Radsport: Teil Zwei unseres WorldTour Teamchecks. Der heutige Kandidat Astana Pro Team machte auch 2015 leider nicht nur aus sportlicher Sicht Schlagzeilen – obwohl die Saison für Nibali, Aru, Landa und Co. sehr erfolgreich war.
Astana Pro Team – Überblick
Dass die Bekanntgabe der UCI, Astana für 2016 bereits im ersten Durchgang des Lizenzierungsprozesses die WorldTour-Lizenz zu geben überhaupt eine Meldung wert war und ein durchaus über die gesamte Radsportwelt hörbares Medienecho erzeugte, liegt an der zweifelhaften Geschichte des kasachischen Teams, die auch 2015 ein weiteres Kapitel dazubekam. Nachdem 2014 gleich drei Astana-Jungprofis des Dopings überführt wurden, stand über mehrere Monate der Lizenzentzug für das Team von Alexander Winokurow im Raum. Letzten Endes erhielt die Mannschaft rund um Nibali, Aru, Landa und Co. dann doch die begehrte Lizenz, die jedoch an strenge Vorgaben geknüpft war.
Worin diese Vorgaben genau bestanden – darüber hüllte man bei der UCI den Mantel des Schweigens. Mit der Mitgliedschaft im Mouvement Pour un Cyclisme Crédible (MPCC), einem losen Verbund dutzender Radsportteams gegen Doping mit strengeren Auflagen als von UCI und WADA selbst, schien die Lizenzvergabe jedoch nichts zu tun gehabt zu haben. Denn Winokurow fügte dem bereits stark angekratzten Ruf des Teams kurz vor dem Grand Départ weiteren Schaden hinzu, als er Lars Boom, der wegen erhöhter Kortisol-Werte laut MPCC Statuten hätte nicht bei der Tour starten dürfen, nicht aus der Mannschaft entfernte. Die Konsequenz: Astana flog hochkant aus dem Anti-Doping-Bündnis, zu dem knapp 70 andere Profiteams gehören.
Auch Nibalis kurzer Ausflug als ‚Mitfahrer‘ am Teamfahrzeug bei der Vuelta und der darauf folgenden Disqualifikation werfen nicht unbedingt das beste Licht auf Astana. Dass es für das Team trotz Nibalis schwacher Form bei der Tour dennoch sportlich sehr gut lief, gerät bei derartigem Hintergrundrauschen leider fast zur Nebensache. Der Giro war gezeichnet von Fabio Arus aufopferungsvollem Kampf, Mikel Landas plötzlichem Aufstieg zum maglia-rosa-Favoriten und teaminternen Querelen, die letzten Endes wohl zum Zerwürfnis mit Landa und dessen Abwanderung zu Sky für 2016 führten. Nachdem sich Aru also in der Heimat dem starken Contador geschlagen geben musste, holte sich der noch immer erst 25-jährige dann aber bei der Vuelta in Madrid seinen ersten Grand-Tour-Triumph.
2016 wird Aru wohl seine Premiere bei der Tour feiern. Nach seinem 2. Platz beim Giro und dem Sieg bei der Vuelta dieses Jahr, wird er sicherlich auch bei der Grand Boucle zum engeren Favoritenkreis zählen – sollte er von Formkrisen und Verletzungen verschont bleiben. Nibali kämpft um einen neuen Vertrag – sein derzeitiges Arbeitspapier endet zum Ende des Jahres. Die Leistungen des dann 32-jährigen und ehemaligen Tour-Siegers werden darüber entscheiden, ob er auch über die Saison hinaus das Astana-Trikot tragen wird.
Astana Pro Team – Transfers
Abgänge: Rein Taaramäe (Team Katusha), Mikel Landa (Team Sky), Borut Bozic (Cofidis), Alexandr Dyachenko (Karriereende)
Zugänge: Gatis Smukulis (Katusha), Eros Capecchi (Movistar), Oleg Zemlyakov
Astana Pro Team – Teamräder und Ausstattung
Teamrad: Wie in der vergangenen Saison wird das kasachische Team von Astana auch 2016 auf Rädern des US-Herstellers Specialized unterwegs sein. Auf der Straße kommt das Erfolgsmodell Specialized Tarmac zum Einsatz, das 2015 unter anderem Peter Sagan zum Weltmeistertitel, Contador zum maglia rosa und Fabio Aru zum Triumph in Madrid trug. Je nach Kurs und Fahrer werden wir sicherlich auch das neue Specialized Venge im Wettkampfeinsatz beobachten können, ebenso wie die Fahrer auf den Pflastersteinen von Roubaix wohl auch auf das gleichnamige Specialized Roubaix zurückgreifen werden. Im Kampf gegen die Uhr dürfte die Wahl hingegen auf das Specialized Shiv fallen.
Komponenten: Für die Komponenten ist bei Astana der italienische Traditionshersteller Campagnolo zuständig und bei den Laufrädern setzt man auf den verhältnismäßig kleinen Hersteller Corima aus Frankreich. Fast alle Fahrer waren in der Vorsaison mit Campas elektronischer EPS Super Record Gruppe unterwegs und daran wird sich wohl auch 2016 nichts ändern – die 2016er EPS v3-Gruppe bietet lediglich eine bessere Rahmenintegration – sonst bleibt alles beim Alten.
Scheibenbremsen: Während Astana bei Rädern bzw. Rahmen mit Specialized einen der Ausrüster besitzt, die im Bereich Scheibenbremsen bereits sehr weit fortgeschritten sind und mit dem Tarmac Disc und auch dem Roubaix Disc gleich zwei potentielle Rahmen zu bieten haben, sieht es bei den Bremsen selbst noch mau aus. Campagnolo hatte unlängst zwar die Einführung einer eigenen Scheibenbremse angekündigt, doch selbst wenn diese rechtzeitig zur Klassikersaison auf den Markt käme, hätten die Fahrer noch keinerlei Training und Erfahrung sammeln können. Immerhin: Corima hat bereits einen Disc-Laufradsatz für die Straße im Programm. Unsere Vermutung deshalb: Wir werden wohl die meisten Astana-Profis 2016 mit Felgenbremsen sehen.