Produktnews: Viele werden es bereits kennen, ebenso viele aber wahrscheinlich nicht – Zwift ist eines der Themen unter ambitionierten Radsportlern derzeit. Das Videospiel hievt das Rollentraining in die Neuzeit und die starke Community schafft Trainingsgruppen von Australien bis in die USA.
Herbst und Winter sind eine harte Zeit für passionierte Radsportler. Kurze Tage, niedrige Temperaturen, unerbittlicher Wind und nasse Straßen erhöhen nicht unbedingt die Motivation, sich auf’s Rad zu schwingen. Klar, es gibt immer den einen Kumpel in der Trainingsgruppe, der nicht müde wird zu betonen, es gebe kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Das mag zum Teil vielleicht stimmen, aber der peitschende Regen wird so trotzdem nicht zur Musik in den Radsportler-Ohren.
Wer also lieber in den warmen, und vor allem trockenen vier Wänden bleibt, auf sein regelmäßiges Kilometerpensum jedoch nicht verzichten möchte, kann auf einen der inzwischen unzähligen Rollentrainern zurückgreifen. Diese kommen in allerlei Formen, Größen, Preis- und Lautstärkeklassen. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: So richtig Spaß macht das Training auf der Rolle mit keinem davon. Okay, auch hier gibt es wieder die Ausnahmen von der Regel, aber für den überwiegenden Teil der Nutzer gibt es zweifellos spannendere Tätigkeiten.
Bis vor kurzem hatte da jeder Rollen-Fahrer sein eigenes Patentrezept, wie man sich beim Training etwas von der öden Kurbelei ablenken konnte. Viele schauen Serien, andere Lesen ein Buch und wieder andere beschäftigen sich etwas kreativer. Das Problem: Alle diese Tätigkeiten lassen die Zeit zwar zügiger vergehen, lenken aber auch von der eigentlichen Tätigkeit ab. Bestwerte erreicht man ohne den nötigen Fokus ganz gewiss nicht.
Zwift: Auf nach Watopia!
So oder so ähnlich ging es auch Jon Mayfield. Der US-Amerikaner arbeitete als Grafikdesigner für diverse Videospiele und verbrachte den großen Teil seiner Freizeit auf zwei Rädern. Für ihn war es also durchaus naheliegend, sein technisches Know-How und sein Hobby irgendwie zusammenzubringen. Bereits 2012 entwickelte er deshalb eine Art Videospiel, das mit seinem Leistungsmesser kommunizierte – damals noch für rein private Zwecke. Es sollte der Grundstein für die Erfolgsgeschichte Zwift werden. Bereits zwei Jahre später gründete er gemeinsam mit Eric Min das Start-up. Wir springen in die Gegenwart: Die Nutzerzahl von Zwift bewegt sich auf die 350.000 zu, die Leute kommen aus über 150 Ländern, Profis wie Steve Cummings halten es für die größte Fahrrad-Innovation seit dem Leistungsmesser und das Ende der Fahnenstange scheint noch lange nicht erreicht.
Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch nie von Zwift gehört hat: Man kann es sich vorstellen wie World of Warcraft – nur ohne Monster, dafür aber mit mehr Fahrrädern. Jeder Nutzer hat seinen eigenen, virtuellen Avatar, den er entweder über die fiktionale Pazifikinsel Watopia oder über echte Strecken in London und Richmond steuert. Wobei steuern vielleicht der falsche Ausdruck ist: Lenken muss der Nutzer selbstverständlich nicht – treten dafür umso mehr.
Um das Fahrerlebnis jedoch so realistisch wie möglich zu machen, sollte Zwift mit dem Rollentrainer kommunizieren können und umgekehrt. Nur so lässt die virtuelle Steigung die echten Oberschenkel brennen und die echten Watts werden auf virtuelle km/h umgemünzt. Am einfachsten geht das über einen sogenannten Smart-Trainer. Diese Lösung ist aber durchaus kostspielig und deshalb nicht für jeden attraktiv. Alternativ arbeitet Zwift auch mit klassischen Rollentrainern und einem entsprechenden Leistungs-/ bzw. Geschwindigkeitsmesser. Zu den technischen Voraussetzungen kommen wir im Detail jedoch noch.
Okay, so strampelt man also aus den eigenen, trockenen vier Wänden über virtuelle Hügel und Berge auf Watopia. Das klingt zwar schon recht interessant, doch seinen besonderen Reiz zieht Zwift eben daraus, dass es ein Multiplayer Spiel ist: Nicht jeder Nutzer fährt auf seiner eigenen Kopie von Watopia, sondern alle Nutzer rund um den Globus führen ihre Avatare über dieselbe Insel. So kann man sich beispielsweise noch nach Feierabend mit den Kumpels zur Trainingsrunde verabreden. Unabhängig vom Tageslicht, vom Wetter und von den jeweiligen Standorten der Nutzer. Öffentliche Events in der Zwift-Welt laden außerdem dazu ein, mit anderen Nutzern aus aller Herren Länder auf Trainingsfahrt zu gehen.
Riesige Community und eigene Events
Technik hin, Training her – ein Angebot wie Zwift lebt eben vor allem von seiner Community – und die boomt. Das zeigt sich einerseits natürlich an den Nutzerzahlen: Diese bewegen sich wie erwähnt im Bereich um 300.000 weltweit, bis Mitte 2019 möchte man die magische Millionenmarke in Angriff nehmen. Andererseits zeigt sich die Begeisterung für Zwift auch außerhalb von Watpoia. Die Facebook Gruppe Zwift Riders Germany hat über 2.300 Mitglieder und steht Neulingen und Zwift-Profis gleichermaßen offen. Egal, ob es um News zur Plattform, um gemeinsame Ausfahrten oder technische Hilfestellungen geht.
Ebenso erfreut sich vor allem in Nordamerika – wo auch die meisten Zwift Nutzer zuhause sind – die Zwift Tour allergrößter Beliebtheit. Bei den Events treffen sich Zwift-Fans und Neulinge, um gemeinsam oder gegeneinander Challenges zu fahren. Das Publikum ist meist lautstark dabei und so ergibt sich eine einzigartige Atmosphäre. Seit letztem Jahr ist Zwift auch in Europa unterwegs – gemeinsam mit Partner Wahoo, der die entsprechenden Trainer bereitstellt. Im November waren wir in München zu Besuch bei der Zwift x Wahoo Challenge und konnten uns selbst ein Bild machen.
Auch immer mehr Profis entdecken Zwift für sich
Natürlich ist Zwift auch für die Profis aller Rennklassen interessant. Rollentraining gehört hier fest zum Trainingsplan – nicht nur im Winter. Und wer sagt, dass dort eben auch kein Spaß aufkommen darf? Insofern ist es nicht allzu verwunderlich, dass sich auch zahlreiche Profis immer wieder auf Watopia tummeln – zu den großen Namen gehören unter anderem Mark Cavendish, Tom Dumoulin und Michal Kwiatkowski.
Jüngst haben auch immer mehr Triathleten Zwift für sich entdeckt: Beispielsweise absolvierte IRONMAN Athlet Lionel Sanders den überwiegenden Teil seines Trainings für die Tortur auf Hawaii auf der Rolle und mit Zwift.
Natürlich ist auch den Jungs bei Zwift diese Entwicklung nicht verborgen geblieben. Aus diesem Trend heraus wurde auch die Zwift Academy geboren: In Kooperation mit zwei Profiteams bot man den Nutzern über sechs Wochen regelmäßige Trainingseinheiten, die von den Teamtrainern ausgearbeitet wurden. In diesem Jahr arbeitete man zusammen mit dem Team Dimension Data und Canyon//SRAM.
Technische Voraussetzungen: Was brauche ich für Zwift?
Wer jetzt Lust bekommen hat, Zwift einmal auszuprobieren braucht dafür das entsprechende technische Equipment. Dieses besteht aus vier Grundkomponenten:
- Ein Rollentrainer (Falls nicht integriert, zusätzlich: Leistungsmesser und/oder Geschwindigkeits/Kadenzsensor)
- Ein Fahrrad
- Ein Zwift Endgerät. Unterstützt werden derzeit PC und Mac, zudem iOS Geräte und der AppleTV. An einer Android Version wird derzeit gearbeitet.
- Ein Empfänger für das ANT+ / Bluetooth Signal des Rollentrainers
https://www.youtube.com/watch?v=XNTXAkky4qE
Unterstütze Hardware und Details zu Kompatibilität und Einrichtung gibt es auf der Webseite von Zwift. Das beste Zwift-Erlebnis hat man zweifelsohne in Kombination mit einem Smart-Trainer und einem möglichst großen Bildschirm zur Darstellung. Einen recht günstigen Einstieg bietet der neue Wahoo KICKR Snap zu einem Preis von ca. 550€.
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Monatlich kündbares Abomodell
Letzter Punkt: Zwift wird konstant weiterentwickelt. Mit der steigenden Anzahl von Nutzern braucht es auch immer größere Server, damit Watopia nicht im WWW untergeht. Insofern ist es nicht überraschend und auch nachvollziehbar, dass dieser Dienst nicht kostenlos ist.
Derzeit kostet Zwift knapp 15€ Mitgliedsbeitrag pro Monat. Das ist zwar kein Vermögen, aber auch keine Peanuts. Sehr gut hingegen, dass die Mitgliedschaft monatlich gekündigt werden kann und man sich nicht auf Jahre bindet. So kann man sich beispielsweise zwei, drei Monate Zwift durch den harten Winter leisten und in der Folge pausieren – wenn man das dann noch will und nicht vom Zwift-Virus infiziert wurde.
Wer Zwift einfach mal ausprobieren möchte, der kann dies mit einem kostenlosen 7-Tage Probeabo tun.