Test SRAM Apex XPLR 12 mechanisch: Parallel zur neuen Apex AXS hat SRAM erstmals eine mechanische zwölffach-Schaltgruppe vorgestellt. Velomotion schaute bei SRAM in Schweinfurt Profi-Mechaniker Heiner Schubert bei der Montage über die Schulter und konnte bereits etliche Kilometer mit der neuen Gruppe abspulen – hier unsere Eindrücke.
So viele elektronische Schaltgruppen wie SRAM hat niemand sonst! Nach SRAM Red und SRAM Force war die 2021 vorgestellte SRAM Rival AXS eine Sensation, zumal sie das kabellose Schaltsystem auf einen neuen Preispunkt brachte und dabei neue Technologien einführte, darunter einen umgestalteten Schaltbremsgriff.
Als im Frühjahr die Info kam, SRAM werde eine neue Apex vorstellen, klang das erst einmal nicht ganz so spannend – okay, eine weitere AXS-Gruppe, die noch einmal etwas günstiger ist. Die große Überraschung kam dann beim Launch selbst: Zusammen mit der elektronischen Variante stellte SRAM Mitte Juni 2023 nämlich auch eine mechanische Apex vor. Es ist die erste Überarbeitung der Einsteiger-Gruppe seit 2016: Damals wurde die Apex von 2×10 mit Felgenbremse auf 1×11 mit hydraulischer Scheibenbremse umgestellt und als reine Gravel-Gruppe mit 11-42er Kassette präsentiert.
Die neue Apex 12 ist nun die einzige verbliebene mechanische Gruppe im Programm von SRAM – alle älteren 1×11/2×11-Gruppen fallen weg, auch wenn sie natürlich noch einige Zeit im Handel verfügbar sein werden. Die neue Apex ist bereits in den Shops angekommen, und zwar in beiden Varianten. Dabei fällt auf, dass gerade mal 100 Euro die elektronische und die mechanische Version trennen – erstere wird aktuell für rund 900 Euro, letztere für rund 800 Euro angeboten. Bei der Entscheidung zwischen Elektronik und Mechanik geht es bei der Apex also nicht mehr ums Geld. Wer zwischen SRAM und Shimano schwankt, dürfte bezüglich der Finanzen jedoch zu den Amerikanern tendieren: GRX Di2 2×11 sowie die neue GRX RX820 1×12 kosten in den großen Webshops aktuell gut 1.400 Euro.
SRAM Apex XPLR 12 mechanisch: Bewährte Funktion mit DoubleTap-Habel
Warum sollte man überhaupt noch mechanisch schalten wollen? Der große Vorzug der SRAM Apex mit Seilzug ist ihre Einfachheit: kein Akku, keine App, kein Risiko eines Elektronik-Defekts, der nur durch den Austausch teurer Einzelkomponenten behoben werden kann. Wer am Fahrrad dessen simple, reparierbare Technik schätzt, ist mit klassischer Mechanik natürlich besser bedient. Und nicht zuletzt braucht man für die mechanische Apex nur einen Schalthebel, während die elektronische Variante mit zwei AXS-Hebeln bedient wird.
Zu beachten ist, dass beide Apex-Gruppen in jeweils zwei Versionen angeboten werden: XPLR und Eagle. Erstere ist mit den Rennrad-Kassetten von SRAM kompatibel, letztere mit den MTB-Kassetten, die andere Abstände zwischen den einzelnen Ritzeln aufweisen. Die Schalthebel sind jeweils identisch, die Schaltwerke ans jeweilige Segment angepasst. Für die XPLR gibt es eine 11-44er Kassette, für die Eagle eine 11-50er. Das Eagle-Schaltwerk kann aber auch 10-52er Kränze bedienen. Bei der mechanischen Gruppe sind die zwei Schaltwerke optisch nur an einem kleinen Aufdruck zu unterscheiden. Die hier vorgestellte Apex XPLR wird mit der „FlatTop“-Rennradkette ausgeliefert; die Eagle-Schaltung verwendet eine 12-fach-MTB-Kette mit konventioneller Form.
Nur erhältlich als „DUB Wide“
Wo es möglich ist, teilen sich elektronische und mechanische Apex 12 die Komponenten: Kurbelsatz, Kette und Kassette sowie die Bremssättel sind bei beiden Varianten gleich. Die Kurbel besteht aus Aluminium und ist nur mit DUB-Wide-Tretlagerwelle erhältlich. Die Welle ist in der Wide-Version 5 mm länger als die Standard-Welle, damit man sie auch an Gravelbikes mit breitem Hinterbau verbauen kann. SRAM liefert Distanzringe in verschiedenen Stärken mit, die man dazu nutzen kann, die Kettenlinie zu optimieren. Wie bei dem Hersteller üblich wird das axiale Spiel mit einem Schraubring eingestellt, der per Madenschraube geklemmt ist.
Die DUB-Tretlagerwelle mit 28,99 mm Durchmesser („Durable Unified Bottom bracket“) passt mit dem entsprechenden SRAM-Innenlager in nahezu jeden Rahmen; auch mit dem klassischen BSA-Gehäuse ist der Apex-Kurbelsatz also kompatibel. SRAM bietet die Kurbeln in fünf Längen zwischen 160 und 175 mm an; standardmäßig wird die Gruppe mit 40er Kettenblatt ausgeliefert. Von diesem gibt es zwei Versionen: ein Stahl-Kettenblatt, das von den Fahrradherstellern bei der Erstausstattung verbaut wird, und ein Alu-Kettenblatt für die Aftermarket-Kurbel, das deutlich leichter ist – 124 zu 236 Gramm. Die Direct-mount-Kettenblätter anderer SRAM-Gruppen sind kompatibel.
Dank X-Sync-Technologie und kräftiger Schaltwerksfeder muss man nicht befürchten, dass in ruppigem Gelände die Kette vom Blatt fällt. Das wuchtige Schaltwerk ist mit der beliebten CageLock-Funktion ausgestattet, mit der sich der Schaltwerkskäfig komplett entspannen lässt. Der Laufradein- und -ausbau fällt damit deutlich leichter als bei jedem anderen Schaltsystem. Die Taste zum Arretieren, die beim alten Apex-Schaltwerk gut erreichbar vorne saß, ist nun an die Unterseite des Schaltwerks gewandert. Geändert hat sich auch, dass die Schaltschwinge bei der Apex 12 aus Aluminium besteht und nicht mehr aus Stahl, womit das neue Schaltwerk etwas leichter ist.
Neu gestaltete Bremsschalthebel
Komplett neu gestaltet wurden die Hebel, die der elektronischen Variante nun sehr ähnlich sehen und optisch deutlich moderner wirken als die zehn Jahre unveränderten Vorgänger. Das Griffgummi weist eine angenehme Struktur auf und liegt glatt am Lenkerband an; der etwas breitere Griffkörper bietet der Hand eine optimale Auflagefläche. Die Bremshebel sind flächiger geworden und stärker nach außen abgewinkelt; eine kleine Mulde oben-außen am Hebel verbessert den Halt. Der Aufdruck auf den Bremshebeln macht diese etwas griffiger Auch die Funktion der Bremsschalthebel wurde optimiert: Beim Bremsen fällt die etwas bessere Dosierbarkeit auf; die Schaltung ist präziser und leichtgängiger, wobei die veränderte Form des Schaltpaddels die Handkraft reduziert. Wie bei der alten Apex sind alle Komponenten der neuen Gruppe in Mattschwarz gehalten, nur die Hebel glänzen leicht.
Unverändert gut funktioniert das DoubleTap-Schaltprinzip: Paddel antippen = schwerer Gang, Paddel durchdrücken = leichterer Gang, wobei in Richtung „leicht“ bis zu drei Gänge geschaltet werden können. Dabei fällt auf, wie geschmeidig die Kette auf dem 11-44er Kranz hin und her wandert. Im Vergleich zur alten Apex 11 fallen an den größten Ritzeln neu gestaltete Steighilfen auf, sodass auch die sechs Zähne von 32 auf 38 und 44 ohne Hakeln überwunden werden können.
Im Vergleich zum Elffach-Kranz hat die neue Version den Vorteil engerer Schaltschritte im schnellen Bereich – 11-12-13-15 statt 11-13-15. Der leichtere Berggang (44 statt 42 Zähne) kommt durch größere Sprünge zustande: 32-38-44 statt 32-36-42. Letztlich ist der Unterschied bei der Übersetzung nicht riesig, sondern nur eines der Elemente, die die neue SRAM Apex 12 interessant machen. Dazu gehört auch, dass die Zwölffach-Kassette mit ca. 430 Gramm über 100 Gramm leichter ist als ihre Elffach-Vorgängerin.
Kompatibel mit Rennrad-Komponenten
Ein Vorteil der neuen Gruppe ist auch, dass die Zwölffach-Kassette auf einen konventionellen Shimano-HG-Freilaufkörper passt. Man braucht also keinen XDR-Körper wie für die SRAM-Road-Kränze, die mit einem 10er Ritzel beginnen. Von der alten auf die neue Apex „upzugraden“, ist damit relativ einfach. Gleichzeitig sind die Rennrad-Kassetten der Marke prinzipiell kompatibel mit dem mechanischen System – jedenfalls die Variante 10-36, die SRAM offiziell freigibt. Für 10-33, 10-30 und 10-28 gibt es keine Freigabe, was aber nicht heißt, dass es nicht funktioniert.
Leistungsmessung für kleines Geld
Interessant ist die Option, ein linksseitig messendes Powermeter nachzurüsten, wie es SRAM nun für Force, Rival und eben Apex anbietet. Die Messtechnik in der Tretlagerwelle ist jeweils identisch, nur der fest mit dieser verbundene linke Kurbelarm gruppenspezifisch. Die Apex-Variante des Powermeters kostet offiziell 230 Euro und ist damit eine der preiswertesten Optionen der Wattmessung überhaupt.
Etwas leichter als Apex 11
SRAM gibt das Gewicht der kompletten Apex 12 XPLR mechanisch mit knapp 2.900 Gramm an. Im Vergleich zur alten Apex ist sie gut 100 Gramm leichter geworden: Kassette und Kurbelsatz haben zusammen 200 Gramm weniger auf den Rippen, allerdings ist der Hebelsatz mit Bremssätteln bei der neuen Gruppe rund 140 Gramm schwerer. Etwa 30 Gramm wurden beim Schaltwerk eingespart. Die Carbon-Komponenten der US-Marke sind natürlich leichter; allerdings wiegt der neue Force-Kurbelsatz auch nur 100 Gramm weniger. Ein Rad mit mechanischer Apex muss also gar nicht mal viel schwerer sein als eines mit SRAM Force AXS. Auch in dieser Hinsicht beweist die Mechanik, dass sie nach wie vor konkurrenzfähig ist.
Damit passt die SRAM Apex 12 mechanisch nicht nur an einen klassischen Stahl-Graveller wie das Ritchey Outback, das bei SRAM in Schweinfurt mit der neuen Gruppe aufgebaut wurde. Was die Industrie mit den Komponenten macht, bleibt abzuwarten – die mechanische Apex könnte an Alu-Bikes ab 2.000 Euro und Carbonrädern ab 3.000 Euro zu finden sein, wobei sie natürlich mit ihrer kaum teureren elektronischen Schwester konkurriert. Wer sich jedoch ein Gravelbike individuell aufbauen möchte, ist mit der mechanischen Zwölffach-Gruppe gut beraten – im Handel ist sie wie gesagt bereits erhältlich. Man kann durchaus der Meinung sein, dass die SRAM Apex XPLR die derzeit beste mechanische Schaltgruppe fürs Gravelbike ist.