Radsport: Im zweiten Teil unserer Giro d’Italia Teamvorstellung widmen wir uns denjenigen Teams, die einen starken Sprinter in ihren eigenen Reihen haben. Hauptziel dieser Mannschaften ist ein Etappensieg. Doch wie gut stehen ihre Chancen?
DSM
Im Team DSM bekommen wir gleich zahlreiche neue Gesichter zu sehen. Die drei Deutschen Niklas Märkl, Marius Mayrhofer und Florian Stork bestreiten ihre erste große Landesrundfahrt. Und die beiden Norweger Andreas Leknessund und Jonas Hvideberg sind zum ersten Mal beim Giro d’Italia mit dabei. Während Leknessund wohl versuchen wird, in die Top Ten der Gesamtwertung zu fahren, bekommt Mayrhofer sicherlich die ein oder andere Chance im Sprint. Kapitän bei einem Sprint Royal allerdings wird der Italiener Alberto Dainese sein. Durch ihn hat das Team DSM beste Chancen auf einen Tagessieg. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, werden wir die niederländische Equipe aber sicher auch häufig in Ausreißergruppen wiederfinden. Komplettiert wird das Aufgebot von Martijn Tusveld aus den Niederlanden und Harm Vanhoucke aus Belgien.
Jayco – AlUla
Auch im australischen Team Jayco – AlUla darf man sich berechtigte Hoffnungen auf einen Tagessieg machen. Denn mit Michael Matthews hat man den wohl stärksten Fahrer im Aufgebot, wenn es nach einem anspruchsvollen Profil zum Sprint eines dezimierten Hauptfeldes kommt. Der Australier hat nämlich dann die besten Karten, wenn die reinen Sprinter abgehängt wurden, er selbst aber noch mit dabei bleiben kann. In den Sprints soll er hauptsächlich vom Neuseeländer Campbell Stewart unterstützt werden. Aber auch der Österreicher Lukas Pöstlberger und der Australier Michael Hepburn können in der Vorbereitung helfen. Die Italiener Filippo Zana und Alessandro De Marchi, sowie der Australier Callum Scotson und der Ire Eddie Dunbar gelten als Allrounder. Sie kommen durchaus gut über die Berge, sind aber keine Kandidaten für die Top Ten der Gesamtwertung. Daher werden sie sich wohl auf Fluchtversuche konzentrieren, wenn es für Kapitän Matthews zu schwer wird.
Trek – Segafredo
Mit Mads Pedersen verfügt Trek – Segafredo über einen enorm schnellen Mann. Der Däne gewann im Vorjahr die Punktewertung der Vuelta a Espana, wurde 2019 Straßenweltmeister und durfte sich 2022 über einen Etappensieg bei der Tour de France freuen. Dies sind nur einige wenige Erfolge des immer noch nur 27-Jährigen. Er kann – ähnlich wie ein Michael Matthews – auch Etappen gewinnen, die anspruchsvoll sind. Ihm wurden mit dem Belgier Otto Vergaerde, dem Luxemburger Alex Kirsch und dem Niederländer Daan Hoole drei zähe Helfer zur Seite gestellt. Sie sollen ihn dabei unterstützen, um auch hier in Italien die Punktewertung zu gewinnen. Da auch bei Trek – Segafredo das Team zweigeteilt wurde, kümmern sich die anderen vier Fahrer nicht um die Sprints, sondern um die Berge. Bauke Mollema hat seine besten Tage sicher bereits hinter sich. Dennoch hat der Niederländer noch immer das Zeug um die Top Ten einer Grand Tour anzupeilen. Er ist allerdings nicht der unangefochtene Kapitän in den Bergen, denn auch der Lette Toms Skujins hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass er gut die Berge hinauf kommt. Das trifft auch auf die beiden Eritreer Natnael Tesfatsion und Amanuel Ghebreigzabhier zu. Daher ist zu vermuten, dass wir auf nahezu jeder Bergetappe einen von ihnen in der Ausreißergruppe sehen werden.
Movistar
Ohne einen wirklich ernstzunehmenden Anwärter aufs Podium in der Gesamtwertung geht die spanische Mannschaft Movistar in den Giro d’Italia 2023. Die Mission lautet: Etappensieg! Dafür soll vor allem Fernando Gaviria sorgen. Der Kolumbianer gewann bereits fünf Etappen beim Giro d’Italia und zwei bei der Tour de France. Seit Ende 2019 allerdings ist es ruhig um ihn geworden. Zwei Teamwechsel hat er hinter sich. Seine alte Stärke sucht er bislang vergeblich. Immerhin kann er die kommenden drei Wochen auf tatkräftige Unterstützung seiner Teamkameraden bauen. Mit dem Deutschen Max Kanter, dem US-Amerikaner Will Barta und den beiden Spaniern Joaquin Rojas und Albert Torres hat er gleich vier starke Helfer für die Ebene an seiner Seite. Bleiben für die Berge nur noch drei Fahrer – für ein Team Movistar aus der Vergangenheit ein eigentlich undenkbares Szenario. Denn wirklich gute Chancen auf eine Top-Platzierung in der Gesamtwertung hat niemand von ihnen. Der Kolumbianer Einer Rubio sowie die beiden Spanier Oscar Rodriguez und Carlos Verona werde es daher gar nicht versuchen. Sie werden auf Etappenjagd im Hochgebirge gehen und das Rennen auf diese Weise prägen.
Astana
Das Team Astana hat eine erschreckende Entwicklung genommen. Gehörte man in den vielen Jahren zuvor immer zu den erfolgreichsten Teams der WorldTour, so ist man in der vergangenen Saison plötzlich zu einem der schlechtesten geworden. Dass es sich dabei nicht um einen Ausrutscher handelt, sehen wir in diesem Jahr. Auch 2023 ist von Astana kaum etwas positives zu sehen. Wir schreiben Anfang Mai und bislang konnte kein einziges WorldTour-Rennen siegreich beendet werden. Wird sich das beim Giro d’Italia ändern? Wohl kaum. Denn die Hoffnungen ruhen größtenteils auf Mark Cavendish. Der mittlerweile 37-Jährige ist zu Saisonbeginn zum Team gestoßen und soll nun die Kohlen aus dem Feuer holen. Seine bisher besten Resultate im Astana-Trikot waren zwei dritte Plätze beim Scheldeprijs und auf einer Etappe der UAE Tour. Das Problem: Astana kann Cavendish überhaupt keinen Sprintzug zur Seite stellen. Der Brite ist nahezu auf sich allein gestellt. Das zeigt sich auch im Giro-Aufgebot, in dem kein wirklich brauchbarer Anfahrer zu finden ist. Der Italiener Gianni Moscon ist in seiner Karriere bislang nicht als Teamplayer aufgefallen. Auch hier beim Giro d’Italia wird er auf Flachetappen eher in Gruppen gehen und auf eigene Rechnung fahren. Doch seine Form ist alles andere als gut. Für die Berge oder zumindest die hügeligen Etappen wird der Rest des Teams eingeplant. Den Italienern Christian Scaroni, Samuele Battistella und Simone Velasco ist ein Etappensieg bei guter Verfassung zwar ebenso zuzutrauen, wie dem Spanier Luis Leon Sanchez und dem US-Amerikaner Joe Dombrowski. Aber in wirklich guter Verfassung war im Team Astana eben schon lange keiner mehr. Das Aufgebot komplettiert Vadim Pronskiy aus Kasachstan.
Alpecin – Deceuninck
Fast schon traditionell tritt das Team Alpecin – Deceuninck auch beim Giro d’Italia 2023 ohne Klassementfahrer an. Mit dem Australier Kaden Groves hat man allerdings einen der besten Sprinter in den eigenen Reihen. Unterstützt wird er vom Deutschen Alexander Krieger, dem Niederländer Ramon Sinkeldam und dem Italiener Kristian Sbaragli. Alle drei taugen als Sprint-Anfahrer. Gemeinsam werden sie ihren Kapitän auf den letzten Kilometern in Position bringen. Ist eine Ausreißergruppe gefährlich weit davon gezogen, werden vor allem der Belgier Senne Leysen und der Niederländer Oscar Riesebeek für die Einholung sorgen. Zwei Italiener komplettieren das Aufgebot. Stefano Oldani und Nicola Conci werden aber nicht auf eine gute Platzierung in der Gesamtwertung schielen, sondern auf einen Etappenerfolg. Schließlich gelang dies Oldani bereits im Vorjahr.