Vor wenigen Wochen hatte ich im Rahmen der Präsentation des WorldTour-Teams Lampre-Merida auf Mallorca die Möglichkeit, einige der Teamräder zu testen. Dabei gab es auch die Chance, das Klassikerrad von Filippo Pozzato genauer unter die Lupe zu nehmen. Zugegeben, das Angebot klang verlockend. Letzten Endes habe ich mich aber dagegen entschieden – aus gutem Grund. Zwar wäre mir die Rahmengeometrie durchaus entgegen gekommen, allerdings hätte sie wenig Aufschluss über die Fahreigenschaften des handelsüblichen Rahmensets gegeben, auf welches die restlichen Klassikerfahrer des Teams zurückgreifen.
Ausstattung
Das Rahmenset meines Testrads basiert auf dem Ride Carbon Pro-E-Rahmen und der entsprechenden Superlite-Gabel. Neben einer kompletten Shimano Dura-Ace 9070 Di2 ist zudem eine Kurbelgarnitur des Teamausrüsters Rotor verbaut. In meinem Fall ist die eine 3D Plus samt den dazugehörigen Q-Rings der Spanier. Das Übersetzungsverhältnis der Blätter beträgt 52 zu 34 Zähne. Die Kassette weist eine Spreizung von 11 auf 28 Zähne auf.
Die handgefertigten Fulcrum Racing Zero-Laufräder verfügen neben der üblichen Carbonnabe auch über eine markante Fräsung in Höhe der Speichenaufnahme. Durch diese sollen die Laufräder einerseits leichter und andererseits reaktiver werden. Bestückt sind die Racing Zero mit den robusten Continental Grand Prix 4000S, die dank ihrer Breite von 25 Millimetern einen guten Allroundeindruck hinterlassen.
An der Front kommt ein 42 Zentimeter breiter K-Force Compact OS-Lenker und ein 120 Millimeter langer OS-99-Vorbau mit einer Neigung von sechs Grad zum Einsatz. Beide FSA-Produkte wirken für die Rahmengröße 54 gut gewählt. FSA liefert auch die Sattelstütze. Mit einem Durchmesser von 27,2 Millimetern verfügt die K-Force Lite SB25 über einen angenehmen Flex und passt sich so angenehm in das Rahmenkonzept ein. Der Sattel stammt von Prologo. Hier ist mit dem Scratch Pro Tirox ein relativ komfortables Modell montiert.
Praxis
Das Merida Ride CF Team soll vor allem dann glänzen, wenn der Untergrund schlechter und die Leistung dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn auch auf schweren, hügeligen Strecken können im Amateurbereich komfortable Räder meist mehr punkten, als ihre oft sehr harten Aeropendants.
Der Norden Mallorcas bietet für beide Aspekte ein gutes Testrevier. Mit den Anstiegen der Serra Tramuntana vor Augen, beschreibt meine Testroute von Alcudia aus zunächst einen Bogen in Richtung Süden. Über Sa Pobla und Campanet führt der Weg bis Caimari, wo mich die Serpentinen des Sa Bataia in Empfang nehmen. Von dort aus fahre ich weiter in Richtung Sa Calobra, bevor ich auf dem Rückweg zum Hotel nicht nur das Kloster Lluc einen Blick zuwerfe, sondern mich auch dem Wind der Buchten von Pollenca und Alcudia stelle. Die Runde mag zwar mit ihren etwa 120 Kilometern nicht unbedingt die längste sein, mit mehr als 2.000 Höhenmetern hat sie es dennoch in sich. Da ich dem Rad aber gleichfalls eine Chance auf rauerem Untergrund geben möchte, führe ich es zum Abschluss des Tests noch an das Cap de Formentor aus. Der Straßenbelag ab Formentor wurde gefühlt das letzte Mal vor zwanzig Jahren erneuert und erweist sich dem Rad in Sachen Vibrationsabsorbierung als Gradmesser.
Das Rahmenset des Ride CF Team verfügt über eine Vielzahl technologischer Feinheiten, die zwar den Fahrkomfort erhöhen, das Rad aber dennoch agil und sportlich halten sollen. Die innenverlegten Züge sorgen darüber hinaus für eine aufgeräumte Optik.
An der Front ist ein konisch zulaufendes Steuerrohr verbaut. In Kombination mit der in der sogenannten Double Chamber-Technologie hergestellten Gabel, zeigt sich das Rad dadurch reaktionsfreudig, ohne dabei sonderlich hart zu wirken. Im Gegenteil, Unebenheiten schluckt die Gabel mit stoischer Ruhe. Präzise Lenkmanöver sind dabei auch in Kurven mit schlechtem Fahrbanbelag möglich.
Dem Komfort des Rades zuträglich sind zudem die in der Gabel und in den Stützstreben verbauten Flachs-Fasern. Diese verleihen sowohl der Front wie auch dem Heck einen gute Dämpfung. Am Hinterbau wird diese durch die niedrige Anbringung der Streben am Sitzrohr unterstützt.
Aufgrund des relativ langen Radstands zeigt sich das Ride CF Team sehr laufruhig. Mit einer Strebenlänge von 413 Millimetern im Vergleich zu den 405 Millimetern des Reacto Evo, Lampre-Meridas Aerorenner, ist das Rad alles andere, als ein Sprinter. Beschleunigen lässt es sich dennoch ziemlich passabel. Dies liegt hauptsächlich an dem markant geformten Tretlager. Die Q-Rings erweisen sich dabei im Tritt als relativ unauffällig, was sicherlich für all jene Fahrer ein Pluspunkt ist, die den Wechsel von normalen Blättern vollziehen wollen, allerdings Angst vor abrupten Trittrhythmen haben.
Weder im Flachen, noch in den Bergen lässt sich das Rad von Rhythmuswechseln beeindrucken. Vielmehr zeigt es sich als treuer Begleiter. Positionswechsel beantwortet das Ride CF Team sanftmütig. Abfahrten meistert es vertrauensvoll. Das ist schön, da sich auch weniger trainierte Fahrer auf diesem Rad längere Ausfahrten gönnen können, ohne am Abend über andere Schmerzen als den eventuellen Muskelkater zu klagen.
Die Sitzposition auf dem Rad ist zentral, aber sportlich. Dies entspricht ganz dem Komfortcharakter des Rades. Um dabei auch unter Druck eine aktive Position halten zu können, befinden sich auf dem Sattel kleine Noppen, die ein Verrutschen effektiv verhindern. Denn obwohl das Rad vor allem komfortabel ist, ein Renner steckt dennoch in ihm.
Fazit
Sicher, das Ride CF Team ist kein Kriteriumsspezialist. Das will es aber auch gar nicht sein. Seiner Rolle als gutmütiger Ausdauerhengst wird das Rad ohne Wenn und Aber gerecht. Laufruhig, aber dennoch reaktionsfreudig ist es damit für all jene Fahrer interessant, denen neben Fahrkomfort auch der sportliche Aspekt wichtig ist. Und diese Gradwanderung ist Merida mit dem Ride CF Team ziemlich gut gelungen.
Produkthighlights
- angenehme Laufruhe
- sehr gute Dämpfungseigenschaften
- hochwertige Ausstattung
Preis und Web
- 6.199,00 Euro (mit anderer Kurbelgarnitur)
- www.merida-bikes.com