Test: Die Firma Möve macht vor allem durch den Cyfly Antrieb auf sich aufmerksam. Das von uns getestete Franklin Pro Komplettrad kommt mit einer sehr guten Ausstattung und schicker Optik. Wir haben das Bike und natürlich das Cyfly System genau unter die Lupe genommen.
Das Unternehmen hinter Möve Bikes und Cyfly ist eigentlich auf komplexe Produkte für die Automobilindustrie, die Medizintechnik und den Maschinenbau spezialisiert. Die Entwicklungsabteilung besteht aus zwei Dutzend Ingenieuren, Produktdesignern und Fahrradentwicklern, die sich um die Wünsche von Auftraggebern wie BMW, Audi oder Siemens kümmern. Seit 2013 widmet sich das Team dem Cyfly Antrieb und Möve Bikes. Dazu holte man auch Spezialisten für Lagertechnik von Schäffler Technologies ins Boot und das Unternehmen Kappstein, welches in der Fahrradbranche bereits einen Namen hat.
Das Cyfly System kommt bis dato exklusiv an Rädern von Möve Bikes zum Einsatz. Aktuell gibt es je vier Urban und Trekking Modelle. Noch in diesem Sommer soll eine Mountainbike Plattform folgen und der Umbau von Liegerädern auf das Cyfly System soll ebenfalls möglich werden. Das Franklin in der Rohloff Variante ist das am stärksten verkaufte Modell.
Das Cyfly System
Wenn man so wie ich von Fahrradtechnik fasziniert ist, muss man Neuerungen einfach ausprobieren. Gerade in Sachen Antrieb tut sich immer wieder etwas. Ob es das Hammerschmidt Planetengetriebe in der Kurbel war, diverse ovale Kettenblätter und auch verschiedene Getriebe wie Pinion oder die G-Boxx von Nicolai – alles habe ich ausprobiert und mich teilweise auch damit anfreunden können. Das Cyfly hat mich zunächst gewaltig aus dem Tritt gebracht. Es ist schon ein deutlicher Unterschied zu konventionellen Systemen, vor allem im Bewegungsablauf.
Es wird der komplette Tretlagerbereich durch die Mechanik ersetzt, die aus über 100 Einzelteilen besteht. Ähnlich wie bei einem Rahmen für ein E-Bike wird am Knotenpunkt von Unterrohr, Sitzroh und Kettenstreben ein Bauteil angeschraubt, in dem der Antrieb sitzt. Darin befinden sich diverse Achsen, zwei Getriebe und zwei Koppelstangen. An zwei Exzentern und den Koppelstagen sitzen schließlich die Kurbeln. Der Spider ist wie gewöhnlich auf der rechten Seite und auf ihm ist ein elipsenförmiges Kettenblatt platziert.
Die Idee hinter Cyfly, wie ich sie verstanden habe: Je länger die Kurbel, desto mehr Drehmoment kann man auf die Kette bei gleicher Pedalkraft übertragen. Doch mit einer wachsenden Kurbellänge reduziert sich zunehmend die Bodenfreiheit, was vor allem in Kurven gefährlich werden kann. Und auch ergonomisch ist es unsinnig bzw. sogar schädlich.
Hardwarecheck: Komponeten und Details am Möve Franklin
Das Möve hat seinen Preis. Bei 3.995 Euro erwartet man aber auch einiges, schließlich gibt es dafür auch schon sehr ordentliche E-Bikes. Doch ein Rad mit Hilfsmotor ist ohnehin keine Konkurrenz für das Möve, denn wer sich ein Möve kauft, der möchte durch die Mechanik und eigene Kraft fahren, nicht begleitet durch das Surren eines Motors und mit Tankstopps an Steckdosen. Für ordentlich Vortrieb sorgen die verbauten Komponenten. Sattelstütze, Lenker und Vorbau kommen von Syntace. Der Name steht für wenig Gewicht und absolute Zuverlässigkeit. Jo Klieber, dem Kopf hinter Syntace, haben wir es unter anderem zu verdanken, dass es vernünftige Prüfverfahren für Fahrradkomponenten gibt.
Die Continental Top Contact Bereifung in 47 Millimetern Breite rollt leicht und gibt etwas Komfort. Montiert sind die Pneus auf Mavic XM824 Felgen. Diese sind hochwertig verschweißt und auch stabil genug fürs Gelände. Man kann sie sogar ohne Schlauch, also „Tubeless“ fahren, wie die Bereifung am PKW. Dabei verzichtet die Felge auf Haken, die Innenseite der Felgenwände sind also gerade. Das ist heute bei vielen hochwertigen Felgen der Fall und erlaubt einen besseren Sitz des Reifens und ein stabileres Felgenhorn. Drehen dürfen sich die Felgen auf einer bewährten Shimano XT Hinterradnabe, vorn um einen Nabendynamo der XT Baureihe. Bei Speichen und Nippeln verlässt man sich auf die Komponenten von Sapim aus Belgien.
Die Räder rollen also gut und werden von einer Shimano XT Schaltung mit elf Gängen in Schwung gehalten. Ich war dabei in praktisch jeder Fahrsituation voll zufrieden. Die Gänge wechseln weich und präzise, auch die Übersetzungsbandbreite reicht in den meisten Fällen aus. Mit Gepäck würde ich aber keine Touren in den Bergen antreten wollen. Beschleunigt man das Möve erst mal, so will man auch sicher sein, dass man ordentlich zum Stehen kommt. Auch bei der Bremsanlage kann man auf Bauteile der Shimano XT Reihe vertrauen. Diese bringen einen immer sicher zum Stillstand, auch aus höheren Geschwindigkeiten. Zudem sind sie fein dosierbar.
Die Anbauteile wie Schutzbleche, Gepäckträger und Beleuchtung werden oft nicht so stark beachtet, doch auch hier hat Möve seine Hausaufgaben gemacht. Solide, breite und klapperfreie Schutzbleche, die in Farbe und Form genau so gut ins Gesamtbild passen, wie der Gepäckträger. Dieser ist als Taschenhalter nahtlos aus Edelstahl gefertigt und zusätzlich pulverbeschichtet. Sollte die Ausfahrt doch länger dauern, so versorgt der Nabendynamo die Beleuchtung. Abstellen kann man das Rad dann auf einem stabilen Pletscher Seitenständer.
Selbst bei Details lässt sich Möve nicht lumpen. Hochwertige geschraubte Griffe, ein Sattel mit Nappaleder-Bezug, die formschönste Klingel die wir kennen (von Knog) und ein HexlockLkomplettset, das es Dieben erschwert, Komponenten zu entfernen. Die Bremsleitungen und das Schaltkabel sind in schwarzer Stahlflex-Optik ummantelt, die Lichtkabel werden in einem gut versteckten Kabelkanal unter dem Lenker geführt.
Wie fährt das Möve Franklin?
Den hohen Qualitätsanspruch der Macher spürt man deutlich. Das Franklin rollt sehr leise, nicht klappert, nichts vibriert. Das Rad fühlt sich sehr stabil und robust an, ohne Fahrbahnunebenheiten zum Fahrer durchdringen zu lassen. Ich führe das auf den subjektiv sehr guten Rahmen, die tollen Laufräder und die top Reifen zurück. Die Sitzposition ist weder zu sportlich, noch zu aufrecht um richtig Strecke zu machen. Sattel und Reifen sind bequem und unterstreichen den leicht sportlichen Anspruch den ein Möve Kunde an das Rad mitbringen darf. Dazu passt auch die knackige Schaltung und die bissige Bremse. Ich könnte mir auch gut vorstellen mit dem Franklin auf Feldwegen unterwegs zu sein, da stört dann nur das fehlende Profil der Bereifung.
Hätte das Möve einen herkömmlichen Antrieb, also eine Shimano XT Kurbel im Tretlager, dann wäre es deutlich leichter und sicherlich auch viel günstiger. Dann könnte ich mir vorstellen das Rad für mich zu kaufen. Optik und Ausstattung sind einfach sehr stimmig. Polarisierend wirkt auf alle Tester der Cyfly Antrieb. Die Macher prognostizierten eine gewisse Eingewöhnungsphase, und damit behielten sie auch in unserem Fall recht. Es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat. Im ersten Moment fühlt sich das etwas andere Treten falsch an. Was wir auch selbst festgestellt haben: Dieser Effekt ist um so größer, je häufiger der Tester radelt. Gelegenheitsfahrer gewöhnen sich schneller um als echte Kilometerfresser.
Am angenehmsten fühlt sich das System an Steigungen an, da meine ich den Effekt der Hebellage am deutlichsten zu spüren. Ob es sich um das versprochene Drittel mehr Kraft auf der Kette handelt, kann ich nicht definitiv sagen – aber man spürt es, wie gesagt, deutlich. Besonders unrund fühlt sich der Tritt bei hohen Trittfrequenzen bzw. wenig Widerstand an. Aber durch das Plus an Kraft kann man gut bei niedrigen Kadenzen bleiben. Auffällig ist auch der merklich größere Q-Faktor, also der Abstand zwischen den Pedalen ist ähnlich wie bei einem Fatbike mit längerer Kurbelachse deutlich vergrößert. Man tritt etwas breitbeinig in die Pedale. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich aber auch daran und es fällt weit weniger auf als der geänderte Tritt. Unterm Strich kann man sagen: Mit Cyfly fährt es sich anders als man es gewohnt ist. Wer bereit ist sich auf Neues einzulassen, der ist damit zügiger unterwegs als mit einem konventionellen Rad.