Radsport: Überraschung in Roubaix! Der Australier Mathew Hayman (Orica-GreenEdge) hat Paris-Roubaix gewonnen. Der 37-jährige zeigte ein extrem starkes Rennen und setzte sich im Velodrome im Sprint gegen Tom Boonen (Etixx-Quick-Step) und Ian Stannard (Team Sky) durch. Fabian Cancellara (Trek-Segafredo) stürzte 50km vor dem Ziel und kam abgeschlagen ins Ziel. Auch Straßenweltmeister Peter Sagan (Tinkoff) hatte mit der Entscheidung nichts zu tun.
Großartiger Radsport in der Hölle des Nordens von Paris – Roubaix. Ein abwechslungsreiches Rennen mit viel Action, viel Taktik, einigen Überraschungen und einem packenden Finish im Velodrome wird jedem Zuschauer und Fahrer im Gedächtnis bleiben. Um kurz nach 10:30 Uhr fiel bei sonnigen Bedingungen aber teils starken Wind der Startschuss auf die 257km bis nach Roubaix, wo John Degenkolb (Giant-Alpecin) im letzten Jahr triumphierte, heute aber verletzungsbedingt nicht antreten konnte.
Die große Schwierigkeit der ersten 100km, vor den ersten Pavé-Sektoren war der zeitweise heftige Seitenwind, der das Feld immer wieder in kleine Gruppen zersplittern ließ und das eigentlich entspannte Vorgeplänkel bereits richtig schwierig machte. Zu Beginn des ersten Sektors nach 95km fuhr an der Spitze eine 15-köpfige Fahrergruppe mit einem verhältnismäßig kleinen Vorsprung von etwas mehr als 30 Sekunden an der Spitze des Feldes. Ein entscheidender Moment des heutigen Rennens kam bereits recht früh im Rennen, in Sektor 21 – im vorderen Teil des Hauptfelds kamen mehrere Profis zu Fall und blockierten die enge Straße. Dahinter fuhren unter anderem Peter Sagan und Fabian Cancellara, die durch diesen Sturz aufgehalten wurden – die Situation nutzte die Mannschaft von Etixx-Quick-Step die mit Tony Martin und Tom Boonen vor den Gestürzten gefahren waren und jetzt das Tempo forcierten. Es bildete sich daraufhin eine Gruppe in der auch LottoNL-Jumbo mit fünf Fahrern, darunter Tagesfavorit Sep Vanmarcke, und die britische Sky-Mannschaft stark vertreten waren.
In den folgenden Kilometern arbeitete Tony Martin in unnachahmlicher Manier für seinen Kapitän und riss die Lücke zu den Verfolgern mit Cancellara und Sagan immer weiter auf, die nun in einer komplizierten Situation und von ihren Helfern überwiegend isoliert waren. Zwischenzeitlich konnte Jasper Stuyven für Cancellara einige Sekunden gut machen, doch kam von der russischen Tinkoff-Mannschaft keinerlei Unterstützung und auch die übrigen Fahrer hatten nur wenig Interesse daran, die Lücke zur Gruppe um Boonen, Vanmarcke, Stannard und Hayman zu schließen.
Nach einiger Zeit sahen Cancellara und Sagan dann keine andere Chance mehr und ergriffen selbst die Initiative. Der zuvor mehr als eine Minute betragende Vorsprung schmolz daraufhin auf etwas mehr als 30 Sekunden zusammen, doch gelang es auch den beiden Topfahrern nicht, die Ausreißer einzuholen. Kilometer um Kilometer verstrich und während an der Spitze inzwischen der heute bärenstarke Robert Wagner für seinen Kapitän Sep Vanmarcke das Tempo machte, war in den Gesichtern von Sagan und Cancellara immer mehr die Ratlosigkeit zu sehen. Knapp 60km vor der Einfahrt ins Velodrome musste Cancellara dann schließlich seine Siegträume endgültig begraben: Der Schweizer stürzte an einer nass-schmierigen Stelle und riss seinen Helfer Jasper Styuven mit zu Boden. Peter Sagan gelang es zwar auf dem Rad zu bleiben und verlor wenig Zeit, doch hatte der Weltmeister nun seinen einzigen Unterstützer verloren und musste weitestgehend auf sich allein gestellt den Rückstand von knapp einer Minute auf die starke Spitzengruppe gut machen – eine Mammutaufgabe.
Das Bild an der Spitze hatte sich zwischenzeitlich etwas gewandelt: Nachdem zuvor vor allem Etixx – Quick-Step und LottoNL-Jumbo das Tempo bestimmt hatten, übernahm nun Sky das Kommando. Mit vier Fahrern inklusive ihres Kapitäns Ian Stannard hielt das britische Team alle Karten in der Hand. Doch einmal mehr zeigte sich, dass gerade ein Rennen wir Paris – Roubaix sich zu jedem Zeitpunkt ändern kann: Innerhalb von nur drei Kilometern stürzten die Sky Profis zwei Mal und büßten damit ihre dominante Position ein, auch wenn alle das Rennen fortsetzen konnten.
Auf dem letzten 5-Sterne Sektor des Tages knapp 20km vor dem Ziel kristrallisierte sich schließlich die entscheidende Gruppe des Tages heraus: Sep Vanmarcke attackierte und konnte sich aus der Spitzengruppe absetzen. Tom Boonen, Edvald Boasson Hagen, Ian Stannard und Mathew Hayman nahmen die Verfolgung auf, während die übrigen Fahrer zurückfielen. Sagan hatte im übrigen inzwischen die Hoffnung aufgegeben und fuhr in der zweiten Gruppe ca. eine Minute hinter der Spitze. Es folgte ein großartiges Finale – zuerst wurde Vanmarcke wieder kassiert, nur um kurze Zeit erneut erfolglos zu attackieren. Es folgten Angriffe von Ian Stannard, Tom Boonen und Mathew Hayman – jedoch alle ohne die letzte Durchschlagskraft nach einem extrem kräftezehrenden Rennen. Im Velodrom war das Quintett schließlich wieder beisammen. Der 37-jährige Australier Hayman war es am Ende, der den Sprint anzog und seine Position vor Tom Boonen und Ian Stannard verteidigen konnte. Es ist der größte Sieg in der Karriere des Profis von Orica-GreenEDGE.
Fahrer | Land | Team | Zeit | |
---|---|---|---|---|
1. | Matthew Hayman | Australien | Orica-GreenEDGE | 05:51:53 |
2. | Tom Boonen | Belgien | Etixx - Quick-Step | |
3. | Ian Stannard | Großbritannien | Team Sky | |
4. | Sep Vanmarcke | Belgien | LottoNL-Jumbo | |
5. | Edvald Boasson Hagen | Norwegen | Team Dimension Data | 00:00:03 |
6. | Heinrich Haussler | Australien | IAM Cycling | 00:01:00 |
7. | Marcel Sieberg | Deutschland | Lotto Soudal | |
8. | Aleksejs Saramotins | Litauen | IAM Cycling | |
9. | Imanol Erviti | Spanien | Movistar | 00:01:07 |
10. | Adrien Petit | Frankreich | Direct Energie | 00:02:20 |