab-Performance kombinieren und dabei die Last auf die Lager minimieren. Klingt fast zu gut um wahr zu sein – wir waren jedenfalls extrem gespannt auf die Praxiseindrücke.
Geometrie
Die Geometrie des Fuji Auric ist wirklich spannend – zugegeben, das behauptet beinahe jeder Radhersteller von beinahe jedem seiner Bikes, doch für das Auric trifft dies auch wirklich zu. Beim Blick auf die Daten zeigt sich nämlich, dass die Entwickler hier ihren eigenen Weg gegangen sind und sich auch nicht von momentanen Trends der Branche haben beeinflussen lassen. Das zeigt sich zum einen an dem mit 67° für ein 160mm-Bike ungewöhnlich steilen Lenkwinkel. Die Tendenz bei vielen anderen Herstellern geht hier eigentlich eher zu flacheren Winkeln und Enduros mit 65° Lenkwinkel sind wahrlich keine Besonderheit mehr. Kurz zur Erklärung: Ein flacher Lenkwinkel sorgt vereinfacht gesagt für ein gutmütigeres Handling im Downhill, kann aber an Steilstücken zu Problemen führen und macht das Rad durch den längeren Radstand auch schwerfälliger.
Auffällig ist weiterhin der recht lange Reach und das kurze Steuerrohr, was sicherlich für eine sportliche Sitzposition sorgen sollte. Die Kettenstreben sind mit 438mm für ein 27,5″ Bike verhältnismäßig lang (Vergleich: Canyon Spectral 425mm, Specialized Enduro 422mm) – das könnte auf Kosten der Agilität gehen, aber ebenso für ein recht spurtreues Fahrverhalten im Downhill sorgen. Fuji macht beim Auric jedenfalls vieles anders als die Konkurrenz und schlägt einen mutigen Weg ein.
Ausstattung
Bevor es nun auf den Trail geht und wir zu den Praxiseindrücken kommen, noch einige Worte zur Ausstattung des Fuji Auric. Das 4.499€ teure Auric 1.3 (oder one.3, wie das Modell auf dem Rahmen heißt) ist das zweitteuerste Modell der Reihe hinter dem Topmodell 1.1 und den günstigeren Varianten 1.5 und 1.7. Angesichts des aufgerufenen Preises erwarteten wir eine edle Ausstattung – diese bietet das Auric 1.3 allerdings nur teilweise.
Das Fahrwerk aus dem Hause Fox ist dem Preisschild jedoch angemessen. Die 36er Float Factory FIT4 Gabel in der Front gehört sicherlich mit zum Besten, was momentan überhaupt in diesem Federwegsbereich auf dem Markt erhältlich ist. Neben einer externen Zugstufenregelung lässt sich auch die Druckstufe auf der Oberseite der Gabelkrone per Drehrad in drei Positionen einstellen: Offen – Mittel – Fest. In der offenen Stellung erlaubt zudem ein zweiter Regler die Anpassung der Low-Speed-Druckstufe in 22 Stufen.
Passend zur Fox 36 an der Front steckt im Mlink Hinterbau der neue Fox Float Factory EVOL Inline-Dämpfer, der wie auch sein Pendant an der Front eine dreistufige Regulierung der Druckstufe erlaubt. Auf eine Lenkerremote verzichtet Fuji – die entsprechenden Einstellungen müssen also direkt am Dämpfer vorgenommen werden. Glücklicherweise ist der wichtige Hebel zur Druckstufeneinstellung ausreichend groß und auch während der Fahrt mit einem Griff schnell erreichbar.
Der Antrieb am Auric 1.3 kommt von SRAM: Mit der X1 verbaut Fuji die günstigste 11-fach Gruppe des US-Herstellers, die ihrem teureren Pendant X01 jedoch erfahrungsgemäß kaum nachsteht. Schaltwerk, Kassette, Kette und Schalthebel tragen also den Schriftzug von SRAM, bei der Kurbel setzt man jedoch auf ein Modell von Oval Concepts – ein Komponentenhersteller, der seit 2009 auch zum Fuji Mutterkonzern gehört. Das M610 getaufte Modell besteht aus Alu und macht einen soliden Eindruck.
Oval Concepts begegnet uns nochmals beim Cockpit: Sowohl bei Vorbau, Griffen und Lenker kommt die ‚Eigenmarke‘ zum Einsatz. Auch wenn es bezüglich Verarbeitung und Optik hier nichts zu meckern gibt und Ergonomie meistens eine äußerst individuelle Angelegenheit ist, hätten wir uns hier angesichts des Preises von knapp 4.500€ ein etwas edleres Setup gewünscht.
Stichwort edel: Toll finden wir, dass man sich bei Fuji in Puncto Sattelstütze gegen die so oft verbaute Reverb von Rock Shox und für eine Variostütze von Kind Shock entschieden hat. Die LEV Integra wird nämlich im Gegensatz zum Pendant von Rock Shox nicht hydraulisch, sondern klassisch per Zug angesteuert. Ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt bei Wartung und (De-)Montage.
Für die entsprechende Bremspower am Auric sorgen die neuen XT Bremsen von Shimano mit 180mm Scheiben vorn und hinten. Schwerere Fahrer sollten eventuell je nach Einsatzgebiet direkt überlegen, ob sie an der Front nicht lieber auf eine größere Scheibe umsteigen möchten. Die Laufräder kommen von DT Swiss – die etwas über 1700g schweren M1700 Laufräder sind tubeless-ready und die Naben besitzen den patentierten, langlebigen Zahnscheibenfreilauf. Leider sind die Felgen mit einer Innenweite von nur 22,5mm etwas schmal geraten – für die verbauten 2,3″ breiten Schwalbe Nobby Nic ist das zwar ausreichend, doch Liebhaber breiter Felgen bzw. Reifen werden mit dem DT Swiss Laufradsatz eventuell nicht ganz glücklich.
Auf dem Trail
Doch wie es so schön heißt – grau ist alle Theorie. Deshalb muss sich das Fuji Auric 1.3 natürlich auch in der Praxis beweisen. Neben lokalen Trails im südlichen Bayern muss das Fuji auch auf einen harten Prüfstand und begleitet uns in alpinem Gelände in Tirol. Beim ersten Proberollen und der Suche nach dem Grundsetup des Fahrwerks kann das Auric bereits einen Pluspunkt verzeichnen: Das Fahrwerk von Fox lässt sich herrlich einfach anpassen und einigermaßen geübte Fahrer finden ihr Setup in wenigen Minuten. Noch eben die Scheiben eingebremst und die Reifen auf den richtigen Druck gebracht und es kann losgehen.
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Der erste Härtetest wartet an einem durchschnittlich 12% steilen, mehrere Kilometer langen Anstieg auf grobem Geröll. So richtig Spaß macht das auf keinem Rad, doch das Fuji schlägt sich wirklich beachtlich. Mit seinen knapp 14kg (inklusive Pedale) ist das Bike zwar keine ausgesprochene Kletterziege, aber gerade an steilen, technisch anspruchsvollen Passagen macht sich der etwas steilere Lenkwinkel bemerkbar und es fällt uns überraschend leicht, das Vorderrad am Boden zu halten. Auch der Hinterbau weiß zu überzeugen: Auf mittlerer Druckstufeinstellung am Dämpfer ist noch minimales Wippen zu vernehmen, drehen wir den Regler jedoch auf die feste Position, ist auch davon überhaupt nichts mehr zu spüren. Das Zusammenspiel zwischen dem neuen Fox Dämpfer und dem Mlink Hinterbau überzeugt hier wahrlich auf ganzer Linie.
Nach dem langen Uphill und einigen Litern vergossenen Schweiß unsererseits geht es dann aber endlich ab auf den ersten Trail. Wir entscheiden uns sowohl bei Gabel als auch bei Dämpfer für die mittlere Einstellung und stürzen uns ins Vergnügen. Das Auric liegt sehr satt auf dem Trail und zeigt sich überaus gutmütig – wie zu erwarten sorgen die langen Kettenstreben für eine hohe Spurtreue, machen das Bike allerdings an engen und technisch kniffligen Stellen etwas sperrig im Handling. Die Sitzposition weiß zu gefallen: Der lange Reach und das kurze Steuerrohr positionieren den Fahrer mittig auf und in dem Rad. Das führt dazu, dass auch an Steilstufen kein Überschlagsgefühl aufkommt – der etwas steilere Lenkwinkel macht sich kaum negativ bemerkbar – das hatten wir so nicht erwartet.
An wirklich ruppigen Passagen öffnen wir das Fahrwerk komplett und kommen in den Genuss der hervorragend arbeitenden Fox 36 Gabel an der Front und einem enorm schluckfreudigen Hinterbau. Hier muss man den Entwicklern bei Fuji wirklich ein großes Lob aussprechen: Der Mlink Hinterbau überzeugte uns zu jedem Zeitpunkt, im Uphill wie auch im Downhill. Auch Bedenken bezüglich der Steifigkeit aufgrund des mitten in der Strebe platzierten Gelenks waren unbegründet. Die Ausstattung überzeugte uns ebenfalls: Der SRAM Antrieb funktionierte gewohnt zuverlässig und die KS Lev Variostütze ließ uns nie im Stich.
Zwei Punkte störten uns jedoch wiederholt: Bei längeren Abfahrten kam die 180mm Scheibe an der Front selbst bei unserem leichten Testfahrer (~75kg) recht schnell an ihre Grenzen. Hier wäre das 203mm Modell sicherlich die bessere Wahl gewesen. Außerdem hatten wir wiederholt Kettenabwürfe von dem Praxis Works Kettenblatt und haben deshalb eine kleine Kettenführung montiert. Geschmackssache sind die Reifen: Der Nobby Nic ist ein guter Allrounder, jedoch weder Gripwunder noch Leichtroller. Manche Fahrer könnten hier mit einer Kombination aus leicht rollendem Pneu hinten (z.B. Schwalbe Rock Razor) und gripstarkem Pendant vorn (z.B. Schwalbe Hans Dampf) besser bedient sein. Doch auch die beiden Nobby Nics machen sowohl auf nassem Laub als auch auf staubigem Geröll eine gute Figur.
Fazit
Selten ist es uns so schwer gefallen, ein Rad irgendwie in zwei, drei Sätze zu fassen, wie beim Fuji Auric. Der US-Hersteller beweist mit seinem neuen MTB viel Mut und geht eigene Wege – sowohl bei Geometrie, bei der Ausstattung als auch beim Hinterbau. Das Gesamtkonzept Auric geht jedoch auf und das Rad konnte uns in unterschiedlichstem Terrain überzeugen, auch wenn wir natürlich auch hier das berüchtigte Haar in der Suppe finden. Insbesondere die zu kleine Bremsscheibe vorn ist ärgerlich – jedoch auch recht schnell und einfach zu beheben, ebenso wie trailaffine Fahrer sich eine kleine Kettenführung zulegen sollten, um Abwürfen vorzubeugen.
Um nochmals zur Frage vom Anfang zurückzukommen: Ist das Auric nun ein Enduro? Oder ein Allmountain? Nun, so richtig lässt sich das Bike in keine der beiden Schubladen stecken. Mit 160mm bietet es Reserven für heftige Ausritte und auch den einen oder anderen gemäßigten Besuch im Bikepark. Der etwas steilere Lenkwinkel und die leichten Laufräder positionieren es jedoch eher im Bereich eines klassischen Allmountains. Schublade hin, Schublade her – das Auric ist ein tolles Allroundbike: Weder Kletterziege noch Downhillbomber, aber eben ein Bike für alles was dazwischen liegt.