News / Test: Mit den Crankbrothers Synthesis stellt der Kulthersteller aus Kalifornien eine neue Reihe Laufräder mit Carbonfelgen vor, bei denen vieles anders gemacht als zuvor. Es gibt drei verschiedenen Baureihen für unterschiedliche Fahrertypen und Einsatzbereiche. Wir haben die Räder mit dem ungewöhnlichen Konzept in der E11 Enduro Variante bereits getestet.
Die Laufräder von Crankbrothers waren immer etwas Besonderes. Optisch hoben sie sich immer stark von der Masse ab. Die neueste Generation der Kalifornier ist wieder anders als die der Mitbewerber. Dieses Mal hat man aber mehr an der Technik als an der Optik gefeilt. Schon vor einigen Wochen bekamen einige Pressevertreter die Möglichkeit sich die heißen Teile ans Rad schrauben zu lassen um sie zu testen.
Als Location wählte die Crankbrothers-Mannschaft die Käseralm am Samerberg. Im Bikepark gibt es gleich die passenden Strecken für erste Testfahrten. Rainer Gerster, der in Deutschland schon lange für Crankbrothers tätig ist, bekam extra für die Präsentation Unterstützung von Jason Schiers und Kellen Trachy. Kellen ist seit geraumer Zeit der globale Ansprechpartner, wenn es um das Thema Marketing geht. Jason Schiers ist seit Anfang 2016 bei Crankbrothers und den Schwestermarken wie Fizik und Selle Royal in der Produktentwicklung tätig. Schon die Ankündigung seiner Anwesenheit machte für mich eines klar: man konnte sich auf Carbonfelgen einstellen. Schließlich ist Jason einer der Mitbegründer von Enve.
Während eines gemütlichen Zusammensitzens auf der Käseralm am Samerberg haben wir uns erzählen lassen, was man sich bei der neuen Laufradlinie gedacht hat. In den folgenden Wochen waren wir dann mit den Synthesis E11 auf den Trails.
Was die Crankbrothers Synthesis Laufräder versprechen…
Die Crank Bros Crew spricht von einem „Tuned Wheel System“. Vorderrad und Hinterrad müssen im harten Mountainbike-Alltag unterschiedliche Anforderungen bewältigen und wurden von den Entwicklern genau an diese unterschiedlichen Aufgaben angepasst. In der Regel werden bei einem Laufradsatz an Front und Heck dieselben Felgen, Lochzahlen, Speichen usw. verbaut.
Im Falle unseres Testlaufradsatzes, der Enduro-Variante E11, ist an der Front eine leichtere, aber breitere Felge verbaut. Die Speichenanzahl und die Speichenspannung ist geringer. Als Resultat soll das Vorderrad besonders fehlerverzeihend sein, den Grip, z.B. in rumpeligen Kurven verbessern und nicht so leicht verspringen bzw. weniger Schläge an den Piloten durchreichen.
Am Heck ist die Lochzahl bzw. Speichenzahl größer und die Speichenspannung ebenfalls höher. Die Felge fällt etwas schmäler aus, ist aber robuster gebaut. Das Hinterrad muss nach Ansicht der Kalifornier steifer sein um die Spur sauber zu halten und um Kraft perfekt in Vortrieb umsetzen zu können. Über die stabilere Auslegung des Hinterrads werden sich viele Fahrer freuen, treten hier doch meist zuerst das Problem in Sachen Haltbarkeit auf.
Gemeinsam mit Mello Bouwmester hat sich Jason Schiers das Konzept überlegt, welches besonders in Sachen Felgen einiges anders macht als die Mitbewerber. Dabei haben zwei verschiedene Ansätze einen – angeblichen perfekten – Kompromiss gefunden. Mello wollte eher komfortable Felgen, Jason hatte hohe Steifigkeit im Sinn. Crankbrothers verbildlicht das so: „Die These lautet, ein Laufrad müsse möglichst steif sein… Die Antithese sagt ein Laufrad müsse fehlerverzeihend sein. Wir haben die Synthese daraus gebaut.“
Die Synthesis Laufräder gibt es in drei Varianten für verschiedene Einsatzbereiche. Die Synthesis XCT sind für XC und Trailbike gemacht und setzen ebenfalls auf verschiedene Felgen, allerdings sind sie leichter und schmäler als in der von uns getesteten Synthesis E Version, die sich an AllMountain und Enduro-Biker richtet. Die DH Variante kommt an Front und Heck mit breiten sehr stabilen Felgen. Es gibt Die XCT und die E Variante in zwei Qualitätsstufen. Dieselben Highend Carbonfelgen werden bei der 11er Variante mit Sapim CX-Ray Messerspeichen bzw. Sapim Sprint Speichen und einer hochwertigeren Nabe verbaut. Bei der günstigeren Version kommt eine Sapim D-Light bzw. Race Speiche zum Einsatz.
Der Unterschied bei den Naben ist auch von Außen sichtbar. „Made in the USA“ steht auf den Naben der Top-Modelle. Hier hat man bei der Entwicklung Project 321 ins Boot geholt – der kleine Hersteller produziert in Oregon exquisite Naben. So sind auch bei der Nabe der Synthesis E11 Magnete statt Federn im Freilauf verbaut, die sechs Klinken an 144 Punkten, also alle 2,5 Grad einrasten lassen. Die Naben sind sehr leise, auf Wunsch gibt es ein Kit für den Umbau auf den „Mehr-Rabatz-Modus“. Drehen dürfen die Naben auf gedichteten japanischen Präzisionskugellagern.
Natürlich sind Optionen für die Gängigen Laufradgrößen 27,5″ und 29″ verfügbar (DH nur in 27,5″) und die gängigen Nabenstandards werden abgedeckt. Das Vertrauen in die Felgen ist hoch, so werden die Felgen auch einzeln angeboten. Die Preise erscheinen marktüblich. Die Felgen liegen alle bei 699 Euro. Die günstigeren Laufradsätze kosten 1699 Euro, für die Top-Varianten muss man 2399€ berappen.
Wie performen die Crankbrothers E11 in unserem Test?
Insgesamt drei Fahrer waren während unseres Test mit den Laufrädern unterwegs. Von rund 70 Kilo Körpergewicht und einem sehr flotten, ambitionierten Fahrstil, bis hin zu 120 Kilo Körpergewicht und eher grobmotorischer „Wird schon Gut gehen“-Fahrweise. Als Testrevier dienten die Trails im Bayerischen Wald und der Bikepark Geisskopf. Als Testbike dient das Orange Stage 6 aus unserer Bike-Build-Story.
Derzeit sieht man auf den Trails vermehrt den Trend, dass am Vorderrad größere Laufräder mit schmaleren Reifen verbaut werden als hinten. Gerade an E-Mountainbikes soll das hilfreich sein, erklärte man mir. Was sich im Motocross etabliert hat, kann auch für den MTB-Bereich nicht verkehrt sein – so die Theorie. Ich konnte den Ansatz nicht wirklich für mich entdecken. Beim Motocross wirken ganz andere Kräfte als beim MTB und auch sind die Reifen ganz anders gebaut. Ebenso passte die Idee nicht zu meinen Erfahrungen, die ich in mehr als einer Dekade des Herumprobierens mit Reifen und Laufrädern gemacht habe.
Ein Aha-Erlebnis war für mich, als ich zwei Laufräder möglichst identisch in Sachen Gewicht, Breite usw. aber sehr unterschiedlich in Sachen Steifigkeit gebaut habe. Gleiche Nabe, Speichen, Nippel, Felgenband, Schlauch und Reifen. Eine Carbonfelge habe ich mit Heißkleber auf das gleiche Gewicht wie eine in der Breite gleiche Alufelge gebracht. Das Vorderrad mit der elastischen Alufelge zusätzlich etwas weicher gespeicht, das mit der Carbonfelge härter gespannt. Der Effekt: Beim Wechsel vom Alu-Rad auf das Carbon-Pendant fühlte es sich an, als hätte mir jemand die Druckstufe zugeschraubt. Das Vorderrad verspringt viel leichter, die Fahrt wird unruhiger. Zumindest war der Effekt mit einem tendenziell hohen Reifendruck so deutlich spürbar, mit geringerem Druck ließ sich der Effekt etwas eindämpfen.
Warum ich diese Story auskrame? Weil mich der Ansatz der Synthesis somit gleich begeistert hat. Positiv voreingenommen also ließ ich zunächst andere Tester ran. Auch die empfanden das nicht endlos harte Vorderrad als sehr angenehm und schnell zu fahren. Was aber ich erfühlen musste und womit ich meinen Kollegen dann Recht geben musste: Das Hinterrad fühlt sich in mancher Situation härter an als nötig. Die Front generiert hohe Traktion und das Heck holpert hinter her, könnte man sagen. Was sich in Anliegern oder auf geshapten Strecken super anfühlt, das nervt in anderen Situationen. Etwas spitzer als gewöhnlich in die Kurve fahren, das Rad reinfallen lassen und etwas Druck in die Pedale: „Braaaappp“. Auch wird jeder Tritt in Vortrieb umgesetzt.
Auf den Steinigen und wurzeligen Trails vor meiner Haustür scheppert es teilweise ganz schön und es versetzt das Hinterrad öfter als gewohnt. Die Felge funktioniert auf alle Fälle sehr gut als Tubelesssystem, zumindest mit den verbauten Maxxis Reifen, das sind wir so von Crankbrothers gewohnt. Der Freilauf war zu beginn wirklich sehr, sehr leise, ist inzwischen etwas deutlicher zu hören. Die Lager laufen wie am ersten Tag und erfreuen auch unter Vorspannung mit seidigem Lauf. Wir haben den Testrädern auch Abfahrten mit bewusst sehr niedrigem Luftdruck zugemutet, aber trotz einiger „Plonk“, Rim-meets-Rock-Ereignissen sind keine wirklichen Beschädigungen sichtbar. Sollte sich unerwartetes ereignen, werden wir diesen Test ergänzen.
https://www.youtube.com/watch?v=O5fquZs6fH8&feature=youtu.be