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Gravelbikes mit oder ohne Umwerfer: Ein-facher schalten?

7. Februar 2020 by Caspar Gebel

Gravelbikes: Modetrend oder sinnvolle Neuentdeckung? Bei der Frage nach der Zahl der Kettenblätter scheiden sich die Geister. Wir sind der Frage nachgegangen, was Vor- und Nachteile von Einfach-Antrieben sind und für wen sich die reduzierte Übersetzung eignet.

Ist beim Gravel-Bike weniger mehr? Beim Blick auf die Schaltungen vieler Modelle kann man sich das zu Recht fragen, etliche Bikes sind nämlich heute mit nur einem Kettenblatt ausgestattet. Neu ist das nicht; schon vor Jahrzehnten waren viele Querfeldeinfahrer mit solch einem reduzierten Getriebe unterwegs – damals freilich noch mit sieben oder acht Ritzeln am Hinterrad. Im Zeitalter der Elf- oder gar Zwölffach-Kassette hat das Thema wieder Aktualität gewonnen. Der Schaltaufwand ist geringer, eine potenzielle Defektquelle fällt weg und auch die Verschmutzungsproblematik bei Crossrennen ist ein wichtiger Aspekt. Fragt sich nur: Für welche Einsatzzwecke eignen sich 1x-Antriebe eigentlich, und auf was für Kompromisse muss man sich gefasst machen?

Grober oder kleiner

Wer auf eines von zwei Kettenblättern verzichtet, muss sich entscheiden: Entweder wird die Abstufung grober oder der Gesamtumfang der Übersetzung kleiner. Wobei nur rechnerisch die Hälfte der Gänge wegfällt; unter den üblichen 22 Schaltstufen befinden sich nämlich mehrere Überschneidungen, auf die man leicht verzichten kann. Dafür gewinnt man nämlich etwas: die Möglichkeit, klick-klick-klick vom größten auf den kleinsten Gang durchzuschalten, ohne dass ein Kettenblattwechsel mit dazugehörigen Ausgleichs-Schaltschritten hinten nötig wird. Das Schalten an sich wird mit dem Umstieg auf 1×11 oder 1×12 also in jedem Fall vereinfacht.



Sportive Fahrer freuen sich bei zwei Kettenblättern über kleine Schaltsprünge und finden immer die richtige Übersetzung.

Damit zur Frage, worauf man bei Einfach-Übersetzungen verzichten muss: einen größeren Gesamtumfang oder eine feinere Abstufung? Vergleichen wir ein Rennrad mit Kompakt-Kurbel (50/34) und 11-28er Kassette, die vom 11er bis zum 17er Einerschritte bietet, mit einem Gravel-Bike mit 44er Kettenblatt und 11-34er Kassette von Shimano, stellen wir fest: Beim Einfach-Antrieb sind alle Gangsprünge mindestens zwei Zähne groß (11-13-15-17-19-21-23-25-27-30-34); der Gesamtumfang ist an beiden Enden des Spektrums etwas reduziert. Anders sieht es mit einer 11-36er Kassette von SRAM aus (11-12-13-15-17-19-22-25-28-32-36): Zum einen verfügt diese bei den Schnellgängen über Einersprünge, zum anderen entspricht ihr kleinster Berggang nahezu dem der Rennrad-Übersetzung 34-28. Nur im schnellen Bereich fehlt ein Gang.

Steile Berge – kleine Gänge

Natürlich ist dies keine wirklich geländetaugliche Übersetzung; wer mit dem Gravel-Bike vorzugsweise auf der Straße und auf „Waldautobahnen“ unterwegs ist, kommt mit dieser eher eng übersetzten Spielart von 1×11 jedoch gut klar. Auf schweres Gelände und steile Anstiege hin entwickelte Bikes sind aber anders übersetzt, Modelle mit 2×11 Gängen ebenso wie solche mit Einfach-Antrieb. Noch recht neu von Shimano ist die GRX-Gruppe, die auch mit 46/30er Kettenradgarnitur erhältlich ist; zusammen mit der passenden 11-36er Kassette ergibt sich eine gerade im Kletterbereich extrem breit aufgestellte Übersetzung. Um das mit nur einem Kettenblatt zu schaffen, muss man große Sprünge machen – etwa mit der 10-50er Zwölffach-Kassette von SRAM.



Die GRX Gruppe bzw. die Kurbel bringt mit 46/30 eine für Gravel spannende Kettenblattkombination mit.
Optisch gewöhnungsbedürftig, technisch überzeugend: Neue 12-fach Kassetten schaffen es traditionellen Antrieben mit zwei Kettenblättern Paroli zu bieten. Dies jedoch auf Kosten größerer Gangsprünge.

Vom Gesamtumfang her können Einfach-Antriebe also ganz gut mithalten – wie ist es aber nun mit den größeren Sprüngen zwischen den einzelnen Ritzeln? Wer beispielsweise auf der Straße (oder auf einer Schotterpiste) bei hoher Intensität auf eine möglichst gleichmäßige Tretfrequenz angewiesen ist, braucht im Bereich der schnellen Gänge Einersprünge. Das mit nur einem Kettenblatt zu realisieren, erfordert Einbußen beim Gesamtumfang und sollte genau überlegt werden. Mountainbiker und Cyclocrosser dagegen wissen, dass dort, wo starke Steigungsunterschiede lauern bzw. immer wieder kraftvoll beschleunigt werden muss, größere Sprünge durchaus nützlich sind – so sind weniger Schaltvorgänge nötig, und aus diesem Grund haben sich Einfach-Antriebe in beiden Disziplinen in den vergangenen Jahren (re-) etabliert. Und auch Radsportler, die nicht am Limit fahren, können einen Zweier- oder Dreiersprung gut wegstecken, auch wenn dadurch die Tretfrequenz erst einmal etwas stärker abfällt oder ansteigt.



Leichter ab als dran

Wer unentschlossen ist, sollte folgendes bedenken: Während sich ein Zweifach-Antrieb mit überschaubarem Aufwand auf 1×11 umbauen lässt (nach innen gekröpftes Einfach-Kettenblatt montieren, Werfer und Zug entfernen, evtl. neuer linker Bremshebel, evtl. Kassette anpassen), geht es umgekehrt nicht so einfach oder gar nicht. Ein Gravel-Bike mit Monokettenblatt sollte man also nur dann kaufen, wenn man sich seiner Sache sicher ist oder schon Erfahrungen mit dieser Variante gesammelt hat.

Nicht alle Gravelbikes, die mit einem Kettenblatt ausgeliefert werden, lassen sich so ohne Weiteres auf einen 2-fach Antrieb umrüsten.

Daneben gibt es natürlich auch die Möglichkeit, je nach Einsatzzweck die Übersetzung zu wechseln. Eine Kassette wie die schon erwähnte 11-36, die einen guten Kompromiss zwischen Umfang und Abstufung darstellt, wird mit einem 38er Kettenblatt angenehm bergtauglich, mit einem 44er ziemlich schnell. Der Umbau vorne ist dabei deutlich schneller erledigt als das Wechseln der Kassette.



Übersetzungs-Zahlenspiele

Unterschiedliche Abstufungen und Kombinationen lassen sich anhand der Übersetzungszahlen vergleichen: Einfach „Kettenblatt geteilt durch Ritzel“ rechnen; ein größeres Ergebnis entspricht einem schwereren, ein kleineres einem leichteren Gang. So entsprechen die Kombinationen 44×11 und 40×10 derselben Übersetzung; 40×50 und 30×36 liegen nur minimal auseinander. Vergessen darf man nicht, dass sich der Reifenumfang auf diese Übersetzungsverhältnisse auswirkt, was man Entfaltung nennt: Je größer der Reifenumfang, desto länger sind alle Gänge übersetzt. Dies ist mit ein Grund für die Verwendung von 650B-Reifen – sie vereinen die Vorteile voluminöser Pneus mit dem Abrollumfang schmalerer Rennbereifung. Aber das ist ein anderes Gravel-Thema und soll an anderer Stelle besprochen werden…

Hier findet ihr alle derzeit im Velomotion Gravelmonat Februar veröffentlichten Artikel und Tests:

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Stichworte:CrossCyclocross NewsEagleGravelGravelbikegravelmonat20Umwerfer

Über Caspar Gebel

Caspar Gebel sitzt seit 40 Jahren auf dem Rennrad. Der Fachjournalist und Sachbuchautor arbeitet für Velomotion und auch für die Zeitschriften Procycling und Fahrrad News.

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