Markt: Chinesische Geschäftsmodelle wie Mobike sind auf dem Sprung nach Europa: Mit riesigen Mietrad-Flotten wollen diese Start-Ups Geld machen, doch dabei hinterlassen sie Schrottberge – und sind dabei wohl nur auf Nutzerdaten aus. Aus Protest gegen eine Umweltauszeichnung von Mobike durch die UN verlässt die Zweirad-Einkaufsgenossenschaft ZEG die UN-Innitiative Global Compact (UNGC).
Die Kölner Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG (ZEG) verlässt den Global Compact, eine UN-Initiative, die unter anderem gute Arbeitsbedingungen und Umweltschutz fördern will. Der Schritt erfolgt aus Protest gegen die Entscheidung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), den chinesischen Mietrad-Anbieter Mobike zum „Champion of The Earth 2017“ zu küren, die höchste Auszeichnung der Organisation.
Protest gegen Mieträder? Das klingt erst einmal wenig plausibel – sind Leihräder nicht mit sanfter Mobilität, Umweltschutz und Verkehrsentlastung gleichzusetzen? Was beispielsweise die in Deutschland verbreiteten „Call a Bike“-Räder der Deutschen Bahn angeht, die in Reih und Glied an ihren Stationen auf Nutzer warten, stimmt das gewiss. Doch Mobike und ähnlichen Anbietern, die von Risikokapitalgebern mit gigantischen Summen ausgestattet werden, scheint es um etwa anderes als um Mobilität zu gehen – nämlich um Nutzerdaten.
Was die Bikeshare-Startups tun, um diesen Schatz zu heben, lässt sich bereits in chinesischen Metropolen beobachten. Dort wurden Hunderttausende von bunten, billigen Leihrädern abgestellt, die nicht an feste Verleihstationen gebunden sind, sondern per App aufgespürt und entsperrt werden. Die Mietkosten sind so gering angesetzt, dass sich Fachleute fragen, ob damit wirklich ein Geschäft zu machen ist, und auch Wartung und Entsorgung dürften einiges kosten – doch letztere unterbleibt vielfach, sodass sich im Stadtbild Berge defekter Mieträder türmen. Denn zum einen gibt es einfach zu viele davon, zum anderen lädt die Tatsache, dass man das Bike einfach irgendwo abstellen kann, nicht gerade zu sorgsamem Umgang damit ein.
„Es werden Massen an Billigrädern in den Markt geschoben, die nicht gebraucht werden.“
Georg Honkomp, Vorstand der ZEG
„Das System kollabiert. Es werden Massen an Billigrädern in den Markt geschoben, die nicht gebraucht werden. Da ergeben sich Berge an Aluminiummüll. Dies können und wollen wir als Händler-Genossenschaft nicht unterstützen und mittragen“, begründet Georg Honkomp Vorstandsvorsitzender der ZEG, den Protest seines Unternehmens gegen die Auszeichnung durch die UNO. Mobike & Co. scheinen in etwa so sozialverträglich und ökologisch zu sein wie der umstrittene Mitfahrdienst Uber – und auch in Deutschland kann man sich schon davon überzeugen. In München standen quasi über Nacht 7.000 „oBike“-Räder herum, die man für einen Euro pro halbe Stunde mieten kann – und von denen viele im Gebüsch und sogar in der Isar landeten.
Noch mehr Schrotträder im Straßenbild? Nein danke. Dass der ZEG als Fahrradhersteller die billige Mietkonkurrenz gegen den Strich geht, ist verständlich, und auch der anspruchsvolle Nutzer darf kritisch sein: Bikes, die leicht zu haben sind und auf die niemand richtig Acht gibt, werden für den Stellenwert des Fahrrades sicher nicht hilfreich sein. Da hilft auch eine wohlmeinende Auszeichnung der UNO nichts.