Rocky Mountain Pipeline: Rahmen und Geometrie
Das Rocky Mountain Pipeline basiert auf dem 29″ Bike Instinct, unterscheidet sich aber dennoch in einigen Punkten von seinem Vorbild. So hat man dem Pipeline einen komplett neuen Hinterbau verpasst, in den – nicht wie bei einigen anderen Herstellern – Plusreifen nicht nur mit Mühe und Not, sondern perfekt reinpassen: Platz gibt’s hier für Schlappen mit bis zu 3,25″ – da ist selbst bei breiten 3″ern noch genügend Platz für Dreck und Schlamm. Apropos Hinterbau: Der besteht im Gegensatz zum Hauptrahmen aus Aluminium, ist dank der schönen Verarbeitung optisch aber kaum als solcher zu identifizieren. Der Smoothwall Carbonrahmen gefällt gerade im satten Orange unseres Testbikes ausgesprochen gut und hat natürlich auch einige technische Finessen zu bieten.
Über Boost Standard und innenverlegte Züge müssen wir hier gar nicht mehr viele Worte verlieren – das gehört inzwischen schon fast zum Standard. Anders verhält es sich mit dem Ride9 System von Rocky Mountain. Dahinter verbirgt sich die hauseigene Geometrieverstellung der Kanadier. Flipchips an der Dämpferaufnahme erlauben es dem Fahrer, die Geometrie in insgesamt neun Positionen einzustellen. Verändert werden dabei nicht nur Sitz- und Lenkwinkel, sondern auch Reach und Stack wachsen bzw. schrumpfen entsprechend mit. Die Einstellung erfolgt per Inbusschlüssel und ist schnell vorgenommen.
Die 130mm Federweg im Heck treffen auf 150mm an der Front und versprechen in Kombination mit den Plusreifen ein potentes und spaßiges Bike, das auch vor Ausflügen in heftigere Gefilde nicht zurückschrecken muss.
Geometrie Rocky Mountain Pipeline
S | M | L | XL | XXL | |
Sitzrohr (in mm) | 394 | 432 | 470 | 508 | 546 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 548 | 572 | 595 | 620 | 645 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 110 | 120 | 130 | 145 |
Kettenstrebe (in mm) | 443 | 443 | 443 | 443 | 443 |
Radstand (in mm) | 1119 | 1144 | 1168 | 1194 | 1220 |
Lenkwinkel (in °) | 67.2-68.8 | 67.2-68.8 | 67.2-68.8 | 67.2-68.8 | 67.2-68.8 |
Sitzwinkel (in °) | 73.7-75.5 | 73.7-75.5 | 73.7-75.5 | 73.7-75.5 | 73.7-75.5 |
Reach (in mm) | 372-390 | 394-412 | 413-432 | 436-454 | 458-476 |
Stack (in mm) | 597-610 | 607-619 | 617-629 | 626-638 | 636-654 |
Bei der Geometrie sticht das Rocky Mountain Pipeline durchaus aus der Masse hervor: Die einen mögen es konservativ nennen, andere wiederum begrüßen sicherlich, dass die kanadischen Entwickler nicht jedem Trend blind hinterherrennen. In Zahlen gesprochen: Das Pipeline ist kurz. Der Reach ist gute 2-3cm kürzer als bei vergleichbaren Konkurrenten. Der Lenkwinkel ist selbst in der flachsten Einstellung eher steil, die Streben für ein Plusbike mit etwas über 440mm aber recht kurz. Insgesamt kann man vom Pipeline viel Agilität erwarten.
Rocky Mountain Pipeline: Ausstattung
Rahmen | Smoothwall Carbon / Alu Hinterbau / Boost |
Federgabel | Rock Shox Yari RC 150mm |
Dämpfer | Rock Shox Monarch RT Debonair |
Laufräder | SUNringlé Naben / Alex XM35 Felgen |
Reifen VR | Maxxis Rekon EXO 27.5 x 2.8 |
Reifen HR | Maxxis Rekon EXO 27.5 x 2.8 |
Schaltwerk | Shimano XT 11-fach |
Schalthebel | Shimano XT 11-fach |
Kurbel | Race Face Aeffect SL Cinch 28t |
Umwerfer | |
Bremse | Shimano M506 |
Bremsscheiben | Shimano RT66 180mm |
Sattelstütze | Rock Shox Reverb 150mm |
Sattel | WTB Volt Race |
Vorbau | Rocky Mountain AM |
Lenker | Rocky Mountain AM 760mm |
Mal ganz ehrlich: Rocky Mountain ist nicht unbedingt bekannt dafür, besonders preisgünstige Bikes zu bauen. Gerade hierzulande sind die Räder der kanadischen Kultschmiede eher im oberen Preissegment angesiedelt. Umso erfreuter waren wir, dass wir mit dem Pipeline 750 MSL einen Kandidaten unter 4.000€ für unseren Test im Portfolio gefunden haben – sogar mit Carbonrahmen! Und man muss ehrlich sagen, die Ausstattung ist zwar nicht besonders Edel, aber durchweg solide und richtig derbe Schnitzer findet man keine.
Das Fahrwerk kommt komplett von Rock Shox – die Yari RC an der Front bietet 150mm Federweg, ein stabiles Chassis und 35mm Standrohre für ordentlich Steifigkeit. Auf Charger-Dämpfung muss man verzichten, doch abhängig vom Gelände kommt man auch mit der einfacheren Motion Control bestens zurecht. Der Monarch RT Dämpfer lässt sich per Daumenhebel einfach locken und verpasst dem Pipeline etwas mehr Effizienz während langer Anstiege.
Der Antrieb mit einem Kettenblatt kommt von Shimano: Das XT-Schaltwerk lässt die Kette auf der 11-42 XT Kassette hin und her gleiten und für die nötige Präzision ist dank XT-Shifter ebenfalls gesorgt. Bei der Kurbel hat man sich für die Aeffect von den kanadischen Landsleuten von Race Face entschieden, auf der ein Kettenblatt mit 28 Zähnen montiert ist. Die Übersetzungsbandbreite ist nicht sonderlich groß, aber dank des kleinen Kettenblatts sind steile Anstiege kein so großes Problem – eher dürfte dem einen oder anderen in der Ebene ein Gang fehlen.
Die Laufräder bestehend aus SunRinglé Naben und Alex Rims Felgen mit 35mm Innenweite sind keine Leichtgewichte, bieten den Reifen aber viel Halt, sind stabil und kommen direkt mit Tubelesskit. Die 2,8er Maxxis Rekon Reifen sind noch recht neu, aber in gewisser Weise die Plus-Allrounder des Gummispezialisten. Insofern überrascht es auch nicht großartig, dass er Reifen vorn wie hinten zum Einsatz kommt.
Ebenfalls nicht fehlen darf bei einem Rad wie dem Pipeline natürlich die Variostütze: Mit der Reverb von Rock Shox vertraut man auf bewährte Technik und macht hier unserer Ansicht nach auch nichts falsch. Insgesamt ist die Ausstattung wie bereits erwähnt zweckmäßig, solide und man kann direkt loslegen, ohne noch irgendwo nach- oder aufrüsten zu müssen.
Rocky Mountain Pipeline: Auf dem Trail
Einig waren sich alle unsere Tester, dass das Rocky Mountain Pipeline einfach verdammt sexy ist. Die Proportionen sehen stimmig aus, Farbe und Linienführung sind toll und man bekommt direkt beim Anschauen richtig Lust, sich auf den Sattel bzw. den Trail zu schwingen. Das Rocky bestätigte in der Praxis dann auch weitestgehend das, was man aus den Geometriedaten herauslesen kann: In flowigem Gelände mit vielen Kurven, Tables und unzähligen kleineren und größeren Unebenheiten, die zum Abziehen einladen, ist das Pipeline voll in seinem Element. Der kurze Rahmen spielt hier seine Vorteile aus und versprüht ein agiles Fahrgefühl. Etwas Vorsicht ist jedoch in schnellen, flachen Kurven geboten: Hier neigen einerseits die Plusreifen etwas zum Wegknicken, andererseits untersteuert das Rad wegen des recht steilen Lenkwinkels schnell. Hier ist Feingefühl gefragt.
Je nach Position auf dem Rad und Fahrstil kam es während unseres Tests immer wieder dazu, dass sich die Fahrer an der recht breiten Wippe die Knie anstießen. Das ist sicherlich auch Gewohnheitssache und trifft wohl kaum auf jeden Fahrer zu.
Wird es ruppig und steil, bekommt das Rocky ein wenig Probleme. Es verlangt nach einem aktiven Fahrstil und viel Bewegung auf dem Rad, um hier im Zaum gehalten zu werden und wirkt einfach etwas nervös. Das liegt jedoch keineswegs am hervorragend funktionierenden Hinterbau, sondern auch hier macht sich wieder die Kombination aus kurzem Reach und steilem Winkel bemerkbar. Zusätzlich neigt die Yari an Stufen ein wenig zum Durchsacken, was das Gefühl noch ein wenig verstärkt. Einige unserer Tester hätten sich zudem einen breiteren Lenker als den verbauten 760mm gewünscht.
Im Uphill zeigte sich das Rocky Mountain Pipeline überraschend flink und trotz der schweren Laufräder und Reifen kletterte der orange Trailblitz willig auch an steilen Rampen.
Die Ausstattung selbst machte während des Tests eine durchaus gute Figur: Die M506 Bremsen von Shimano gewinnen zwar keinen Poser-Preis von der Eisdiele, machen ihren Job aber zuverlässig und auch die 180er Scheiben sind für die meisten Einsatzbereiche ausreichend. Schwere Fahrer sollten vielleicht dennoch über 203mm an der Front nachdenken. Der Antrieb funktioniert wie wir es von Shimano gewohnt sind, tadellos. Lediglich die etwas eingeschränkte Bandbreite limitiert auf der Ebene ein wenig. Hier könnte man mit einer 11-46 Kassette und einem größeren Kettenblatt etwas Abhilfe schaffen. Übrigens: Umwerfer lassen sich am Pipeline nicht montieren.
Die Reifen überzeugten während unseres Tests durchaus und bestätigten ihren Ruf als Allrounder. Lediglich wenn der Boden etwas tiefer und die Verhältnisse nasser werden, bekommen sie etwas Probleme.