Test Stadler Dynabike Urban Jet: Mit Stahlrahmen und schmalen Reifen sorgt der Singlespeeder von Stadler für stilsichere Alltagsmobilität. Velomotion saß drauf und urteilt: alles top, nur hier und da etwas lang.
Alte Stahl-Rennräder haben Hochkonjunktur bei jungen Stadtmenschen. Die filigranen, teils knallig lackierten Maschinen sind mit schlichter Technik und starken Rohren recht robust, und wo der Lack der 80er Jahre schon etwas brüchig ist, muss man auch mit dem Bügelschloss nicht mehr allzu vorsichtig sein. Nur: Da sie schon seit ein paar Jahren im Trend liegen, sind die alten Renner selten geworden – oder nur für recht viel Geld zu bekommen. Da trifft es sich, dass diverse Hersteller inzwischen neue Stahl-Bikes in der bekannten schlanken Optik anbieten, und das zu attraktiven Preisen. Das vielleicht beste Angebot kommt von Stadler, der großen Fachhandelskette, die mit 20 Standorten nie sehr weit weg ist. Ihr Dynabike Urban Jet Singlespeed Bike wird für nicht einmal 200 Euro angeboten, was ziemlich verlockend klingt – also hat sich Velomotion das Rad einmal näher angeschaut.
Stadler Dynabike Urban Jet: Klassische Optik mit modernem Touch
Fangen wir mit der Optik an: Die ist mit grauschwarzem Metalliclack, ergänzt durch mintfarbene Felgen und schmale Ringe an Rahmen und Gabel, durchaus gelungen. So sieht das Rad dezenter aus als ein Klassik-Renner – und vielleicht auch etwas zeitgemäßer. Dass sich die Folien der Dekoraufkleber deutlich vom Lack abheben, zeigt allerdings, dass der Hersteller engen Sparvorgaben folgen musste. Bis auf Naben und Bremsen sind alle Anbauteile mattschwarz, was optisch gut passt; insgesamt gefällt das Rad also.
Stadler Dynabike Urban Jet: Singlespeed oder Fixie
Viel Technik ist, wie gesagt, an einem klassischen Renner nicht dran – weder komplizierte Schaltbremshebel noch Scheibenbremsen, und so etwas Exotisches wie Carbon schon gar nicht. Beim Dynabike fehlt sogar die Schaltung; es ist als Singlespeeder bzw. „Fixie“ ausgelegt: Die Hinterradnabe verfügt auf beiden Seiten über ein Gewinde, sodass zwei Zahnkränze montiert werden können. Ab Werk sind dies ein Freilaufkranz sowie ein starres Ritzel; um vom einen aufs andere zu wechseln, muss man den 15er Maulschlüssel zücken und das Laufrad umdrehen. Mit starrem Gang zu fahren, ist cool, aber gewöhnungsbedürftig – wer wie gewohnt zu treten aufhört, bekommt einen heftigen Stoß gegen den hinteren Fuß, da sich ja der Antrieb immer mit dem Hinterrad mitdreht. Andererseits gewöhnt man sich auf diese Weise mit der Zeit eine sehr weiche, „runde“ Tretbewegung an.
Gleichzeitig erfordert der Verzicht auf die Schaltung ein langes Ausfallende plus eine Spannvorrichtung für die Kette, hier geliefert in solider Blech-Qualität. Abgesehen davon, dass der Achsstummel rechts und links ziemlich weit über die Sechskantmutter hinausragt, ist dies alles völlig in Ordnung, sieht stabil aus und sollte nicht allzu schnell verschleißen. Das Tretlager setzt sich aus einer Patrone mit Kunststoff-Lagerschalen und schwarzen Alu-Kurbeln zusammen; ein Kettenschutzring fehlt, sodass man tunlichst eine Hosenklammer oder etwas in der Art verwenden sollte.
Stadler Dynabike Urban Jet: Solide Ausstattung ohne grobe Schnitzer
Fehlen noch die Bremsen, die dem aktuellen Stand entsprechen und im Zusammenspiel mit den Alu-Hebeln gut funktionieren, auch wenn die einfachen, mit Sechskantmuttern befestigten Gummibeläge eher hart sind. Solche Feinheiten fallen aber nur dem Kenner auf. Nicht sehr zeitgemäß sind die gerade mal 23 mm breiten Reifen, die im urbanen Alltag für eine eher holperige Fahrt sorgen dürften. Unter den Bremsen ist jedoch so viel Platz, dass 28er oder sogar 30er hineinpassen sollten. Ein Satz leicht laufender Reifen ist dann auch der einzige Tuning-Tipp für dieses Rad, das sich angenehm wendig durch den Alltag bewegen lässt – wenn man es sportlich mag. Mit dem langen, waagerecht positionierten Ahead-Vorbau ist die Sitzhaltung nämlich ziemlich gestreckt, ganz so, wie man es vom Rennrad gewöhnt ist (oder eben auch nicht). Immerhin ist es ziemlich einfach, einen kürzeren bzw. steiler stehenden Vorbau zu montieren – bei Stadler schon für rund 20 Euro verfügbar.
Wer ein bisschen übt, kann mit dem starren Gang coole Stehversuche an der roten Ampel machen; danach kommt man freilich nicht ganz so schnell in Schwung – mit 44 Zähnen vorne und jeweils 16 hinten ist das Rad eher lang übersetzt und auf höhere Dauergeschwindigkeiten ausgelegt. Werden hinten größere Ritzel montiert, ist die Kette unter Umständen nicht mehr ausreichend lang; beim Verändern der Primärübersetzung sollte also der Fachmann ran. Oder natürlich die Fachfrau. Wer sich traut, kann sich von diesem bzw. dieser dann gleich noch Gewinde in die flächigen Ausfallenden hinten schneiden lassen; dann könnte das Rad mit fest montierten Schutzblechen ausgestattet werden.
Aber vielleicht ist einem das bei einem 199-Euro-Fahrrad auch einfach zu umständlich – ohne Umbauten fährt sich der preiswerte Singlespeeder nämlich auch sehr angenehm. Mit 11,6 Kilo inklusive Pedalen ist das Rad zudem recht leicht, gerade im Vergleich zu den üblicherweise im Alltag verwendeten Fahrrädern. Zuzugreifen lohnt sich also – für den Preis bekommt man bestimmt kein klassisches Rennrad in ansprechender Qualität.