Kurztest: … wenn es auch einfach geht? Mit dem Opal Esprit+ macht Diamant vor, wie man die Segnungen des Zusatzantriebes dazu nutzen kann, Fahrrädern noch mehr Bedienungs- und Sitzkomfort einzuhauchen – und sie gleichzeitig simpler und wartungsarmer zu machen.
Fahrräder faszinieren durch die Freiheiten, die sie uns eröffnen, und durch die Technik, die das möglich macht. Gerade in Sachen Komfort und Bedienung sind aktuelle Modelle weit fortgeschritten – ohne Federung und Schaltung mit elf oder zwölf Gänge geht es kaum noch. Da ist es interessant zu sehen, dass gerade der elektrische Zusatzantrieb das Potenzial technischer Reduktion bietet, ohne dass die Funktionalität darunter leidet.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Diamant Opal Esprit+. Das Pluszeichen steht für den Antrieb, in diesem Fall ein starker Bosch Performance CX – ohnehin ist die ostdeutsche Fahrradfabrik komplett auf die Motoren des Elektronikspezialisten umgestiegen. Wer diesen Treibsatz spazieren fährt, muss sich nie mehr vor Anstiegen, Gegenwind und Ampelstarts fürchten – schon in einem mittleren Unterstützungsmodus liegt Drehmoment satt an, gepaart mit feinfühliger, auf sämtliche Tretfrequenzen ansprechender Kraftentfaltung.
Angesichts solcher Leistungsfülle kann man getrost hier und da Kompromisse eingehen – maximale Effizienz ist beim Elektrorad nicht nötig. Und das bedeutet, dass auch die Hersteller neue Wege gehen können. Etwa, was den Komfort angeht: Warum eine schwere, aufwendige Federgabel spezifizieren, wenn man extrem großvolumige Reifen montieren kann, die bei etwas reduziertem Luftdruck Vibrationen dämpfen und Fahrbahnstöße glattbügeln? Zumal die Produktmanager bei Diamant die Sache gut durchdacht haben: Am Opal sind 27,5-Zoll-Felgen verbaut, sodass trotz der wuchtigen Reifen Abrollumfang und Handling im Vergleich zu 28er Laufrädern gleich bleiben. Und dass der Rollwiderstand bei reduziertem Luftdruck steigt, lässt sich angesichts der starken Antriebsunterstützung locker verschmerzen.
Ähnlich geht der Hersteller auch bei der Schaltung vor – gerade beim E-Bike kein ganz einfaches Thema. Wie viele Gänge sind angesichts der Motorunterstützung überhaupt nötig? Und sollte der Übersetzungsumfang möglichst groß sein, wie es bei konventionellen Fahrrädern der Fall ist? Diamant wählt am Opal einen anderen Weg: Mit der stufenlosen Enviolo-Getriebenabe bieten sie einen ganze 380 % großen Übersetzungsbereich. Zum Vergleich: Das entspricht einer Kettenschaltung mit 11-42er Zahnkranzkassette und Monokettenblatt vorne. Im Gegensatz zu dieser kann man bei der US-Nabe unter Last und übergangslos jede gewünschte Übersetzung schalten – das Getriebe ist ja wie gesagt stufenlos. Der einzige Nachteil ist der im Vergleich zur Kettenschaltung niedrigere Wirkungsgrad, der sich am normalen Fahrrad durch einen größeren Kraftaufwand auf Seiten des Fahrers bemerkbar machen würde; beim E-Bike ist dagegen nur die Reichweite etwas reduziert. Was beim Diamant Opal wiederum kein Ding ist: Im Rahmen verbirgt sich der mit 625 Wattstunden „größte“ Akku von Bosch, der bei mittlerer Unterstützung für weit über 100 Kilometer gut sein sollte.
Kombiniert mit einem Riemenantrieb, der (die korrekte Riemenspannung vorausgesetzt) keinerlei Wartung erfordert, ist höchster Komfort garantiert; keine Schaltung lässt sich so einfach und intuitiv bedienen wie die Enviolo. Einziges Manko ist, dass man am Drehgriff nicht ohne Umgreifen von der kleinsten bis zur größten Übersetzung wechseln kann – doch das muss man nur höchst selten tun.
Der Gates-Zahnriemen bringt einen weiteren Vorteil: Da er nicht geschmiert werden muss, ist er ausgesprochen sauber; ein Kettenschutz ist also überflüssig – ein Bauteil weniger, das zu klappern anfangen kann. Die soliden Schutzbleche und der elegant montierte Gepäckträger tragen zur aufgeräumten Optik bei, die sachlich, aber nicht emotionslos ist – beim Opal liegt der Reiz in der Funktionalität, die auch bei der Sitzhaltung gegeben ist. Fahrerin oder Fahrer sind sehr ausgewogen positioniert, wobei der Lenker deutlich höher als der Sattel steht; der angenehm geformte Lenker mit hochwertigen ergonomischen Griffen könnte durch einen einfachen Wechsel des Ahead-Vorbaus höher/näher/weiter weg platziert werden. Auch bei der Sattelhöhe ist der Spielraum dank des eher kurzen Sitzrohres groß; auf den Millimeter kommt es aber ohnehin nicht an: Auch bei der Ergonomie sorgt die Motorunterstützung dafür, dass nicht auf maximale Treteffizienz geachtet werden muss – Hauptsache, der Komfort stimmt.
Der Preis natürlich auch – und der bewegt sich bei diesem Rad eher im gehobenen Bereich. Allerdings bietet so mancher Lifestyle-Hersteller für die gleiche Summe technisch und funktionell unterlegene Produkte an, die auf den ersten Blick „cooler“ wirken mögen, aber nicht viel können. Und damit sind sie das glatte Gegenteil des Diamant Opal Esprit+.
Fazit: Diamant Opal Esprit+
Das Diamant ist schlicht gestylt, doch hinter der sachlichen Fassade verbirgt sich Technik, die beweist: In Hartmannsdorf hat man sich intensiv mit den Chancen und Möglichkeiten des Elektroantriebs auseinandergesetzt. Kein Wunder – immerhin ist Diamant einer der Pioniere in Sachen E-Bike mit viel Erfahrung…