Test Conway GRV 10.0 Gravelbike: Die sportliche Marke des Großhändlers Hartje hat auch Dropbar-Bikes drauf. Im mittleren Preissegment angesiedelt, gefällt das GRV 10.0 mit guter Ausstattung und ausgewogenen Fahreigenschaften.
Die Geschichte des Fahrrad- und Teilegroßhandels Hermann Hartje KG reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, und Conway, eine der Eigenmarken des norddeutschen Unternehmens, ist auch schon fast 30 Jahre alt. Unter diesem Namen beliefert Hartje den Fachhandel mit eher sportlichem Material – im Non-E-Bereich vorzugsweise Mountainbikes, darunter ebenso edle Carbon-Fullys wie günstige ATBs mit Licht und Sportschutzblechen, außerdem E-MTBs und E-Trekkingbikes in unterschiedlichen Varianten. Dazu ist ein stetig wachsendes Programm von Gravelbikes gekommen: Bot Conway 2020 noch vier Modelle an, sind es heute schon acht, darunter drei Carbonräder und zwei Alu-Bikes mit Vollausstattung.
GRV 10.0 heißt die Nummer zwei im Programm, mit knapp 2.800 Euro 400 Euro preiswerter als das Topmodell GRV 12.0 und etwas schwerer. Mit Shimano-GRX-Mix und DT Swiss G1800 Spline ausgestattet, ist das 10.0 zwar eine Klasse einfacher gehalten als das 12.0, was sich aber in der Funktion kaum bemerkbar macht. Klar, die GRX-Topgruppe kommt mit hohlgeschmiedeter Kurbel und „Servo Wave“-Bremse, bei sich die Beläge schneller zur Bremsscheibe hin bewegen. Und der DT-1600-Radsatz des 12.0 erfreut mit dem markanten Surren eines Zahnscheibenfreilaufs statt dem Klicken der klassischen Sperrklinken. Doch ansonsten sind sich die beiden Modellvarianten so ähnlich, dass man getrost das günstigere Bike wählen kann.
Shimano GRX 600 mit vielen Vorzügen
Die Shimano GRX 600 hat nämlich auch einige Vorzüge: So weisen die Schaltgriffe eine glattere Oberfläche auf, die sich auf Dauer angenehmer anfühlt, wenn man ohne Handschuhe fährt, außerdem ist der Kurbelsatz mit 46/30 etwas kürzer übersetzt (GRX 810: 48/31). Mit 11-34er Elffach-Kassette weist das GRV 10.0 einen extrem großen Übersetzungsbereich auf, der gerade für steile Anstiege enorme Reserven bietet; verzichten muss man dabei gerade mal auf einen Schnellgang. Präzise, flotte Gangwechsel liefern alle Shimano-GRX-Gruppen, und gerade die Performance des vorderen Umwerfers gefällt: Beim Gravelbike muss man ja oft bei niedriger Tretfrequenz und Zug auf der Kette aufs kleine Blatt schalten, und damit hat der Shimano-Werfer kein Problem.
Carbonrahmen mit Neuerungen im Detail
Viel Neues gibt es am Conway-Carbonrahmen zu sehen. Lenk- und Sitzgeometrie haben sich im Vergleich zum 2021er Modell zwar nicht geändert – hier bleibt das Rad sehr ausgewogen –, doch zahlreiche Details wurden verbessert. So können jetzt Gepäckhalterungen an der Gabel montiert werden, außerdem wurden Gewindeeinsätze für Schutzbleche eingebaut. Statt einer simplen Klemmschelle gibt es nun eine integrierte Sattelklemme, die sich unter einem (etwas locker sitzenden) Gummideckel verbirgt. Beim 2022er Modell fällt das Sitzrohr laut Geometrietabelle kürzer aus, und die Sitzstreben führen nun nicht mehr an diesem vorbei und ins Oberrohr. Geblieben sind praktische Merkmale wie die abnehmbare „Fender bridge“ zur Schutzblechmontage hinten und der Deckel am Unterrohr unter den Bohrungen für den Flaschenhalter – sollte es mal eine Variante mit Shimano Di2 geben, können hier elektronische Bauteile untergebracht werden.
Montage-Optionen und leichter Laufradeinbau
Markante Rohrformen und eine durchdachte Zugverlegung zeichnen das Conway aus: Schaltzüge und hintere Bremsleitung werden in weiten Bögen ums Steuerrohr geführt – vom rechten Hebel nach links und umgekehrt. So kann nichts am Rahmen scheuern und die Lenkung wird nicht beeinträchtigt. Auffällig ist, dass Conway auf die Gewindebohrungen am Oberrohr verzichtet, das Merkmal der meisten Gravel-Rahmen. Viele werden jedoch eher zu einer kompakten Lenkertasche greifen als zur kleinen Box am Oberrohr.
Positiv fällt der Laufradaus- und vor allem -einbau auf: Beide Laufräder gleiten schnell und sicher in ihre Position, und auch die Steckachsen lassen sich leicht und ohne Hakeln durchschieben. Die mitgelieferten Hebelchen können abgezogen werden – das spart fast 40 Gramm Gewicht und sorgt für glattere Konturen. Der Umwerfersockel wird an den Rahmen geschraubt, da das Rad ja auch mit 1×11-Antrieb erhältlich ist. Sollte der Sockel bei einem Sturz abbrechen, ist nicht gleich der ganze Rahmen hin.
Solide Komplettierung und Tubeless-Option
Bei der Komplettierung widersteht Conway der Versuchung, auf Bauteile der Eigenmarke Contec zu setzen, und wählt stattdessen die namhaften Easton-Komponenten. Der leicht ausgestellte Lenker ist für die eher kleine Rahmenhöhe recht breit; an der Alu-Sattelstütze mit einfach bedienbarer Klemmung erleichtern Markierungen die Höhenverstellung. Eine gute Wahl ist der Schwalbe G-One Allround in 40 mm Breite, ein Reifen, der als Alleskönner ebenso auf Asphalt wie auf lockerem Untergrund eingesetzt werden kann. Im Zusammenspiel mit den optimal breiten DT-Swiss-Felgen ist die Umrüstung auf tubeless kinderleicht – weniger Gewicht und Rollwiderstand sind der Lohn, und in der Praxis macht sich zumindest letzteres bemerkbar. Je nach Körpergewicht kann man den Reifendruck auf 2 bis 2,5 bar absenken und rollt dann leichtfüßig dahin; auf hochsommerlich staubigen, ausgetrockneten Wegen hat aber auch der G-One hier und da Traktionsprobleme.
Was die Fahreigenschaften angeht, zeigt sich das Conway insgesamt sehr ausgewogen. Die Lenkung ist handlich, wozu der mit 72° für ein Gravelbike recht steile Lenkwinkel beiträgt; die Sitzhaltung ist kommod, könnte aber mit einem längeren Vorbau etwas sportlicher gestaltet werden. Der gefühlt steife Rahmen erlaubt zackige Beschleunigung; etwas mehr Komfort im Sitzbereich ließe sich durch den Einbau einer Carbon-Sattelstütze erreichen.
Klassenübliches Gewicht
Mit knapp 9,46 Kilo (vor der Tubeless-Umrüstung) bewegt sich das Conway 10.0 im klassenüblichen Rahmen; viel Spielraum gibt es bei vergleichbar ausgestatteten Rädern nicht. Um einen merklichen Einfluss aufs Fahrverhalten zu haben, muss das Gewicht ohnehin deutlich geringer sein – und dann bewegt man sich schon in ganz anderen Preisregionen. Für das, was es kann, ist das Conway GRV 10.0 also durchaus günstig zu nennen; die gute Verfügbarkeit durch das große Händlernetz der Hermann Hartje KG ist ein weiteres Plus. Und sollte man einmal den Wunsch verspüren, sein Conway-Gravelbike zu optimieren, finden sich im ziegelsteindicken Hartje-Fahrradteilekatalog jede Menge interessanter Komponenten, die der Händler leicht bestellen kann.
WEB: conway-bikes.de