Test: Ein schon immer umkämpftes Segment. Fast jeder Hersteller ob mit ohne Weltcup Team hat mittlerweile ein potentes Race-Fully als Flagship im Programm. Auch bei den Profis werden durch die immer technischer werdenden Strecken Fullies immer beliebter und die Anforderungen an die bikes haben sich dadurch ebenfalls verändert. Das BH Lynx Race Carbon gehört definitiv zu dieser neuen Generation. Warum? Das erfahrt ihr im Test.
BH Lynx Race Carbon: Der Rahmen
Beim Lynx Race ist ganz klar der Rahmen eines der herausragenden Bestandteile des Bikes. Der Rahmen kommt im schwarz-mattem Carbon Look mit kleinen orange-roten Details, was eine sehr stimmige und edle Optik ergibt. Der Rahmen wird so auch beim BH SR Suntour KMC Worldcup Team, von Fahrer wie Victor Koretzky oder Jordan Sarrou eingesetzt. Bei der Entwicklung des Bikes war das Team sehr stark eingebunden, um ein Bike für die verschiedenen XC-Strecken rund um die Welt zu kreieren.
Beim Rahmen wird vollkommen auf den Werkstoff Carbon gesetzt. Der Carbon Monocoque Rahmen wird komplettiert von Hinterbau und Wippe aus dem selbigen Werkstoff. Damit lässt sich der Rahmen in Größe M auf ca. 1850 Gramm drücken. Der Hinterbau entspricht dem modernen Booststandard mit148 mm an der Nabe. Somit kann die Steifigkeit an Rahmen und Läufrädern verbessert werden. Außerdem ist dadurch auch möglich im Hinterbau ein 27,5+ Laufrad im BH zu verbauen. Beim der Hinterbau-Kinematik wird auf die Split-Pivot-Technologie von BH gesetzt, bei sich der Drehpunkt am Hinterbau direkt auf einer Linie mit der Achse befindet. Dadurch ergibt sich ein sehr neutraler Hinterbau beim Treten und Bremsen. Das Federverhalten ist so konstruiert, sodass der Federweg anfangs der konstant genutzt wird, aber dann zum Ende progressiv wird.
BH Lynx Race Carbon: Geometrie
XC-Kurse werden immer technischer und verlangen den Racern immer mehr in der Abfahrt ab. Mit diesem Hintegrund entwickelte BH das Lynx als Racefully mit Trail- bzw. Downhill-Genen. Beim Blick auf das Geometrie Blatt könnte man auch meinen, dass man eher ein Trail-Bike statt einem Racefully vor sich hat, würden dort nicht die 100 mm Federweg auch aufgelistet werden. Am deutlichsten wird das mit dem Lenkwinken, der mit 68,5° für ein Racefully schon sehr flach ausfällt. Zusammen mit den kurzen Kettenstreben (425 mm) und der langen Reach (423 mm) sollten die Downhillperformance des Bikes noch weiter verbessern. Auffallend war wirklich auch der lange Reach, da ich mit meiner Größe von 185 mm überraschend gut mit dem Rad in Größe M zurechtkam, wobei natürlich Größe L die bessere Wahl gewesen wäre. Bei einem Race-Fully sollten natürlich auch die Uphill-Qualitäten vernachlässigt werden. Für den nötigen Vortrieb sorgt der eher steile Sitzwinkel von 73,5°.
BH Lynx Race
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 410 | 440 | 480 | 530 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 571 | 599 | 622 | 644 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 110 | 125 | 140 |
Kettenstrebe (in mm) | 425 | 425 | 425 | 425 |
Radstand (in mm) | 1096 | 1124 | 1149 | 1172 |
Lenkwinkel (in °) | 68,5 | 68,5 | 68,5 | 68,5 |
Sitzwinkel (in °) | 73,5 | 73,5 | 73,5 | 73,5 |
Reach (in mm) | 398 | 423 | 608 | 622 |
Stack (in mm) | 585 | 594 | 442 | 460 |
BH Lynx Race Carbon: Austattung
Rahmen | Lynx Race Carbon 29" |
Federgabel | Fox SC FIT4 Remote 100 |
Dämpfer | Fox Float Performance Remote |
Laufräder | BH Evo Carbon |
Reifen VR | Michelin Wild Race´R 2.10 |
Reifen HR | Michelin Wild Race´R 2.10 |
Schaltwerk | Shimano XT DI2 |
Schalthebel | Shimano XT DI2 |
Kurbel | Shimano MT700 |
Umwerfer | Shimano XT DI2 |
Bremse | Shimano XT |
Bremsscheiben | Shimano XT |
Sattelstütze | BH Evo Carbon |
Sattel | Prologo Scratch X8 |
Vorbau | BH Super Lite |
Lenker | BH Super Lite |
Das BH Lynx wird mit Alu-Rahmen und Carbon-Rahmen angeboten. Los geht es beim Lynx Race Alu für 1999 €. Das Top Alu-Modell liegt bei 2999 € mit solider XT/Fox Ausstattung. Carbon gibt es ab 3999 €, wobei hier die Spanne bis 8999 € für das Topmodell geht. Testen durften wir das Lynx in der Austattungsvariante „Carbon Fox DI2“ für 6499 €. Wie der Name schon verrät kommt das Bike mit einer elektronischen Schaltung aus dem Hause Shimano. In diesem Fall in der XT Ausführung mit einer 2×11 Übersetzung. Vorteil der DI2 ist der „Dual Shift“ Modus, der die Schaltvorgänge am Umwerfer komplett automatisiert. Dadurch lässt sich der Shifter für den Umwerfer einsparen und man bedient eine 2×11 Übersetzung mit nur einem Shifter. Ein weiterer Vorteil der DI2 ist, dass man beim Kettenblattwechsel vorne automatisch immer die nächstkleinere bzw. –größere Übersetzung angeboten bekommt. D.h. beim Runterschalten am vorderen Kettenblatt gleicht das Schaltwerk automatisch die aufkommende Übersetzunglücke durch das Hochschalten von ein paar Gängen aus.
Neben der Schaltung wird am BH auch eine solide Shimano XT-Bremse verbaut. Wie man auch schon im Namen erkennen kann, wird am Bike auf ein Fox Fahrwerk gesetzt. An der Front sorgt eine 100 mm Fox Stepcast Gabel verbaut, die sich vor allem durch ihr niedriges Gewicht bemerkbar macht. Für Komfort am Heck sorgt ein bewährter Fox Float Dämpfer mit Kashima Beschichtung. Ansonsten findet man einige BH gelabelte Carbon-Parts am Bike , wie Lenker oder Sattelstütze. Auch die Carbon-Laufräder kommen aus dem eigenen Haus und machen durch die hohen Flanken der Carbonfelgen optisch einiges her. Für den nötigen Grip sorgen mittlerweile eher selten gewordene Michelin Wild Race´R Pneus in der 2,1“ Ausführung. Trotz des leichten Rahmens bleibt die Waage beim Lynx Race bei 11,38 kg stehen. Das leichte Übergewicht kommt wohl wegen der DI2 und die ein paar etwas übergewichtigen Parts am Bike zustande. Hier gibt es also noch Tuning-Potential
BH Lynx Race Carbon: Auf dem Trail
Der Blick auf das Vorderrad ist fast ein wenig ungewohnt für ein Race-Fully, da sich aufgrund des flachen Lenkwinkels die Achse deutlich weiter liegt , als bei herkömmlichen Racefullies. Dem Vortrieb des Bikes tut das allerdings nichts zur Sache. Schon in der Ebene auf Asphalt merkt man, dass das Bike getreten werden will und gut vorwärts geht. Das Fahrwerk bleibt auch im offenen Modus sehr antriebsneutral. Sperrt man dann das Fahrwerk komplett kommt fast Rennrad-Feeling auf.
Für mich war es da erste mal mit einer DI2 im längeren Testeinsatz. Vor allem war ich gespannt auf die Dual-Shift Funktion. Für mich als 2×11 Fan eine interessante Alternative, da man sich mit der Dual-Shift Funktion den Shifter für den Umwerfer sparen kann. Und es funktioniert wirklich gut. Beim Hoch- und Runterschalten wird man mit einem akustischen Signal gewarnt, bevor der Umwerfer beim nächsten Hoch- bzw. Runterschalten automatisch das Kettenblatt wechselt. Auch bei nassen und schlammigen Bedingungen machte die DI2 auch keine Probleme.
Jetzt aber wirklich auf den Trail mit dem Bike. Wir haben versucht mit dem Bike möglichst viele verschiedene Qualitäten abzuverlangen. Zum Einen haben wir auf der Feierabendrunde die Spritzigkeit für den XC-Einsatz herauszufinden, zum Anderen auf der längeren Tour die Marathon-Qualitäten zu testen. Wie schon bei der Geometrie beschrieben hat BH Lynx ,eher ungewöhlich für ein Racefully, vermehrt in Richtung Downhill optimiert. Und dies zeigt sich auch auf dem Trail. Die kurzen Kettenstreben lassen das Bike wendig werden, wobei der lange Reach für Spurstabilität und eine eher sportliche Sitzposition sorgt. Im Downhill auf den Trails kommt das BH Lynx Race einem wirklich eher wie ein All-Mountain vor, ohne die Spritzigkeit zu verlieren. Ab und zu vergisst man, dass man nur 100 mm Federweg dabei hat, da auch das Fahrwerk seine Dienst tadellos verrichtet. Der Federweg wird gut genutzt wird zum Ende hin erst progressiv. Bei größeren Schlägen oder Steinen merkt man aber dann doch, dass man heute nicht das All-Mountain dabei hat. Die XT Bremsen machen auch wie gewohnt einen soliden Job und sind unaufällig, wie eine gute Bremse sein sollte. Die Michelin Reifen bieten ausreichend Grip. Würde allerdings auf lange Zeit eher breitere Reifen fahren.
Nur Downhill geht beim Racefully natürlich nicht. Doch auch hier schlägt sich das BH Lynx Race Carbon sehr gut. Der steile Sitzwinkel und der eher lange Reach erlauben eine sportliche und vortriebsorientierte Sitzposition, ohne unbequem und gestreckt zu wirken. Mit dem Fox CTD-Hebel lässt sich das Fahrwerk offen, im Trail-Modus und komplett gesperrt fahren. Der Hebel lässt sich gut erreichen und man kann sich schnell auf die aktuelle Untergrund Situation einstellen, um die maximale Performance herauszuholen. Das Bike klettert insgesamt am Berg sehr gut und muss sich trotz der Downhill-Geo nicht vor anderen Race-Fullies verstecken. Die Geo macht das Bike insgesamt zu einem sehr vielseiten Bike egal ob XC-Kurs oder lange Marathon-Strecke. Ich kann mir auch vorstellen, dass Biker, die sonst eher mit mehr Federweg unterwegs sind, ihren Spaß an diesem diesem Racefully finden. Auch für die gemütliche Tour eignet sich das bike bestens!