Stevens Camino im Test: Das Carbon-Gravelbike von Stevens gefällt mit gelungenem Rahmen und wirklich guter Ausstattung, zu deren Highlights die Shimano GRX 2×12 gehört. Die Reifenfreiheit ist vorbildlich, der Preis überraschend gering. Und auch beim Gewicht können die Hamburger punkten.
Bei Stevens in Hamburg sind Gravel und Cyclocross klar getrennte Bereiche. Mit dem mehrfachen Deutschen Meister und Masters-Weltmeister Jens Schwedler hat die Marke seit Jahrzehnten einen sympathischen Vorzeige-Athleten an Bord, der den Cross-Sport und Bikes der Marke perfekt verkörpert. Und so sieht man Stevens-Crossräder allenthalben im Rennsport, während ein bekannter Wettbewerber aus Niedersachen beim Crossen inzwischen das Handtuch geworfen hat und die Nische zwischen Rennrad und Gravelbike leer lässt.
Stevens Camino: Gute Ausstattung und attraktiver Preis
Aktuell bietet Stevens das Camino in drei Varianten an. Daneben gibt es mittlerweile sieben Alu-Gravelbikes, von denen zwei mit Licht und Schutzblechen ausgestattet sind. Neu bei den Carbon-Bikes ist das rennmäßige Camino AXS mit SRAM Force und Zipp-Carbonlaufrädern, doch auch beim günstigsten Modell, dem Stevens Camino, hat sich etwas getan. Das preisaggressives Carbonrad im Sortiment, das in Sachen Ausstattung und Details eigentlich keine Wünsche offen lässt, ist nu nämlich mit Shimano GRX 2×12 erhältlich – und das ganz ohne die üblichen Preissteigerungen.
„Squoval“-Rohre und integrierte Klemmung
Am Rahmen in Schwarz-Aubergine (genannt „Cold Magma Red“) gefallen viereckige Rohre mit gerundeten Kanten und der organisch anmutende Sitzrohrknoten mit integrierter Klemmung. Drei Flaschenhalter, Trägersysteme und Schutzbleche lassen sich anbringen, außerdem eine kleine Oberrohrtasche.
Die Rahmengeometrie unterscheidet sich deutlich von jener der Stevens-Crosser mit deutlich längerem Steuerrohr wie Oberrohr. Trotz des kurzen Vorbaus sitzt man leicht gestreckt auf dem Rad, aber nicht sehr tief. Dabei ist das Stevens angenehm handlich, auch wenn Radstand und Kettenstreben eher lang sind. Gut so, denn zwar schreibt der Hersteller eine maximale Reifenbreite von 45 mm vor, doch auch fette 2.1-Zöller (53 mm) passen durch Gabel und Hinterbau, ohne dass es übertrieben eng wird. Zumindest an trockenen Tagen, wo sich kein Matsch am Rad festsetzt, lässt sich das Camino damit auch auf anspruchsvollen Trails fahren.
Großer Übersetzungsumfang mit Shimano GRX 2×12
Seine Macher hatten allerdings etwas anderes im Sinn. Mit Shimanos neuer 2×12-Schaltung (46/30 Zähne vorne, 11-34 hinten) scheint das Stevens ideal für lange Touren auf wechselndem Terrain, wo man einerseits eine große Übersetzungsbandbreite wünscht, andererseits aber enge Gangsprünge. Für den Wechseln zwischen Gelände-Passagen und Asphalt-Abschnitten ist so ein Getriebe optimal, und das spricht beispielsweise Radfahrende an, die lange Touren mit Gepäck unternehmen. Auch die Bereifung – Conti Terra Speed mit zurückgenommenem Profil – ist ein guter Kompromiss zwischen on- und offroad. Reifen wie Fulcrum-Radsatz lassen sich erfahrungsgemäß einfach auf tubeless umrüsten.
Stevens Camino: Interne Zugverlegung und schmaler Lenker
Vortriebsstark, handlich und mit einem 42 cm breiten, leicht ausgestellten Lenker versehen, hat das Camino durchaus Rennrad-Allüren. Der Oberlenker ist mit dickem Band umwickelt und leicht zum Fahrer hin gebogen, was beides sehr angenehm ist; trotz Alu-Sattelstütze ist das Rad am Heck nicht zu hart. Am Cockpit gefällt die interne Zugverlegung, die wiederum beim Gepäcktransport – Stichwort Lenkertasche – auch funktionell ein Plus ist.
Der Shimano-GRX-Mix – 610er Hebel und Kurbelsatz, 400er Bremsen und 820er Schaltwerk und Umwerfer – funktioniert wie üblich tiptop; auch wer deutlich mehr investiert, bremst und schaltet kaum besser. Mit 9,56 Kilo (zzgl. Pedalen) ist das Rad außerdem relativ leicht, zumal für den knappen Preis. Dass das Camino mittlerweile über ein Zwölffach-Getriebe verfügt, macht die Sache noch interessanter. Viele Wettbewerber verbauen nämlich nach wie vor die 2×11-Systeme von Shimano – und die sind nun natürlich nicht mehr ganz aktuell.