Merida Silex 2024: Der Nachfolger des bereits mehrere Jahre alten Silex behält die Formensprache des leichten Gravelbikes bei, wurde aber im Detail deutlich weiterentwickelt. Soeben mit WM-Lorbeer geadelt, ist das neue Silex jedoch keineswegs ein reinrassiges Gravel-Racebike – in manchen Details ist es nun sogar näher am MTB.
Dass die letztjährige (und erste) Gravel-WM auf einem Straßenrad gewonnen wurde, hat sicher so manchen Hersteller aufgeschreckt – und ein Schlaglicht darauf geworfen, dass viele aktuelle Gravelbikes eher „Trail“ als „Race“ sind, also eher in Richtung MTB gehen als in Richtung Rennrad. Auch auf dem Merida Silex saß man bislang eher kommod. Das kantige Carbon-Leichtgewicht fiel zwar mit langem Oberrohr auf, allerdings stand dem bereits in Rahmengröße M ein 200 mm langes Steuerrohr gegenüber. Dazu kam ein eher kurzer Vorbau, was insgesamt zu einer kompakten, komfortablen Haltung führte.
Merida Silex 2024: Neues Gravelbike mit WM-Titel
Jetzt ist der Nachfolger da, und dass dieses Gravelbike eher auf den sportlichen Einsatz zugeschnitten ist, zeigte es bereits bei der Gravel-Weltmeisterschaft dieses Jahres: Am 11. Oktober fuhr Matej Mohorič vom Team Bahrain Victorious auf dem neuen Silex ins Regenbogentrikot. Nun wurde das Rad offiziell vorgestellt, und die Unterschiede zum Vorgänger sind zahlreich und offensichtlich.
Merkliche Geometrie-Änderungen und mehr Reifenfreiheit
Zunächst zur Geometrie: Das Oberrohr des Silex ist länger geworden, das Steuerrohr kürzer, wobei letzteres zum Teil von einer höher bauenden Gabel kompensiert wird. Diese Anpassung erlaubt beim neuen Silex die Montage einer Gravel-Federgabel. Deutlich flacher wurde der Lenkwinkel, was überrascht – mit 69,5° über alle Rahmengrößen hinweg ist er schon ziemlich MTB-mäßig; wie sich das aufs Lenkverhalten auswirkt, wird ein baldiger Praxistest zeigen. Minimal steiler geworden ist der Sitzwinkel, der jetzt 74,5° misst.
Alu-Modell mit Shimano GRX820 1×12
Das Silex Alu ist auch mit der neuen Shimano GRX 1×12 verfügbar – so kostet es mehr als die günstigste Carbon-Variante.Wie bisher gibt es auch das neue Silex in einer Carbon- und einer Alu-Variante. Seinen kantigen Formen ist es treu geblieben; dazu gibt es diverse Verbesserungen, die beiden Modellen zugutegekommen sind. Bremsleitungen und Schaltzüge laufen nun von oben ins Steuerrohr, womit der Rahmen sehr aufgeräumt aussieht. Beim Alu-Rahmen wird der Schaltzug nun in der rechten Kettenstrebe geführt; diese ist bei beiden Varianten nach unten gezogen, was bis zu 45 mm breite Reifen sowie ein Doppelkettenblatt ermöglicht.
Eine 650B-Variante sieht Merida ausdrücklich nicht vor, was durchaus verständlich ist: Das zusätzliche Reifenvolumen würde man sich nämlich durch Nachteile wie ein tieferes Tretlager erkaufen. Wer mit Schutzblechen fahren will, kann immer noch 42 mm breite Reifen montieren. Der für das Schutzblech vorgesehene Steg zwischen den Sitzstreben ist beim Carbonrahmen nun angeschraubt, beim Alu-Rahmen fest mit diesem verbunden.
Zusätzliche Montagemöglichkeiten
Beide Rahmen bieten zusätzliche Montage-Optionen: Vorne auf dem Oberrohr gibt es nun die typischen zwei Gewindeborungen; hintern unterm Oberrohr kann auf die gleiche Weise eine Tasche oder ähnliches befestigt werden. Beim Silex Carbon gibt es außerdem die Möglichkeit, einen Adapter für magnetische Fidlock-Flaschen zu montieren, der dann glattflächig im Rahmen sitzt. An der Gabel finden sich nun jeweils drei Gewindebohrungen für Trägersysteme statt wie bisher nur zwei; außerdem kann man nun ein Dynamokabel durchleiten.
Kühlrippen und 180er Bremsscheibe
Die markanten Kühlrippen, die am alten Silex unter dem hinteren Bremssattel saßen, sind beim neuen Modell an die Gabel gewandert. Merida setzt je nach Modell auf 180-mm-Bremsscheiben vorne wie hinten oder 180 vorne und 160 hinten. Man kann sich getrost fragen, ob man das am Gravelbike wirklich braucht.
Große Modellvielfalt von Luxus bis Budget
Insgesamt sieben Ausführungen umfasst die Modellpalette des Silex 2024, vier Carbon- und drei Alu-Bikes. Topmodell ist das Silex 10K, das voraussichtlich 9.599 Euro kosten wird. Dafür gibt es eine SRAM Red AXS nebst elektronischer Dropper Post sowie einen Carbon-Radsatz. Mit 5.499 Euro ein gutes Stück darunter angesiedelt ist das Silex 8000, dessen Komplettierung noch nicht bekannt gegeben wurde. Dieses Rad dürfte mit SRAM Force AXS in die Rad-Shops kommen. Das Silex 7000 für 3.249 Euro ist mit der neuen Shimano GRX RX820 mit 1×12 Gängen sowie Alu-Radsatz von Easton ausgestattet.
Das günstigste Carbon-Modell ist das Silex 4000 mit Shimano GRX 400/600 und 2×10-Gang-Schaltung (2.349 Euro), komplettiert durch einen Tubeless-Radsatz mit 23 mm Felgenmaulweite. Dieses Rad ist interessanterweise billiger als das teuerste Alu-Modell, das Silex 700 für 2.599 Euro. Seine Ausstattung entspricht 1:1 der des Silex 7000 – Shimano GRX 1×12 und Easton EA70 AX, dazu Merida-Anbauteile. Das Silex 400 macht es ebenso; mit Shimano GRX 400/600 2×10 kostet es 1.699 Euro. Mit mechanischen Discs und Shimano Sora 2×9 rundet das Silex 200 (1.349 Euro) die Range nach unten ab.
Das Merida Silex 2024: Rennerprobt, doch kein reiner Gravel-Racer
Interessante Neuerungen bietet das Merida Silex 2024 allemal; gerade das Alu-Modell scheint deutlich aufgewertet. Trotz Sieg bei der Gravel-WM ist dies jedoch kein reiner Gravel-Racer. Details wie der flache Lenkwinkel, die eher im Kleingedruckten erwähnte Kompatibilität mit Federgabeln sowie die verbesserten Anbaumöglichkeiten zeigen, dass der Hersteller seine neuen Modelle breit aufstellen will. Dass es mehr Menschen gibt, die ihr Gravelbike für lockere Offroad-Touren oder Bikepacking-Trips nutzen, als richtige Gravel-Rennfahrer (-innen), lässt sich vielleicht auch daran ablesen, dass Matej Mohorič kein Serienrad fuhr: An seinem Silex waren mit einer Shimano Dura-Ace Rennrad-Komponenten verbaut. Werbung fürs Graveln und für das neue Silex hat er aber dennoch gemacht…