Test: Ein GPS-Computer, der zu viel kann und den Nutzer mit übergroßer Komplexität verwirrt, kann ganz schön nerven – doch bislang war die auch nicht tolle Alternative nur ein Gerät mit absoluten Basisfunktionen. Mit dem Wahoo Elemnt Bolt ist nun ein Radcomputer erhältlich, der übersichtliche Bedienbarkeit mit der Option verbindet, Unwichtiges und nicht Genutztes einfach auszublenden.
Beim Thema Radcomputer können sich Minimalismus und das Festhalten an Bewährtem aufs Unvorteilhafteste vereinen. Das sieht dann etwa so aus: Ein bekennender Navigations-Muffel, der im Grunde nur exakte Fahrdaten sehen, aufzeichnen und speichern will, fährt jahrelang mit einem GPS-Computer herum, der für seine Zwecke sichtbar überdimensioniert ist, aber in Ermangelung einer besseren Lösung nun mal am Rad bleiben muss. Schließlich hat man sich an die Bedienung gewöhnt und gelernt, die Nachteile in Kauf zu nehmen – warum also nach etwas Passenderem Ausschau halten, zumal das vorhandene Gerät teuer genug war?
Mit dem Wahoo Elemnt Bolt ist nun jedoch ein GPS-Computer verfügbar, der verlockend gut ausbalanciert ist: Sein Funktionsumfang ist groß genug, um auch für sehr anspruchsvolle Nutzer attraktiv zu sein, dabei ist das Gerät jedoch so einfach zu bedienen und so gut individualisierbar, dass besagter Minimalist nur das zu sehen bekommt, was ihn interessiert. Außerdem ist er mit 239,99 Euro nicht übermäßig teuer.
„Unboxing“ ist heute der erste Schritt jeder Produktvorstellung, und im Falle des Wahoo ist darunter das Aufklappen einer ziemlich massiven Box zu verstehen, unter deren Umschlag sich ein Fenster verbirgt, durch das man das Gerät bewundern kann. Hebt man dieses mit seiner Schale heraus, seht man darunter das übliche Zubehör-Wirrwar, hier bestehend aus Lenkerhaltungen, Kabelbindern,einem Geschwindigkeitssensor, einem Pulsgurt (wobei die letzten zwei zusammen ganze 90 Euro Aufpreis kosten) sowie eine klitzekleinen Schraube – dazu später mehr. Die aufgedruckten Grafiken geben Auskunft über die Hauptfunktionen des Computers, und ein farbiges Symbol deutet darauf hin, dass man den Wahoo nicht einfach so ans Rad klicken und losfahren kann: Erst einmal steht die Konfiguration per Smartphone-App an.
„Muss das denn sein?“, seufzt der Minimalist, der eine zeitraubende und komplizierte Prozedur erwartet. Ja, es muss, aber es tut gar nicht weh. Die App ist schnell geladen, und nach zwei vergeblichen Versuchen erscheint auf dem Bildschirm des angeschalteten Wahoo der in der Kurzanleitung angekündigte QR-Code. Der wird jetzt mit der Handy-Kamera eingescannt, und schon sind Telefon und Radcomputer miteinander gekoppelt. Nächster Schritt ist das Anlegen eines Nutzerprofils, was heutzutage wohl nur für den allergrößten Technikmuffel ein Problem ist, sowie die Verknüpfung mit einer Plattform, auf der die aufgezeichneten Daten gespeichert werden sollen – heute bei den meisten Radsportlern Strava. Ach so, eins fehlt noch: die Konfigurierung der Anzeige des Elemnt.
Im Werkszustand zeigt das Display neun Datenfelder an, die angesichts des kleinen Displays jeweils ziemlich mini ausfallen. Ob man die knapp 5 mm hohen Ziffern auch mit in der Abfahrt tränenden Augen und Regentropfen auf dem Display ablesen kann? Mit der rechten Taste oben kann man auf die zweite Datenseite schalten, die Trittfrequenz, Leistung und Rechts/links-Balance anzeigt – falls man die entsprechenden Geräte koppelt. Die dritte Seite zeigt die Karte an, und wer will, kann eine vierte Seite aktivieren, auf der diverse Höhenfunktionen zu sehen sind (VAM, Anstieg, Abstieg usw.). Das Set-up geschieht per Smartphone, auf dessen Bildschirm man die Reihenfolge der angezeigten Daten festlegen kann – also beispielsweise Geschwindigkeit ganz oben, dann Klettermeter und Schnitt, Strecke und Uhrzeit usw. Sich hierüber Gedanken zu machen, lohnt sich, denn nun kommen die zwei Tasten recht am Gehäuse ins Spiel: Drückt man die vordere, reduziert sich schrittweise die Zahl der angezeigten Felder – auf sieben, vier, drei zwei und eine einzige, wobei die Ziffern immer größer und besser ablesbar werden. Und je nachdem, wie man die Felder angeordnet hat, zeigt die Vierer-Ansicht beispielsweise Tempo, Klettermeter, Schnitt und Strecke – genau die Daten, die der eingangs erwähnte Minimalist permanent vor Augen haben will.
Alleine das ist eine Eigenschaft, die den Elemnt Bolt ausgesprochen interessant macht, ist doch auf vielen Geräten gerade die permanente Informationsfülle in Problem in Hinblick auf schnelle Ablesbarkeit. Hier kann man nach Belieben zwischen unterschiedlichen Datenanzeigen hin und her schalten; dazu kommt der Vorzug eines sehr klaren Displays, das auch bei ungünstig einfallendem Licht gut erkennbar ist.
Die dritte bzw. vierte der gezeigten Seiten, die mit der Taste rechts oben durchgeschaltet werden können, ist die Karte, ohne die ein GPS-Gerät natürlich nicht auskommt. Die Karte kann in neun Schritten vergrößert bzw. verkleinert werden; sie zeigt ein immer detaillierter werdendes Straßennetz und Orts(teil)namen, sonst aber nichts – in der detailreichsten Ansicht übrigens auch keine Straßennamen. Da der Ausschnitt mangels Touchscreen nicht verschoben werden kann, ist der Nutzen der Karte für sich genommen begrenzt – aber dafür gibt es ja die App. Mit der lassen sich nämlich Routen erstellen, und Popup-Nachrichten auf dem Bildschirm des Elemnt leiten einen dann zum Ziel. Gerade angesichts der Tatsache, dass eine extrem detaillierte Karte heute auf jedem Smartphone zu finden ist, freut man sich über die Zurückhaltung, die Wahoo hier an den Tag legt.
Oberhalb des Bildschirms befindet sich eine Leiste aus sieben LEDs, die bei der Navigation behilflich sind und das Über- oder Unterschreiten von Durchschnittswerten anzeigen, etwa Geschwindigkeit und Herzfrequenz. Wer Strava Summit nutzt, kann sich außerdem unterwegs Segmente anzeigen lassen. Ansonsten blinken die LEDs etwa beim Wechsel der angezeigten Seite, beim Starten einer Fahrt sowie beim An- und Ausschalten.
Das Gerät selbst ist mit knapp 7,5 x 5 cm ziemlich klein und wiegt 60 Gramm; der Bildschirm – kein Touchscreen! – misst etwa 43 x 32 mm. Am Gehäuse befinden sich insgesamt sechs Tasten, was im Smartphone-Zeitalter ungewohnt ist – eine links vorne an der Seite zum Anschalten, drei auf der Oberseite und zwei rechts. Außerdem gibt es eine USB-Buchse mit blauem Gummideckel. Das Gehäuse wirkt ziemlich hoch, was aber daran liegt, dass es sehr glattflächig in den mitgelieferten Lenkerhalter integriert ist – hieraus leitet der Hersteller den Anspruch überlegener Aerodynamik ab, was am Testrad mit Kabeln, nach vorne gerichteten Vorbauschrauben usw. aber wohl keine Rolle spielt. In jedem Fall sehen Computer und Halter zusammen sehr schick und harmonisch aus.
Wahoo Elemnt Bolt: Gelungene Bedienung
Um den Elemnt Bolt einzuschalten, drückt man die Taste links gut zwei Sekunden, bis eine grüne Diode leuchtet. Auf dem Display sieht man erst einmal den Produktnamen, darunter einen kleinen Radfahrer und „Warming up“, was anzeigt, dass das Gerät hochfährt. Dann erscheint die Anzeigenseite mit den gewählten Datenfeldern. Bis der Elemnt Bolt GPS-Empfang hat, wird bei km/h „n/a“, angezeigt also „ no answer“ gleich „keine Angabe“. Je nach Standort dauert es nur einige Sekunden, dann springt die Anzeige auf Nullen um – jetzt kann man mit der mittleren Taste eine Fahrt starten. Unterwegs fällt erst einmal das auch bei ungünstigem Lichteinfall sehr gut ablesbare Display auf. Der mitgelieferte Halter platziert den Wahoo vor dem Lenker; in dieser Position sind freilich die zwei Tasten an der rechten Seite des Gehäuses etwas ungünstig zu erreichen. Ansonsten überzeugen die Bedienelemente mit guter Tastbarkeit und angenehmem Druckpunkt. Der Verzicht auf den Touchscreen ist gerade bei schlechtem Wetter eine gute Sache: Dass man Regentropfen vom Display wischen will und dabei die Ansicht ändert, kann einem hier nicht passieren.
Ansonsten tut der Wahoo Elemnt Bolt unterwegs all das, was sich der nicht-navigierende Nutzer wünscht: Er zeigt alle relevanten Daten an, baut nach engen Kehren den GPS-Empfang rasch wieder auf und zeigt auch in dichtem Wald relativ zuverlässige km/h-Werte an, wobei es allerdings ab und zu zu starken Schwankungen kommt. Beim Beenden einer Fahrt wird diese automatisch auf der gewählten Plattform gespeichert und kann sofort angesehen (und geteilt) werden – im Strava-Zeitalter unverzichtbar. Manchmal funktionierte der automatische Upload jedoch nicht; dann mussten Wahoo und Handy manuell gekoppelt werden. Vielleicht gibt es ein Zeitfenster, innerhalb dessen die beiden Geräte zueinander gefunden haben müssen. Ein paar interessante Extra-Funktionen gibt es auch noch: So kann man sich per Live-Tracking verfolgen lassen, damit man im Notfall gefunden werden kann.
Was die Geschwindigkeitsmessung angeht, verzichteten wir übrigens darauf, den im Bundle mitgelieferten Speed-Sensor zu nutzen. Dieser lässt sich einfach koppeln und ermöglicht eine vom GPS-Empfang unabhängige Geschwindigkeitsmessung, was wie schon angedeutet in Wald und bei Haarnadelkurven praktisch ist, weil dann die Datenanzeige nicht unterbrochen wird. Allerdings muss man, wenn man sich nicht auf eine automatische Abrollumfangsmessung verlassen will (die potenziell falsche Daten liefern kann), den Abrollumfang manuell eingeben, und das ist dann doch etwas umständlich, zumal die Geschwindigkeitsmessung per GPS alles in allem sehr verlässlich ist. Auf den Speed-Sensor kann man also verzichten, und da Wahoo alternativ zum Brustgurt ein modernes Armband zur Pulsmessung anbietet (79,99 Euro), eigentlich auch auf das gesamte Bundle.
Bleibt noch die Sache mit dem kleinen Schräubchen am Lenkerhalter: Dieses fixiert den Elemnt am Halter, sodass er zum einen nicht geklaut werden kann, zum anderen aber bei Rennmaschinen, für die die 6,8-Kilo-Regel der UCI gilt, mitgewogen werden darf. Dummerweise kann man das Gerät nicht laden, wenn es im Halter ist – doch das ist dann auch der einzige Punkt, der nicht ganz durchdacht erscheint. Allzu oft wird man den Elemnt Bolt freilich nicht nachladen müssen. Die angegebene Betriebsdauer von 17 Stunden scheint den ersten Erfahrungen nach realistisch; ist das Gerät eingeschaltet, kann man per App den Ladestand jederzeit kontrollieren.
Am Ende erweist sich der Wahoo Elemnt Bolt seinem Vorgänger in allen Punkten deutlich überlegen, und da die einfache Bedienung keine größere Umgewöhnung nötig macht, fällt der Wechsel anders als erwartet leicht.Nicht nur für Navigationsmuffel könnte das Gerät damit zum neuen Standard werden, an dem sich andere Anbieter messen müssen.