Spektrum: Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) hatte sich im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020 ein großes Ziel gesetzt: Man wollte den durchschnittlichen Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen bundesweit von 11 Prozent auf 15 erhöhen. An dieser Maßgabe ist man allem Vernehmen nach krachend gescheitert. Eine Studie der Ludwig-Maximilian-Universität München liefert nun interessante Erkenntnisse, warum das so ist.
Radverkehrsanteil bundesweit uneinheitlich
Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass immer mehr Menschen zumindest zeitweise auf das Fahrrad umgestiegen sind. Vor allem in den größeren Städten ist eine deutliche Zunahme des Radverkehrs feststellbar. Speziell in Metropolen wie München, Berlin und Hamburg liegt der Radverkehrsanteil wohl deutlich über der Zielmarke von 15 Prozent. Im bundesweiten Schnitt wird dieser Wert jedoch nicht erreicht.
Umso interessanter ist für die Planer die Frage danach, warum die Menschen nicht regelmäßig auf das Fahrrad steigen. Die „Rad-Aktiv-Studie“ der LMU München versucht seit Januar 2018, die Gruppe der Nicht-Radfahrer zu typisieren. Aus der Studie erhofft man sich Erkenntnisse, um gezielte Maßnahmen für Verbesserung des Radverkehrsanteils abzuleiten.
Wer sind die Nicht-Radfahrer und wie ticken sie?
Laut Definition der LMU-Studie gehören zur Gruppe der Nicht-Radfahrer alle Personen, die sich maximal einmal pro Monat auf ein Fahrrad setzen oder gar nicht Radfahren. Das vorläufig Ergebnis der Untersuchung, die voraussichtlich im Juni 2021 abgeschlossen sein soll, spricht hier von gut 50 Prozent aller Deutschen. Interessanterweise kristallisiert sich in dieser Gruppe eine Geschlechterlücke heraus.
Demnach gehören 55 Prozent der Frauen zu den Nicht-Radlern aber nur 46 Prozent der Männer. Daraus schließen die Forscher, dass ein großer Ansatzpunkt die Sicherheit im Radverkehr ist. Sie vermuten: Mit zunehmenden Sicherheitsmaßnahmen steigt auch der Anteil der Frauen unter den Radlern.
Soziale Cluster und Umzug als Knackpunkte
Ebenfalls wichtig seien demographische Faktoren und das soziale Umfeld. Mit steigendem Alter etwa sinkt der Anteil der Radler. Gleichzeitig stellten die Forscher sogenannte „Sozialcluster“ fest. Personen, die sich dem Fahrrad zum Pendeln und für Alltagsfahrten sperren, haben häufig auch überdurchschnittlich viele Fahrrad-Verweigerer in ihrem Umfeld.
Als wichtigsten Faktor, den die Forscher bisher herauskristallisieren konnten, gilt jedoch der Wohnortwechsel. Der Umzug bestimmt derzeit noch maßgeblich, wer sein Rad regelmäßig nutzt und wer nicht. Welche Maßnahmen sich aus der Studie ableiten lassen, wird sich allerdings erst nach der Auswertung der Studie zeigen.