Kurznews: Ob Berlin, Bogotá oder London. Die Weltmetropolen sind im Griff der Corona-Pandemie. Allerdings hat die Krise Folgen, die so mancher Radler als letztes erwartet hätte. Während der Autoverkehr und auch die Nutzung des ÖPNV in den letzten Wochen in nahezu allen Metropolen spürbar zurückgegangen ist, hat der Radverkehr deutlich zugenommen. Und so stellen die Weltstädte ihr Verkehrssystem zumindest temporär auf Radfahrer und Fußgänger um.
Berlins Gesicht verändert sich
Während sich einige Sorgen darüber machen, ob die leeren Straßen einige Autofahrer nicht zum Rasen animieren, handeln andere und wandeln die freie Verkehrsfläche um. Zusätzliche Radwege, neue Radspuren und deutlich breitere Gehwege. Genau diese Maßnahmen sind es, die Angestellte der Städte derzeit beschäftigen. Wer etwa in der Bundeshauptstadt unterwegs ist, sollte sich nicht wundern, wenn er Personal in Warnwesten antrifft, das mit Sprühdosen Fahrräder auf den Asphalt sprüht und dicke Fahrbahnlinien zieht.
Weltweite Maßnahmen von Oakland bis Mexiko City
Auch in den USA und Kanada widmen viele Städte ihren Verkehrsraum um, um das gesundheitsförderliche Radfahren zu fördern. Die Stadt Philadelphia etwa hat den berühmten Martin Luther King Jr. Drive auf 4,7 Meilen Länge auf der flussseitigen Boulevard-Seite für den motorisierten Verkehr geschlossen.
Oakland möchte insgesamt 74 Meilen seines Straßennetzes für Kraftfahrzeuge schließen. Das sind immerhin 10 Prozent des Gesamtstraßennetzes der Metropole. Sogar in der weltgrößten Stadt Mexiko City reagiert man radfahrerfreundlich. Hier entsteht aktuell ein Behelfsradwegenetz von über 130 Kilometern Länge auf den Hauptverkehrsrouten der Stadt.
„Mehr Platz im Kampf gegen die Krise“
So lautet vielerorts das Motto. Das ist auch nur logisch und konsequent. Immerhin sind Gehwege in Großstädten häufig überfüllt. Das sorgt auch außerhalb einer Krise wie der aktuellen Corona-Pandemie für Stress. Aktuell hilft der zusätzliche Platz für Radlinien und Gehwege aber, das Verkehrsaufkommen zu entzerren und den Menschen mehr Platz zur Wahrung eines angemessenen Abstands zu gewähren. Das senkt das ohnehin bereits minimale Risiko, sich an der frischen Luft anzustecken, nochmals drastisch.
Ein Experiment für die Zukunft?
Auch wenn die jetzigen Maßnahmen dem Zwang entstammen, könnten sie ein Verkehrs- und Sozialexperiment für die Zukunft sein. Ein Experiment, das uns zeigt, ob und wie es möglich ist, dem Radverkehr in unseren Städten mehr Raum einzuräumen. Immerhin würde der Umstieg vieler Kurzstreckenpendler auf das Fahrrad mit zahlreichen Vorteilen daherkommen. Sowohl für die Umwelt und die Wirtschaft als auch für die individuelle Gesundheit.