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Urban Arrow Family Lastenrad im Test: Flexibilität und Fahrspaß

2. April 2019 by Christian Ettl

Test: Velomotion hat das Urban Arrow Family Lastenrad getestet. Das niederländische Familienfahrzeug vereint eine üppige Ladekapazität mit starker Motorisierung und wird damit zum idealen (Zweit-) Autoersatz. Velomotion war mit dem Cargobike im Stadtverkehr unterwegs.

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Eine Stadt ohne Autos? Wer das für denkbar und erstrebenswert hält, braucht nur zu Fuß zu gehen, mit Bus und Bahn zu fahren oder aufs Rad zu steigen. Viele Menschen tun genau das und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Verkehrsentlastung, doch freilich stößt man mit den erwähnten Fortbewegungsmitteln immer wieder an Grenzen. Mal ist der ÖPNV zu unflexibel oder steuert nicht die gewünschten Ziele an, mal ist die Ladekapazität des Fahrrades zu gering – also doch zum Autoschlüssel greifen?



Eine mögliche Alternative heißt Cargobike. Lastenräder sind an sich nichts Neues, solche mit Unterstützungsmotor dagegen schon. Und Bosch & Co. haben das Marktsegment ordentlich in Schwung gebracht: Mit elektrischem Rückenwind wird die Personen- und Güterbeförderung plötzlich vom beschwerlichen zum vergnüglichen Unterfangen; Großeinkauf wie Kleinfamilie lassen sich mit geringem Kraftaufwand durch die Stadt steuern – und das unter Ausnutzung sämtlicher Schleichwege, die nur dem Radverkehr offen stehen. Fehlt also nur noch das passende Fahrzeug, und da ist die Auswahl inzwischen groß: Bereits für rund 2.000 Euro sind einfache Modelle mit Nabenmotor erhältlich; wer in Sachen Verarbeitung und Motorisierung höhere Ansprüche stellt, muss an die 5.000 Euro investieren. Dafür bekommt man etwa das niederländische Urban Arrow Family – und das ist einen genaueren Blick wert.



Eine aufrechte Sitzhaltung und tiefer Durchstieg, ein großes Laufrad hinten und ein kleines vorne – so sieht das typische Lastenrad aus. Die Transportbox befindet sich vor dem Fahrer; unter ihr verbirgt sich das Gestänge, das Lenker und Vorderrad verbindet. Typisch für diese Auslegung ist das erst einmal ungewohnte Fahrverhalten: Die Lenkung ist sehr direkt, dabei muss man jedoch genau den richtigen Zeitpunkt erwischen, um in engen Kurven die angepeilte Fahrlinie einzuhalten. Mit einiger Übung lässt sich das Urban Arrow dann schwungvoll durch den Alltag steuern, gerade, wenn es beladen ist – der niedrige Schwerpunkt sorgt für eine optimale Straßenlage.

Das Gestänge verbindet Lenker und Vorderrad
Es verläuft unter der „Ladefläche“
Es sorgt für eine recht direktes Lenkverhalten.

 



Bild vom Urban Arrow in schneller Fahrt
Hat man sich an das Fahrverhalten gewöhnt, lässt sich das Urban Arrow sehr flott bewegen

Apropos Beladung: Bei einer zulässigen Gesamtmasse von 275 Kilo ist klar, dass jedenfalls nicht das Gewicht die Grenzen der Transportkapazität setzt. Bei einem Fahrzeuggewicht von knapp 50 Kilo und einem durchschnittlich schweren Fahrer lassen sich rund 150 Kilo Last befördern – die muss man erst mal zusammenkriegen! Die wie eine kleine Badewanne geformte Box verjüngt sich nach unten hin deutlich: Das Innenmaß oben beträgt 94 x 55 (hinten) x 38 (vorne) cm, das Innenmaß unten 70 x 40 x 38 cm; hinten ist die Box 53 cm tief, vorne 47 cm. Das gelochte Bodenblech ist so groß, dass ein durchschnittlicher Umzugskarton locker draufpasst, ebenso zwei Getränkekisten oder eine Einkaufs-Faltbox plus Sechser-Weinkarton – alles mit ausgebauter Sitzbank, die mit vier Schrauben befestigt ist. Die Bank ist rund 40 cm breit und mit zwei Dreipunktgurten ausgestattet; zwei Kleinkinder sitzen relativ eng und längst nicht so komfortabel wie im Trailer, doch auf kurzen Strecken geht’s. Dazu kann eine zweite Sitzbank am vorderen Ende des „Abteils“ montiert werden. Die aus expandiertem Polypropylen gefertigte Lastenbox ist ausgesprochen robust und lässt sich leicht reinigen; die Sorge, sie beim Beladen oder Transport zu beschädigen, scheint unbegründet. Gerundete Kanten und der Verzicht auf vorstehende Teile stellen sicher, dass sich kleine Passagiere nirgendwo wehtun können.

Ordentlich Platz bietet der „Laderaum“
Bild von der Sitzbank im Urban arrow auf der man die Kinder Chauffieren kann
Mit dem weichen EPP Material optimal um die Kinder zu chauffieren
Bild vom Gurt in der EPP-Box des Urban Arrow
Dank den Gurten sind die Kids bestens geschützt


Das sich 275 Kilo kaum mit Muskelkraft allein bewegen lassen, dürfte klar sein, den Zusatzschub des Bosch-Aggregats nimmt man also dankbar an. Drei Motorvarianten stehen zur Wahl, die an unterschiedliche Ausstattungspakete geknüpft sind: Das Grundmodelle mit Bosch Active ist nur mit Rollenbremsen erhältlich; das Topmodell mit Performance CX wird mit Scheibenbremsen ausgeliefert und kann optional mit Riemenantrieb bestellt werden. Geschaltet wird in allen Fällen mit Enviolo bzw. NuVinci N380. Das von Velomotion gefahrene Topmodell ist erwartungsgemäß gut motorisiert und lässt sich schnell in Fahrt bringen; die Bremsanlage ist angemessen, dürfte aber nicht schwächer sein – wie man ein vollbeladenes Urban Arrow bergab mit Rollenbremsen zum Stehen bringen soll, ist schwer vorstellbar. Der stufenlosen Getriebenabe wird ein mäßiger Wirkungsgrad nachgesagt, was sich am Elektrorad freilich nicht bestätigen lässt – die Motorisierung gleicht eventuelle Leistungsverluste locker aus.

Bosch CX Motor
Großer Akku
Bild von den Bremsen
Starke Scheibenbremsen
Bild der Enviolo
Die Enviolo Getriebenabe
Bild vom Riementrieb
Laufruhiger Riemenantrieb


Obwohl der Hersteller auf eine Federung verzichtet, fährt sich das Cargobike keineswegs unkomfortabel. Allerdings fällt bei Schlaglöchern oder Bodenwellen auf, dass das Rad leicht zu schwingen anfängt. Das ist nicht problematisch, aber dennoch ungewohnt. Ein Grund dafür könnte in dem verwindungsfreudigen Vorbau liegen, der es dem Fahrer erschwert, dämpfend einzuwirken. Wie üblich ist das Lastenrad in nur einer Rahmengröße erhältlich; ein flacher Sitzwinkel und der große Stützenauszug erleichtern die Anpassung. Beim Parken fällt der breit bauende Ständer auf, der ein Umkippen unmöglich macht und beim Beladen für sicheren Stand sorgt. Praktisch: Er wird erst eingeklappt, nachdem man im Sattel sitzt. Ein großes Plus des Urban Arrow liegt außerdem im Zubehör: So kann man ein Regendach montieren, dass Ladung bzw. Passagiere schützt und auch den Fahrer von der Brust abwärts trocken hält; daneben gibt es unter anderem eine Regenhülle fürs Abstellen und Anbauteile wie einen Heckgepäckträger.

Bild vom tollen ständer
Der stabile Ständer erleichtert die Nutzung

Preise:

Bosch Active Line 400 Wh, Kette, Rollenbremsen: 4.390 Euro



Bosch Performance Line, Kette Scheibenbremsen: 4.690 Euro

Bosch Performance CX, Riemenantrieb, Scheibenbremsen: 5.490 Euro (so getestet)

Web:

www.urbanarrow.com



Fazit: Urban Arrow Family Lastenrad

Pro

  • Hoher Nutzwert
  • Fahrspaß
  • Alternative zum Auto
  • Durchdachte und hochwertige Ausstattung

Contra

  • kein Leichtgewicht
  • braucht Platz

Fakten

RahmenmaterialAluminium
BremseFelgenbremse
AntriebstypMittelmotor
Gewichtca. 43 kg
Preis5490 Euro
Web www.urbanarrow.com/de
Das Urban Arrow Family Lastenrad im Velomotion Fahrradmarkt
Knapp fünfeinhalb Tausend Euro kostet das Rad in der getesteten Ausführung, zu der auch ein 500-Wh-Akku gehört. Wer das Urban Arrow mit dem ebenfalls kräftigen Bosch-Performance-Motor und Kettenantrieb ordert, spart 800 Euro, allerdings ist diese Version nur mit 400er Akku verfügbar. Will man in der Stadt aufs Auto verzichten, wird man sich von solchen Summen freilich nicht schrecken lassen – zumal man mit dem Urban Arrow nicht wirklich Verzicht üben muss, sondern an Flexibilität und Fahrspaß gewinnt.
Stichworte:#VMcargoLastenrad;AutoersatzNew MobilityNewsUrban ArrowUrbanArrow

Über Christian Ettl

Christian Ettl ist Zweiradmechanikermeister und Mediengestalter. Er war Chefredakteur der Fahrrad News. Sein Herz schlägt für komplexe technische Sachverhalte rund um das Thema Fahrrad. Am liebsten fährt er Tagestouren auf dem Gravel-Grinder oder genießt gute Abfahrten, gerne auch im Bikepark.

Über Caspar Gebel

Caspar Gebel sitzt seit 40 Jahren auf dem Rennrad. Der Fachjournalist und Sachbuchautor arbeitet für Velomotion und auch für die Zeitschriften Procycling und Fahrrad News.

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