Test: Der mit 339 Euro ziemlich günstige Allround-Laufradsatz Fulcrum Racing 6 DB ist eine gute Wahl für Gravelbike oder Crosser. Im Test von Velomotion gefallen die Aluminium-Laufräder mit recht geringem Gewicht und tadelloser Funktion – auch und gerade mit Tubelessreifen.
Drei Komma neun Kilo, vier Komma zwei Kilo – wer die Laufradsätze aktueller Gravelbikes der Mittelklasse auswiegt, kann schon mal ins Grübeln kommen. Rund 40 % des Gesamtgewicht eines Komplettrades stecken in den Laufrädern? Okay, wer auf Tubeless umrüstet, kann je nach verbauten Schläuchen um die 120 Gramm pro Laufrad sparen. Doch das ist nicht immer möglich, und auch so mancher bereits ohne Schläuche aufgebaute Radsatz reißt die Vier-Kilo-Latte. Nun ist die alte Weisheit, dass rotierende Bauteile beim Beschleunigen besonders viel Energie kosten, wenn sie schwerer sind, zwar mit Vorsicht zu genießen, aber einen Einfluss aufs Fahrverhalten haben schwere Laufräder schon – das merkt man zum Beispiel im Wiegetritt oder in bestimmten Situationen beim Lenken. Bei den Laufrädern anzufangen, wenn man beim Gravelbike abspecken will, macht also auf jeden Fall Sinn. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist es vergleichsweise einfach, andere Laufräder zu montieren, und zweitens lassen sich so auf einen Schlag mehrere Hundert Gramm sparen.
Ein Pfund Gewichtsersparnis für wenig Geld
Man nehme etwa das Giant Revolt 1, ein solides Alu-Gravelbike für 1.599 Euro. 10,5 Kilo wiegt das Rad, wozu noch die Pedale kommen; der fahrfertige Radsatz ist mit satten 4.230 Gramm am Gewicht beteiligt. Dabei sind die „Giant CrossCut“-Reifen bereits schlauchlos montiert. Ob sich da mit überschaubarem finanziellen Aufwand etwas machen lässt? Und ob – etwa mit dem Fulcrum Racing 6 DB, die wie abgebildet mit Donnelly-Reifen, Kassette und Bremsscheiben und 3.670 Gramm wiegen. Nahezu 600 Gramm weniger also, und das, ohne dass man allzu tief in die Tasche greifen muss.
Der italienische Anbieter Fulcrum, 2004 gegründet und eine Tochter des legendären Komponentenherstellers Campagnolo, beliefert einerseits Fahrradhersteller mit Laufradsätzen, wendet sich aber andererseits direkt an Endverbraucher – vor allem, aber nicht nur an solche, die an ihrem Rad keine Campagnolo-Teile fahren. Schließlich ist es bis heute unüblich, Campa-Laufräder etwa an ein Rennrad mit Shimano-Ausstattung zu montieren. Und so hat die Tochtermarke ihrer berühmten Mutter wichtige neue Marktsegmente eröffnet.
Allrounder mit solider Technik
Dabei profitiert Fulcrum natürlich in vielerlei Hinsicht von Campagnolo. Die zwei Anbieter teilen sich zahlreiche Baumerkmale, etwa, was die Konstruktion der Felgen oder die hohe Qualität der Lagerungen angeht. Typisch Campa und Fulcrum ist auch die Befestigung der Bremsscheiben mit einem Außenring. Außerdem bieten beide Unternehmen Laufräder in einem breiten Preisbereich an, und gerade bei Fulcrum gibt es schon für ziemlich kleines Geld ziemlich interessantes Material. Etwa den Racing 6 DB, der mit wie schon erwähnt 339 Euro den Einstieg bei Laufrädern für Scheibenbremsen darstellt. Wobei gleich gesagt werden muss: Der Racing 6 versteht sich nicht als dezidierter Gravel-Radsatz, sondern eher als Allrounder. Das erkennt man daran, dass die Felgen eine Maulweite von 20 mm aufweisen, wogegen spezielle Gravel-Felgen auch bei Fulcrum innen merklich breiter sind. Doch ein Radsatz wie der Gravel-spezifische Rapid Red Carbon mit 25 mm Maulweite darf nur mit Reifen gefahren werden, die 38 mm oder breiter sind – und das schränkt den Einsatzbereich natürlich deutlich ein. Den Racing 6 DB kann man dagegen an so ziemlich jedes Bike mit Rennlenker montieren – ans richtige Rennrad mit 25er Reifen ebenso wie an einen im Wettkampf genutzten Cyclocrosser, der ja mit maximal 33 mm breiten Pneus gefahren werden darf. Und natürlich ans Gravelbike mit Reifen, die typischerweise 40 mm oder breiter sind.
Für den Preis recht leicht
Was spricht für den günstigen Radsatz? Erst einmal das für die Preisklasse wirklich geringe Gewicht. 1.790 Gramm wiegen Vorder- (830 g) und Hinterrad (960 g), inklusive bereits eingeklebtem Tubeless-Felgenband, das pro Felge mit ca. 10 Gramm pro Felge zu Buche schlägt. Damit ist Fulcrum mindestens auf Augenhöhe mit diversen Wettbewerbern, die ähnliche konzipierte Radsätze teils zu wahrnehmbar höheren Preisen, teils mit merklich höherem Gewicht anbieten. Der Racing 6 kann dabei auch technisch überzeugen. Los geht’s mit den Felgen, die asymmetrisch geformt sind, sodass eine ausgeglichenere Speichenspannung realisiert werden kann – gerade bei Laufrädern für Scheibenbremsen ist das sinnvoll. Die 24 Speichen je Laufrad sind 2:1 auf die zwei Laufradseiten verteilt – vorne links nehmen 16 Stahlstäbe die Bremskräfte auf, hinten rechts verbessern 16 Speichen die Kraftübertragung. Die Speichen sind ungekröpft, sodass sie die Zugkräfte optimal aufnehmen können. Fulcrum verwendet Rundspeichen, was einerseits die Fertigung erleichtert – so muss man sich keine großen Gedanken um die Form der Speichenbohrungen im Nabenkörper machen –, aerodynamisch aber andererseits nicht eben ideal ist. Allerdings kann man sich fragen, ob man auf Gravelbike, Crosser oder Trainingsrenner allzu oft in Geschwindigkeitsbereichen unterwegs ist, wo die Aerodynamik eine Rolle spielt.
Die Naben laufen weich auf Industriekugellagern; der leise surrende Freilaufkörper kann werkzeuglos abgezogen und gegen ein anderes Modell ausgetauscht werden – etwas für Campagnolo 13-fach. „2-Way fit ready“, wie auf der Felge zu lesen, bedeutet bei Fulcrum, dass die Felgen mit Tubeless-Felgenband schlauchlos gefahren werden können; das Band ist wie gesagt bereits eingeklebt. „2-Way fit“ (ohne „ready“) heißt dagegen, dass das Felgenbett nicht gebohrt ist, sodass kein dichtendes Band eingeklebt werden muss.
Einfache Tubeless-Montage
Die Möglichkeit, schlauchlos und dadurch mit höherer Pannensicherheit und geringerem Rollwiderstand fahren zu können, ist wie gesagt ein guter Grund, auf einen anderen Radsatz umzusteigen. Bei Fulcrum fällt die Tubeless-Montage ziemlich leicht: Der 40er Donnelly MSO lässt sich mit überschaubarem Kraftaufwand übers Felgenhorn drücken; mit der normalen Standpumpe sind beide Reifen sofort prall und bleiben es auch, sobald eine ordentliche Portion Dichtmilch eingefüllt worden ist. Die Reifen setzen sich ziemlich schnell; schon bei knapp 2 bar rutschen sie mit scharfem Knallen in ihre Position in der Felge und laufen gleich rund.
Unauffälliger Fahrspaß beim Graveln
Sobald Kranz und Bremsscheiben montiert sind, kann es also auf die Strecke gehen, wo man den Fulcrum-Radsatz … gleich vergessen hat. Denn das muss man auch akzeptieren: Ein Radsatz dieser Machart verhält sich im positiven Sinne unauffällig. Das Gewicht – fahrfertig mit 520-Gramm-Reifen wiegt der komplette Satz wie gesagt 3.670 Gramm – ist immer noch so hoch, dass sich keine merklichen Unterschiede im Fahrverhalten ergeben. Um hier wirklich etwas zu spüren, müssen weitere 300 bis 400 Gramm gespart werden, doch dann muss man eine vierstellige Summe investieren. Auch wenn die Felgen nicht allzu breit sind, sitzt der 40-mm-Reifen sehr stabil; in scharf gefahrenen Kurven auf Schotter und Schräglage wirkt er nicht schwammig. Und beim Antreten wie im Wiegetritt wirken die Fulcrum-Räder ordentlich steif. Und so hinterlässt der günstige Radsatz einen sehr positiven Eindruck – wer sein Gravelbike oder den Cyclocrosser für wenig Geld „upgraden“ will, tut mit dem Fulcrum Racing 6 einen guten Griff.
WEB: fulcrumwheels.com