Pivot hat mal wieder nach Winterberg eingeladen und uns schon vorab ein neues XC-Fully angekündigt. Wir waren gespannt und machten uns auf den Weg in die Höhenlagen des Sauerlands in Nordrhein-Westfalen. Die Temperaturen waren auch für dortige Verhältnisse Mitte Mai relativ kalt, doch mit dem neuen Mach 4 SL und ein paar Sonnenstrahlen auf dem Kahlen Asten wurde uns doch ganz etwas warm.
Pivot Mach 4 SL – Rahmen & Geometrie:
Wie alle anderen Hersteller mit XC-Bikes im Portofolio will auch Pivot eines der schnellsten XC-Bikes auf den Markt bringen und hat dafür einige Änderungen am bisherigen Mach 429 SL vorgenommen. Am prägnantesten ist die neue Dämpferposition. Beim neuen Modell bricht Pivot mit der gesamten Modellreihe und positioniert erstmals seit langem wieder den Dämpfer vertikal im Rahmen. Grund dafür waren einfach die Vorgaben im Vorhinein. In allen Rahmengrößen sollte problemlos eine Standard-Trinkflasche ihren Platz finden. Außerdem soll der Rahmen für das Fox Live Valve System kompatibel sein und es sollte eine geringe Überstandshöhe realisiert werden, damit auch kleine Rahmengrößen mit 29″ Laufrädern realisiert werden können. Zudem wird so auch Gewicht gespart, da der Rahmen kompakter und mit weniger Materialaufwand gezeichnet werden konnte. Pivot verabschiedet sich beim neuen Mach 4 SL auch vom geschwungenen Oberrohr und setzt jetzt auf ein gerade abfallendes.
Pivot Mach 4 SL (120 mm)
XS | S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 356 | 394 | 419 | 457 | 502 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 571 | 584 | 613 | 636 | 666 |
Steuerrohr (in mm) | 85 | 95 | 108 | 119 | 140 |
Kettenstrebe (in mm) | 431 | 431 | 431 | 431 | 431 |
Radstand (in mm) | 1093 | 1106 | 1136 | 1160 | 1193 |
Lenkwinkel (in °) | 73,5° (120 mm) | 73,5° (120 mm) | 73,5° (120 mm) | 73,5° (120 mm) | 73,5° (120 mm) |
Sitzwinkel (in °) | 67,5° (120 mm) | 67,5° (120 mm) | 67,5° (120 mm) | 67,5° (120 mm) | 67,5° (120 mm) |
Reach (in mm) | 405 | 415 | 440 | 460 | 485 |
Stack (in mm) | 580 | 590 | 602 | 612 | 631 |
Trotz vertikalem Dämpfer bleibt sich Pivot beim Hinterbaukonzept treu und setzt auf einen dw-link mit virtuellem Drehpunkt. XC-Fully typisch ist das Mach 4 SL mit 100 mm am Heck ausgestattet. An der Front ist der Rahmen ausgelegt für Federgabel mit 100 mm oder 120 mm Federweg. In Kombination mit 29″ Laufrädern für alle Rahmengrößen sollte dies eine gute Kombination für den XC-Einsatz sein.
Pivot Mach 4 SL – Die drei Farbvarianten im Überblick:
Beim Material setzt Pivot selbstverständlich auf Carbon, damit das Gewicht möglichst niedrig gehalten wird. Laut Pivot wiegt der Rahmen in Größe S in etwa 1930 g mit Fox Dämpfer. Für die weiteren Größen geht es dann in 25 g Schritten nach oben. Von L auf XL sind es 30 mehr.
Auch im Detail finden sich am neuen Pivot Mach 4 SL Rahmen noch einige Highlights. Die Hinterradaufnahme ist im Boost-Standard konzipiert. Das ermöglicht extrem kurze Kettenstreben (431 mm) und bietet auch noch ordentlich Platz für Breite Reifen. Pivot hat zu Testzwecken einen 2,5″ Minion DHF montiert, der ohne Probleme in den Hinterbau passte. Die Züge werden nicht nur weitestgehend im Rahmen versteckt sondern sind zudem durch das Cable Port System leicht zu warten und können einfach nachjustiert werden, damit kein Klappern im Rahmen entsteht.
In Zeiten, in denen XC-Tracks eher Bikeparks ähneln geht Pivot bei der Geometrie mit dem Trend, der sich seit einiger Zeit in diesem Segment beobachten lässt. Früher reichte noch eine gute Uphill-Performance, heute müssen auch XC-Bikes Reserven für technische Downhills bieten und trotzdem gut klettern können. Kurz zusammenfassen lässt sich der Trend folgendermaßen: Flacherer Lenkwinkel, langer Reach, steilerer Sitzwinkel und kurze Kettenstreben. Pivot geht hier in allen Punkten voll mit. Man muss etwas unterscheiden, da die Worldcup-Cup Varianten mit 100 mm Gabel ausgestattet sind und die restlichen Varianten mit 120 mm Gabel.
Bei 100 mm Federweg an der Front liegt der Lenkwinkel schon bei flachen 68,5° mit 120 mm wird es mit 67,5° nochmal flacher. So verhält sich es sich auch beim Sitzwinkel; hier liegen die Werte bei 74,5°(100 mm) bzw. bei 73,5°(120 mm). Der flache Lenkwinkel gibt dem Bike mehr Laufruhe und Sicherheit. Der steile Sitzwinkel sorgt für eine gute Position im Uphill und verbessert den Vortrieb. Der Reach wurde länger gestaltet, damit man kürzere Vorbauten für mehr Kontrolle fahren kann und dennoch sportlich-gestreckt auf dem Bike Platz nimmt. Zusätzlich gibt der längere Reach im Zusammenspiel mit dem flachen Lenkwinkel dem Pivot Mach 4 SL Laufruhe. Damit es nicht zu laufruhig wird, sind die Kettenstreben mit 431 mm sehr kurzgehalten, um das Bike auch um enge Kurven schnell zu bewegen. Zudem wurde das Sitzrohr kürzer gestaltet, was den Einsatz von Dropper-Posts vereinfacht.
Pivot Mach 4 SL – Ausstattung:
Pivot bietet für das Mach 4 SL eine Vielzahl von Konfigurationen an. Grundlegend wird es in vier Ausstattungsstufen unterschieden.
Worldcup, Team, Pro und Race nennen sich die verschiedenen Stufen, wobei die Worldcup-Varianten alle mit 100 mm Federgabel und starrer Sattelstütze kommen. Die restlichen Varianten kommen mit 120 mm Fox-Stepcastgabeln und Variostützen. Für alle Ausstattungsvarianten kann das Fox Live-Valve Upgrade genommen werden. Außerdem ist das Mach 4 SL auch als Frameset erhältlich. Hier auch mit Fox Live-Valve, was laut Pivot eines der ersten Framesets mit dem neuen Fox-System auf dem Markt ist. Die Preise reichen von 3.599 € für das Framset, 5.999 € für die Einstiegsvariante mit Shimano SLX/XT Ausstattung und Fox Performance Fahrwerk, bis zu 13.549 € für die Topversion mit XX1 AXS und Fox Factory Live Valve Fahrwerk. Gesalzener Preis, aber mehr geht wirklich nicht. In der leichtesten World Cup Ausführung kommt das Bike auf 9,4 kg in Größe S. Unser Testbike im Team Build mit XTR Ausstattung lag in Größe L bei 11,35 kg.
Zur Übersicht haben wir alle Ausstattungsvarianten hier für Euch:
Vor Ort in Winterberg haben wir ein Testbike aus dem Team-Build bereitgestellt bekommen. Das Bike war mit der neuen Shimano XTR 1×12 Gruppe ausgestattet. Ausnahme war nur die Race Face Nexl SL Kurbel, die aufgrund bekannter Lieferprobleme der XTR Kurbel montiert wurde. An der Front wurde eine Fox 34 Stepcast mit 120 mm montiert dazu passend ein Fox Factory Dämpfer, der den Hinterbau zähmt.
Highlight daran war das verbaute Fox Live Valve System. Während man bei herkömmlichen Fahrwerken das Verriegeln der Federelemente selbst übernehmen muss, übernimmt das beim Live Valve ein ausgeklügeltes System aus Elektronik, Sensoren und Algorithmus, die in Millisekunden die Fahrwerkseinstellungen ändern. An Front, Heck und Controller im Zentrum des Rahmens sind Sensoren untergebracht. Diese messen im 1 kHz (1000 Mal in der Sekunde) Bereich und geben Informationen an den Controller weiter. Dort befinden sich auch Beschleunigungssensoren, die erkennen ob man sich gerade im Uphill, Downhill oder in der Ebene befindet. Die Sensoren erkennen auch, ob man sich z.B. im Sprung befindet.
Aus all den Daten entscheidet der Algorithmus im Controller, ob das System offen oder geschlossen sein soll. Das geschieht über Stellmotoren innerhalb von 3 Millisekunden. Fox gibt an, dass bei einem XC-Race (1,5 h) ca. 700 Schaltungen vorgenommen werden, was von Menschenhand sehr schwierig zu realisieren ist. Das System kann noch nach Vorlieben in 5 Stufen verstellt werden. Hightech hat natürlich auch seinen Preis. So kostet das System hier ca. 2300 € Aufpreis zum herkömmlichen Fox Factory Fahrwerk.
https://www.velomotion.de/magazin/2018/06/test-pivot-switchblade-aluminium/
Edel geht es bei den Laufrädern weiter. Hier werden die leichten DT Swiss XRC 1200 Spline Carbonlaufräder verbaut. Passend für den Einsatz werden Maxxis Ardent Race Reifen in 2,25″ Breite tubeless montiert. Als Sattelstütze wurde passend zum Fahrwerk eine Fox Transfer Variostütze montiert. Das Cockpit kommt von der Pivot Eigenmarke, wobei ein Lenker in 740 mm Breite verbaut wurde. Mit Padloc Griffen, die ein verdrehen der Griffe verhindern. Als Sattel wurde ein WTB Team Volt verbaut.
Pivot Mach 4 SL – Auf dem Trail:
Nachdem das Bike am Vortrag schon in der Theorie vorgestellt wurde, war die Spannung auf die ersten Fahreindrücke natürlich groß. Doch bevor es auf die Trails ging, wurde das Mach 4 SL von der Pivot Crew noch perfekt für die Tester abgestimmt. Auf den ersten Blick wirkt das Pivot optisch gar nicht wie ein reinrassiges XC-Bike sondern erinnert eher an ein Trail-Bike.
Die Spannung war groß auf die neue XC-Waffe aus dem Hause Pivot im Zusammenspiel mit der Fox Live Valve Technologie. Schon auf den ersten Metern auf dem Hotelparkplatz konnte man ein paar Charakteristiken des Bikes erahnen. Die Sitzposition auf dem Bike war angenehm, aber trotzdem noch sportlich genug, um die nötige Power auf das Bike zu bringen. In den ersten Kurven konnte man auch schon die Geometrie des Pivot erahnen. Beim Einlenken wirkte das Bike zunächst etwas träge, aber einen kurzen Augenblick danach machten sich die kurzen Kettenstreben bemerkbar und das Bike drehte sich schnell in die Kurve. Auch einen ersten Eindruck vom Fox Live Valve konnte man erahnen. Auf Asphalt ist das Fahrwerk blockiert, beim schnellen Wechsel auf das Kopfsteinpflaster wechselte das Fahrwerk unmittelbar in den offenen Modus. Das machte schonmal Laune auf den ersten Test auf den Trails.
Vom Hotelparkplatz geht es in einen schnellen mit etwas Wurzeln durchsetzten Downhill. Dort konnte das Mach 4 SL gleich seine Stärken zeigen. Der lange Reach und der flache Lenkwinkel machten das Bike extrem laufruhig und das Fahrwerk bügelte die schnellen Wurzelpassagen ohne Probleme weg. In den Highspeed-Passagen habe ich mich selten sicherer gefühlt im Vergleich zu ähnlichen Bikes. Weiter ging es auf Holzbrücken mit engen Schikanen. Dort waren es die kurzen Kettenstreben, die das Bike einfach durch die Kurven zirkeln ließen. Durch das leichte Gesamtgewicht und die leichten DT-Swiss Laufräder konnte man mit dem Pivot sehr spritzig wieder aus den engen Kurven beschleunigen und man erreichte schnell wieder eine hohe Geschwindigkeit. Dies bestätigt sich auch im Uphill im langen Anstieg klettert das Bike leichtfüßig. Wird es etwas steiler, sollte man den Sattel allerdings nicht zu weit hinten montieren, da das Bike durch die kurzen Kettenstreben etwas zum Steigen am Vorderrad neigt. Fährt man allerdings eine XC-typische Position, dann sollte dies kein Problem sein.
Das Fox Live Valve konnte im Uphill insgesamt überzeugen und es reagierte schnell auf wechselnde Untergründe und Fahrsituationen. Das System kann im Ansprechverhalten in 5 Stufen justiert werden. Von einem sehr straffen Setup bis hin zu einem fast offenen Modus. In den straffen Modis war das Fahrwerk in unwegsameren Uphills manchmal etwas zu bockig. Hier hätte man sich gewünscht, dass der Dämpfer etwas in den Sag geht und somit dem Hinterrad mehr Traktion bietet. Dies konnte auch beim Antritten im Wiegetritt beobachtet werden. In den offeneren Varianten konnten man das Problem beseitigen. Hier muss sich wahrscheinlich jeder erstmal etwas länger mit dem System beschäftigen, damit man das richtige Setup für die eigenen Bedürfnisse findet.
Nach der Aufwärmrunde ging es auf den Kahlen Asten. Dort konnte man das Bike auf den flowigen aber auch technischen Trails ausgiebig testen. In schnellen Passagen bestätigte schon den Eindruck vom Anfang; das Bike liegt extrem laufruhig auf den Trails und steckt auch größere Schläge ordentlich weg, aber es kann auch verspielt. Sprünge, kleine Drifts und Ausflüge auf das Hinterrad sind für das Bike kein unbekanntes Terrain. In verblockten Passagen macht das Fahrwerk seine Arbeit hervorragend und die 120 mm Federgabel in Zusammenarbeit mit dem flachen Lenkwinkel sorgt für zusätzlich Sicherheit in technischen Passagen. Auch der Hinterbau arbeitet hier sehr gut und entlastet den Fahrer merklich.
Auch hier arbeitet das Fox Live Valve sehr gut. Nur bei schnellen Situationswechseln ist das Fahrwerk beim ersten Impact noch etwas straff. Allerdings bemerkt das System dies sehr schnell und man bekommt innerhalb kürzester Zeit die volle Performance bereitgestellt. Ingesamt muss man hier selbst entscheiden, ob man den happigen Aufpreis für das Fox Live Valve auf sich nimmt, denn der Pivot Hinterbau ist an sich schon sehr antriebsneutral. Die Technik ist faszinierend und funktioniert überragend gut. Das Upgrade ist es wohl eher etwas für Technik-Fans, die das maximale aus dem Bike herausholen wollen. Ein Remote vom Lenker tut es wohl für die Meisten, aber wer ganz vorne mitspielen will, der entscheidet sich für das Fox Live Valve System, zumal die Integration hier am Pivot auch perfekt umgesetzt wurde.