Produktnews: Das gibt’s nicht so oft – ein Unternehmen, das richtig coole Produkte macht und dabei Nachhaltigkeit und soziale Fairness auf seine Fahnen geschrieben hat – und dann auch noch bis ins Kleinste umsetzt. Wir haben bei Vaude nachgehakt: Wie kommt man dahin – und wie innovativ kann ein Unternehmen damit wirklich sein?
Den Bodensee und die Alpen vor der Haustüre und selbst begeistert vom Sport in der Natur – kein Wunder, dass man hier auf die Idee kommt, sich mit sich mit dem Sport draußen – den Begriff „Outdoor“ gab es 1974 noch gar nicht – und der zugehörigen Bekleidung und Ausstattung zu beschäftigen. Deshalb gründete Albrecht Dewitz 1974 das Unternehmen Vaude – die Anfangsbuchstaben seines Namens. 1980 baute der ehemalige Ein-Mann-Betrieb dann die Zentrale in Tettnang-Obereisenbach auf und legte richtig los: Nach der Pauschalurlaub-Ära in den Siebzigerjahren hatte man erkannt, dass die echten Abenteuer auch vor der Haustüre liegen könnten – in den Bergen und auf dem Sport- und Reiserad!
So gründete man 1992 bei Vaude auch eine Bike-Abteilung. Mit einem Produkt, das heute gar nicht mehr wegzudenken ist: Die Gepäcktasche. Natürlich ist sie in den 70ern keine neue Erfindung mehr, doch die hohe Qualität und innovative Details evolutionieren die Fernreise. Dank hochwertiger Materialien wie Cordura sind sie unendlich robust und mit dem ausgeklügelten Vaude-Hakensystem einfach am Träger einzuhängen. Was sie damals noch nicht sind: wasserdicht. Das ist nur sehr aufwendig und mit Kunststoffen zu erreichen. Doch die lassen sich schwerer nähen und vor allem sind die Einstichlöcher dabei regelrechte Regen- und Spritzwasserkanäle. Die Nähte müssten also aufwendig getaped werden, um Wasserdichtigkeit zu gewährleisten.
Good Vibrations!
Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit, die man bei Vaude schnell und flächendeckend einführt – und die ist hightech: Hochfrequenzschweißen. Das passiert nahezu unsichtbar: Die beiden zu verbindenen Ränder der Tasche werden mit gewaltigen Druck aufeinander gepresst, die Moleküle in elektrische Schwingungen mit sehr hoher Frequenz versetzt. Technisch gesagt: genau 27,12 Megaherz. Dadurch wird das Material warm, die Moleküle verbinden sich – und die Schweißnaht wird absolut wasserdicht. Zu sehen sind davon nur die panzergroßen Geräte, in die die Taschen-Teile eingelegt werden und die die einzelnen Flächen dann aufeinander pressen. So macht man das in Tettnang-Obereisenbach. „Jedes Produkt wird einzeln gefertigt“, erzählt uns Gernot Moser, Head of Sales für den Bikesport. „Vom Stanzen der Schnitteile aus dem Material über den Schweißvorgang bis hin zum Finish, der Qualitätskontrolle und der Verpackung sind bis zu 20 Arbeitsschritte nötig.“
In den 1.800 Quadratmeter großen Produktionshallen in Tettnang-Obereisenbach werden jährlich etwa 180.000 Taschen und Rucksäcke mit diesem Schweißverfahren hergestellt.
Geschützt vor Wasser und Taschenklau
„Wasserdicht“ trifft natürlich auch auf die Aqua-Serie zu. Der Klassiker unter den Radtaschen ist auch in der X-ten Generation beliebt wie eh und je. Ein Beutel aus extrem robustem Planen-Material, mit steifer Rückwand für sicheren Transport. Für einen großen Eingriff trotz Wasserdichtigkeit sorgt der obere Rollverschluss: der Beutel schließt mit zwei Kunststoff-Leisten ab; sie werden zusammengelegt, und nach unten gerollt soweit wie es geht. So ist das Gepäck nicht nur trocken, sondern auch weitgehend wackelfrei untergebracht, denn der Rollverschluss lässt sich festclipsen, wenn er das Volumen im Beutel optimal zusammengeschoben hat.
Mit der aktuellen Generation von QMR-Haken (also Quick Mount Release), ist die Tasche sogar nicht nur einfach einzuhängen und dabei automatisch gegen Herunterfallen zu sichern; die Tasche ist damit auch am Gepäckträger festschließbar – der Riegel eines Vorhängeschlosses passt durch an die Aufhängevorrichtung. Das Ganze gibt’s in zigfachen Varianten und Farben für jeden Geschmack.
Hart gegen Weichmacher
War Wasserdichtigkeit anfangs ein Feature von Vaude, das nur wenige hatten, hat die sympathische Marke aus Schwaben in einem anderen Bereich immer noch ein Alleinstellungsmerkmal in der Bike-Branche: Vaude ist eines der grünsten Unternehmen der Welt! „Die Vision dazu war schon bei der Gründung von Albrecht von Dewitz angelegt. Seit der Unternehmens-Übernahme seiner Tochter Antje Dewitz wurde ein rundum nachhaltiges und sozial verträgliches Unternehmen ein ganz konkretes Ziel“, erklärt der Marketingleiter. Dass das nicht einfach Imagepflege sein sollte, zeichnete sich schon lange ab. Unter anderem machte Vaude früh einen Schritt, den viele andere bislang nicht wagten: Sie verzichteten bei der Herstellung der wasserdichten Taschen auf das günstige und einfach zu handhabende, aber schädliche PVC – seit 2011 ist das reguläre Programm bereits frei von dem Material mit den schädlichen Weichmachern. Seit 2019 nun gilt das für die gesamte Produktion.
Stattdessen wird heute TPU zu Gepäcktaschen verarbeitet. Genauer: Thermoplastisches Polyurethan. Das ist deutlich umweltverträglicher, wenn auch nicht ganz so einfach zu verarbeiten; man muss es beschichten, damit es dauerhaft lichtbeständig wird. Und, natürlich: die Produktion kommt damit teurer. Doch das war es dem Unternehmen – und auch uns, den Verbrauchern – zum Glück wert. Schließlich arbeitet man in Sachen Nachhaltigkeit auch an der Langlebigkeit. So gehört zu einem nachhaltigen Produkt auch, dass es uns lange Jahre, möglicherweise lebenslang, erhalten bleibt.
Klimaneutralität vor Ort und in China
Albrecht Dewitz‘ Tochter Antje baute den Firmensitz um. Er wurde nicht nur vergrößert: Der komplette Firmensitz und die Produktion wurden 2011 klimaneutral – eine Veränderung, die sicher enorme Anstrengung gekostet hat. In der Produktion wurden die Emissionen so weit wie möglich reduziert. Was übrig blieb, wird mit einem Klimaschutzprojekt kompensiert. Dabei werde in der chinesischen Provinz Shanxi traditionelle Kohleherde, die vor allem mit Mais-Abfällen betrieben werden, durch saubere Gasherde ersetzt. Und 2015 schließlich konnte man den Firmensitz in Tettnang als nachhaltig zertifizieren lassen (DGNB-Zertifizierung).
Mindestens genauso interessant ist Green Shape. Das ist ein von Vaude entwickeltes Label. Es kennzeichnet kurz gesagt nachhaltig hergestellte Produkte aus nachhaltigen Materialien.
Die Kriterien, ob eine Tasche oder ein Trikot dieses Label verdient, sind streng – und übrigens für alle einsehbar. Beispielsweise sind hierbei auch faire Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette eingeschlossen. Mittlerweile kann Vaude 98 Prozent aller Bekleidung mit dem Green Shape-Label versehen, bei Taschen und Rucksäcken liegt man derzeit noch zehn bis 15 Prozent drunter. Dabei ist die Auswahl an verwendeten Recycling-Materialien groß: PET-Flaschen werden zu Garn weiterverarbeitet, aus dem man bei Vaude wasserabweisende Taschen und Rucksäcke schneidert. Auch alte Fischernetze und sonstiger Nylon-Abfall werden zu Polyamid-Garnen verarbeitet …
Nachhaltigkeit meint notwendigerweise lange haltbar, aber auch: reparabel. Auch das gehört zum Service im Untenehmen – den es aus eigenem Antrieb heraus liefert.
Nachhaltigkeit darf Spaß machen
Bei all der Umweltfreundlichkeit – der Punkt ist für den Verbraucher doch: Die Produkte müssen funktionieren, uns Spaß machen, echt was aushalten und dabei womöglich auch noch cool sein. Die Meinung über letzteres bleibt sicher dem Einzelnen überlassen, aber dass die Entwickler ihr Hirnschmalz sinnvoll einsetzen und die Leute in der Produktion gute Arbeit machen, daran zweifelt hier kaum einer – wie viele Tests zeigen. Und up to date ist man auch: Für Gravelbikes und andere trägerlose Räder gibt es etwa seit kurzem die Trail-Serie. Die Bag fürs Rahmendreieck – Trailframe –, die Rolle für den Lenker – Trailfront – und die Satteltasche – Trailsaddle. Die zwei letzteren kommen per separatem Halfter ans Bike – so ist die eigentliche Tasche immer schnell zur Hand, bei der Weiterfahrt muss nicht umständlich wieder neu eingestellt werden. Der leere, aber eingestellte Holster kann am Rad bleiben. Natürlich sind alle drei Taschen ohne zusätzlicher Schutzhülle wasserdicht – und Green Shape! Das Holster-Konzept herrscht übrigens auch beim neuen Trailspacer: Der Rucksack hat eine Art Weste als Tragevorrichtung, die gerade bei proaktivem Mountainbiking dafür sorgt, dass alles an seinem Platz bleibt und das Gewicht gut verteilt ist.
Weit vorn mit dabei ist man auch mit den Vaude-Schlafsäcken. In Tettnang-Obereisenbach gibt es hauptsächlich dafür sogar eine Hightech-Klimazelle. Hier „übernachten“ künstliche Testimonials – mit Temperatursensoren ausgestattete Puppen – bei unterschiedlichen Temperaturen in diversen Schlafsäcken und Materialien – wichtig für die Einstufung in für die Nutzer wichtige Normen. Aber natürlich probieren auch echte Menschen unterschiedliche Schlafsäcke darin aus, um subjektive Aussagen machen zu können.
Textiles aus Asien – zu fairen Bedingugen
Oder die Performance-Reihe. Der Begriff steht bei Vaude für sportlich geprägte Bekleidung im Rennrad- oder MTB-Bereich. Zum Beispiel das Men’s Mossano Trikot. Ganz klassisch mit drei Trikottaschen am Rücken und hoher Atmungsaktivität. Moderne Fasern, natürlich auch mit Green Shape-Zertifikat …
Bekleidung lässt Vaude in China fertigen – dort gibt es die jahrzehntelange Erfahrung in der Textilproduktion, die in Deutschland kaum noch vorhanden ist. Außerdem ist man in diesem Sektor mit Produktion in Deutschland nicht einmal als sehr grünes Unternehmen ökonomisch konkurrenzfähig. Aber natürlich wird dort für Vaude ebenso nachhaltig produziert. Und: „Auch dort arbeiten die Leute zu fairen Konditionen – das ist uns ganz wichtig“, sagt Moser. Diese Fairness bleibt nicht ohne Folgen: 2017 etwa wurde Vaude als Best-Practice-Beispiel beim China Sustainable Textil Summit eingeladen. Immerhin also bei Asiens wichtigster Veranstaltung für Nachhaltigkeit. Wer sich dafür interessiert findet den kompletten Nachhaltigkeitsbericht im Internet. Dort ist nicht alles Wissenswerte über Vaude und Nachhaltigkeit aufgelistet – alle komplexen Zusammenhänge sind erklärt und klar aufbereitet. Die propagierte Offenheit ist also auch hier durchaus ernst gemeint. „Es geht uns gar nicht darum, zu zeigen, was wir alles können: Es geht uns darum, Beispiel dafür zu sein, dass es möglich ist, nachhaltig und trotzdem sehr erfolgreich zu arbeiten“, sagt Gernot Moser. „Wir sind die Vorreiter – und suchen Nachahmer. Anders geht es ja auch in naher Zukunft nicht mehr.“ Und vielleicht machen die vielen Umwelt- und anderen Preise, die Vaude mit ihrem Konzept gewonnen haben, ja anderen Unternehmen auch Lust auf ökonomischen und öklolgischen Erfolg …
Mittlerweile ist Vaude international einer der größten im Outdoor-Bereich geworden: 543 Mitarbeiter arbeiten derzeit für die Firma, 444 in Tettnang. Auf mittlerweile fast 10.000 Quadratmeter. Und mit einem eigenen Kinderhaus für die Kids der Mitarbeiter. Auch hieran sieht man: Man denkt nicht nur an eine gute Zukunft, man macht auch was dafür. Und zwar mit Zubehör und Bekleidung, die vieles können und Freude machen.
Fair Ride Siegel für Vaude
Velomotion verleiht Vaude für deren ganzheitliches Engagement bei Klima- und Umweltschutz, aber auch als bemerkenswert stark sozial engagierter Arbeitgeber, das Fair Ride Siegel für herausragende Verdienste, um eine nachhaltige Fahrrad-Industrie.