Fahrrad.de und Bruegelmann.de insolvent: Erst Fahrrad-Boom, dann Marktbereinigung: Volle Lager und Nachfragerückgang treiben die ersten Anbieter in die Pleite. Verbraucher sollten sich jetzt genau überlegen, wo sie Bikes und Zubehör kaufen. Am besten im stationären Fachhandel, denn der dürfte auch noch in ein paar Jahren verlässlichen Service bieten.
Wer aktuell Fahrradteile, Zubehör oder gar ein komplettes Fahrrad online bestellen will, sollte jetzt gut aufpassen: Mehrere Unternehmen der Branche sind in ernsten Schwierigkeiten. So weisen Fahrrad.de wie auch Bruegelmann.de auf ihren Internetseiten darauf hin, dass sie derzeit keine Rücksendungen bearbeiten können – wer dort etwas bestellt und mit dem Produkt nicht zufrieden ist, bleibt unter Umständen darauf sitzen. „Ob das Vorgehen rechtlich haltbar ist, darf zumindest bezweifelt werden“, so Rechtsanwalt Christian Solmecke. Schließlich steht den Kunden laut Fernabsatzgesetz ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu.
Finanzielle Schwierigkeiten
Doch was steckt dahinter? Fahrrad.de und Bruegelmann.de gehören – wie auch die Fahrrad-Versender Wiggle und Chain Reaction Cycles – zur globalen Unternehmensgruppe Signa Sports United (SSU), unter deren Dach auch Sportartikelhändler aus den Bereichen Tennis und Outdoor stecken. Nun ist der SSU das Geld ausgegangen – und ihr Hauptaktionär, die Signa Holdings GmbH, hat kurzfristig eine Finanzspritze von 150 Millionen Euro zurückgezogen. Die Tochtergesellschaft Tennis-Point GmbH stellte bereits vor knapp zwei Wochen einen Insolvenzantrag; nun sind weitere Firmen der Gruppe gefolgt – darunter auch die Internetstores GmbH, Betreiberin von Fahrrad.de und Bruegelmann.de, zu der Fahrradmarken wie Votec, Ortler und Fixie Inc. gehören.
Signa Holdings gehört zum Imperium des umstrittenen österreichischen Unternehmers René Benko, der immer wieder Schlagzeilen schreibt – etwa durch seinen Umgang mit Karstadt-Galeria-Kaufhof oder ganz aktuell mit dem Baustopp am Milliardenprojekt Elbtower in Hamburg.
Das bedeutet nicht zwingend, dass diese Firmen vom Markt verschwinden – im günstigsten Fall kann der Geschäftsbetrieb weitergeführt werden. Ob sie von ihren Zulieferern und Kunden weiterhin als zuverlässige Partner gesehen werden, ist jedoch eine andere Frage. Wer Fahrradteile und Zubehör oder gar ein komplettes Fahrrad oder E-Bike kaufen möchte, sollte sich lieber im stationären Fachhandel umschauen, der statt von Eigenmarken die Modelle bekannter Hersteller verkauft. Abgesehen von eingehender Beratung und einer umfangreichen Einstellung und Einweisung beim Kauf kann man sich hier nämlich auch über kompetenten After-Sales-Service freuen. Das reicht von der Erstinspektion nach einigen Hundert Kilometern bis zu Wartungsarbeiten und Reparaturen lange nach dem Kaufdatum.
Erst Boom, dann Krise
Zurück zur wirtschaftlichen Schieflage von Fahrrad.de & Co., die natürlich viele Ursachen hat. Im Fahrradboom der Corona-Zeit waren (E-) Bikes zeitweise Mangelware, was manche Akteure der Branche dazu verleitete, die Produktion hochzufahren. Nun gibt es volle Lager und ein Überangebot an Waren, doch die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit hat auf Seiten der Verbraucher zur Kaufzurückhaltung geführt. „Marktbereinigung“ heißt der einzige Ausweg aus dieser Lage – bitter für die Beschäftigten betroffener Firmen und ärgerlich für Kunden, die wie beschrieben Ware nicht zurücksenden können oder befürchten müssen, für bereits erworbene Produkte bald keinen Ansprechpartner mehr zu haben.
Fein raus sind Anbieter, die ihre Kapazitäten nicht vorschnell hochgefahren haben und weniger stark auf Fremdkapital angewiesen sind. Klar sind auch sie vom Abflauen des Booms betroffen, jedoch weit weniger stark. Das Verschwinden des einen oder anderen Mitbewerbers dürfte ihrer auf behutsames Wachstum ausgelegten Strategie Recht geben.