Test: 24-Zoll Mountainbikes für Kinder von Bulls, Cannondale, KTM, Scott und Woom zeigen im Test ihre Stärken. Mit dabei: ein Carbon-Bike und ein echtes Leichtgewicht.
Kinderräder galten lange als schwieriges Geschäft, hochpreisige Modelle sowieso. Doch so langsam scheint sich das zu ändern, was auch mit der Wertigkeit des Fahrrades an sich zu tun hat. Vor zehn Jahren hätte man sich nicht vorstellen können, dass sich Millionen von Menschen E-Bikes für mehrere Tausend Euro kaufen. Im Umkehrschluss ist also heute nicht mehr ganz unwahrscheinlich, eine hohe dreistellige Summe in ein Kinderfahrrad zu investieren.
Und warum auch nicht? Auch Kinderräder sind längst kein selten genutztes Spielzeug mehr, sondern Teil moderner Familienmobilität, dazu Sportgerät und technisches Faszinosum. Wo die Eltern auf hochwertiges Material Wert legen, ist der Weg zum guten Kinderrad nicht weit – und wenn die Erwachsenen gerne sportlich Mountainbike fahren, steht irgendwann die Frage im Raum, ob der Nachwuchs nicht mit ins Gelände will.
Ausstattung
Klar wollen die Kids am liebsten auf Bikes, die technisch an jene von Mama und Papa angelehnt sind. Hierfür hat sich in den letzten Jahren viel getan. MTBs ohne Scheibenbremsen gibt es nicht mehr, solche mit Dreifach-Kettenblatt nur noch in den untersten Preisklassen. Das ist gut und noch besser, wenn es um Kinder-MTBs geht – die profitieren nämlich besonders von Funktionssicherheit und technischer Reduzierung. Ein modernes 24-Zoll-Bike kommt mit neun bis elf Gängen, Scheibenbremsen und in den meisten Fällen einer Federgabel – mehr ist nicht dran, und entsprechend hochwertig können diese Bauteile ausfallen, wenn das Rad etwas mehr kostet.
Und das merkt man den fünf hier vorgestellten Modellen an. Die teureren Ausführungen wiegen allesamt nur zwischen neun und elf Kilo, was für Kinderräder sehr wenig ist. Zwei Bikes sind mit sensibel ansprechenden Luftfedergabeln ausgestattet, eins mit einer topmodernen Elfgangschaltung, und sogar ein Modell mit Carbonrahmen ist dabei. Dazu sind alle fünf Bikes mit dauerhaft funktionssicheren hydraulischen Scheibenbremsen ausgestattet, die nicht manuell nachjustiert werden müssen.
Bei Preisen bis zu tausend Euro kann man natürlich kurz mal schlucken – nicht vergessen darf man aber, dass gerade hochwertige Kinderräder auf dem Gebrauchtmarkt sehr begehrt sind und zu hohen Preisen weiterverkauft werden können. Seinen Kindern eine Extraportion Fahrfreude mit auf den Weg zu geben, ist also nicht mal ein teures Eltern-Vergnügen…
Bulls Tokee Ultra Lite 24
Das Bulls ist eigentlich das teuerste Bike im Test, dabei aber in Sachen Preis-Leistung kaum zu schlagen. Seine Highlights sind ein leichter Carbonrahmen, was beim Kinder-MTB ein absolutes Alleinstellungsmerkmal darstellt, sowie die Luftfedergabel, die ans Körpergewicht des Kindes angepasst werden kann und damit feinfühlig anspricht und bestens funktioniert. Der glattflächige Rahmen gefällt mit komplett innenverlegten Zügen und Leitungen und dürfte auch so manchen erwachsenen Biker neidisch machen; dabei ist er mit aufrechter, kompakter Sitzhaltung perfekt auf Kinder zugeschnitten, die ab 1,25 Meter groß sein sollten. Für Kleinere bietet Bulls Carbon-Bikes bereits mit 16-Zoll-Laufrädern an, für Größere gibt es das Tokee Ultra Lite 26 mit Elfgangschaltung.
Top ist die Ausstattung, die selbstverständlich hydraulische Scheibenbremsen und eine Zehnfach-Schaltung umfasst. Dazu montiert Bulls griffige MTB-Reifen mit recht großem Volumen, die Komfort und Fahrsicherheit bringen. Einziges Manko ist, dass eine simple Sattelkerze statt einer Patentstütze zum Einsatz kommt. Andererseits ist das Bulls das einzige Rad, das weniger wiegt als vom Hersteller angegeben: mit Pedalen kommt es auf genau elf Kilo, was für ein Hardtail mit Federgabel in dieser Preisklasse sehr wenig ist.
Fazit
Das Carbon-Bulls ist ein top ausgestattetes Sportgerät für ambitionierte Offroad-Kids, deren Eltern selbst hochwertiges Material fahren. Die Technik ist super, der Preis dafür angemessen.
Preis: 999,95 Euro
Cannondale Cujo Race 24+
Ein Bike für kleine (bzw. die Kinder von) Puristen stellt Cannondale mit dem Cujo vor. An den leichten Aluminiumrahmen mit der schönen FlipFlop-Lackierung kommt eine ebensolche Forke statt einer Federgabel, was gerade für Einsteiger ein gutes Fahrtechnik-Training ist. Um die Sache aber nicht allzu schwierig zu machen, ist das Cujo mit 2,6 Zoll breiten Reifen ausgestattet, die mit ihrem großen Volumen top in Sachen Stoßdämpfung und Fahrbahnhaftung sind. Wird beim Wechsel von der Straße ins Gelände der Luftdruck etwas abgesenkt, kann das Elf-Kilo-Rad seine Vorzüge optimal ausspielen; wird es jedoch weitgehend auf Asphalt eingesetzt, empfiehlt sich die Montage schmalerer und etwas leichterer Pneus.
Offroad ist das solide, mit hochwertigen Komponenten ausgestattete Cannondale jedenfalls eine Wucht, zumal es mit seiner Starrgabel sehr gut ausbalanciert ist. Die hydraulischen Scheibenbremsen packen sicher zu, und die Zehngang-Kettenschaltung ist breit genug abgestuft für echte Trails. Insgesamt erscheint das Cannondale aber etwas teuer. Allerdings gibt es auch eine etwas einfacher ausgestattete Variante für 579 Euro, außerdem eine 20-Zoll-Version für die ganz Kleinen.
Fazit
Das Breitreifen-Bike zeigt, dass Stoßdämpfung auch ohne Federgabel geht. Es ist nicht billig und auch nicht superleicht, dabei aber schön und wertig ausgestattet.
Preis: 919 Euro
KTM Wild Speed Disc 24
Das KTM macht einen durchaus vielversprechenden Eindruck mit seinem schönen Alu-Rahmen in der auffälligen Hausfarbe, bei dem Schaltzug und Bremsleitung im Unterrohr geführt werden. Und auch der mit 549 Euro günstige Preis lockt, entspricht das Rad mit 1x-Antrieb doch modernen Standards. Die Sitzhaltung ist kindgerecht aufrecht, und der Rahmen erlaubt die Montage von Gepäckträger und Schutzblech, womit das Wild Speed alltagstauglich nachgerüstet werden kann. Hydraulische Scheibenbremsen sind auch an Bord, und auch mit nur neun Gängen sind Kinder offroad gut unterwegs.
Manko des KTM ist jedoch die Stahlfedergabel, die einerseits das Gewicht des Komplettrades auf knapp über zwölf Kilo hochtreibt, andererseits aber nicht wirklich funktioniert. Ein hohes Losbrechmoment sorgt zusammen mit niedrigem Fahrergewicht und wenig Druck auf dem Vorderrad dafür, dass die Gabel nicht wie gewünscht anspricht, dafür aber das ganze Rad frontlastig macht.
Warum also keine Starrgabel spezifizieren? So würde das Rad funktioneller und leichter, aber nicht teurer und wäre dann eine spannende Alternative zu den Bikes der US-Anbieter.
Fazit
KTM tut sich mit der Federgabel am Wild Speed Disc keinen Gefallen – es fällt im Vergleich mit den gefederten wie den ungefederten Konkurrenten ab. Schade, denn der Rahmen hat Potenzial.
Preis: 549 Euro
Scott Scale RC 400
Das Gewicht des RC 400 muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Kaum mehr als neun Kilo wiegt das Rad inklusive Pedalen, was beim Handling gerade für Kinder einen deutlichen Unterschied macht. Wobei das kompakte Rad, das schon von Kindern um 1,15 Meter gefahren werden kann, die Testpilotinnen und -piloten von Velomotion mit seiner unauffälligen Optik nicht auf Anhieb ansprach. Wer einmal draufsaß, war aber schnell begeistert. Kein Wunder, denn hier stimmt alles: Die Sitzhaltung ist kompakt und bringt Sicherheit; der Übersetzungsbereich hält mit 32 Zähnen vorne und 11-42 hinten extraleichte Gänge bereit, sodass Anstiege oder kniffelige Fahrsituationen locker ohne großen Krafteinsatz bewältigt werden können. Dazu ist die Elffach-Zahnkranzkassette eng genug abgestuft. Die Scheibenbremsen verzögern sicher, und Gewindebohrungen erlauben es, das Scale alltagstauglich nachzurüsten.
Zum geringen Gewicht trägt einerseits der leichte Alu-Rahmen bei, der freilich mit außen liegenden Leitungen kommt, andererseits Bauteile wie der sportliche Laufradsatz mit reduzierter Speichenzahl. Auch die rund zwei Zoll breiten Reifen passen gut ins Konzept – sie sind sehr bissig und großvolumig genug, um mit reduziertem Luftdruck gefahren zu werden.
Fazit
Das Starrbike von Scott begeistert mit rundum hochwertiger Technik und sehr geringem Gewicht. Mit dem Scale sind sportliche Offroad-Touren ein Kinderspiel – wenn das Terrain nicht allzu rau wird.
Preis: 899 Euro
Woom Off Air 5
Woom hat sich mit federleichten Kinderrädern einen guten Namen erarbeitet, auf den vor allem Eltern anspringen. Das Testteam selbst reagierte anfangs verhalten, was aber eher auf die zurückhaltende Lackierung des Off Air 5 zurückzuführen ist, das nicht wie sonst bei Woom in diversen kräftigen Farben zu haben ist. Dabei ist das Mountainbike funktionell ganz vorne mit dabei: Die Luftfedergabel spricht auch bei einem Fahrer/innengewicht um 20 Kilo feinfühlig an und die Technik ist auch im Detail qualitativ hochwertig, was man etwa am leichten Laufradsatz sieht. Dieser wird sogar von modernen Steckachsen gehalten, was im Testfeld ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.
Die Hydraulikbremsen beißen kräftig zu, und nur bei der Schaltung muss man Abstriche machen – mehr als neun Gänge werden nicht geboten. Die guten Schwalbe-Reifen fallen mit 2,35 Zoll etwas breiter aus; allerdings ist das Off Air 5 für Kinder ab knapp 1,30 Meter gemacht, die dann auch etwas schwerer sein dürften. Für kleinere gibt es das Off Air 4 in 20 Zoll, für Größere das 6 mit 26er Laufrädern, beide mit Luftfedergabel; außerdem können alle drei Modelle mit leichter Carbon-Starrgabel bestellt werden. Dadurch wird jedes Bike um 150 Euro günstiger, außerdem rund anderthalb Kilo leichter – mit 10,88 Kilo inklusive Pedalen ist das Woom Off Air 5 nämlich kein absolutes Leichtgewicht. Ein tolles Rad für junge Bikerinnen und Biker ist es natürlich trotzdem.
Fazit
Das Woom ist mit Luftfedergabel und Steckachsen vorbildlich ausgestattet, zeigt aber auch, dass MTB-Technik ohne Mehrgewicht nicht zu haben ist. Doch die Modellpalette des Anbieters ist sehr vielseitig.
Preis: 949 Euro
Experten-Tipps: 24-Zoll Mountainbikes
Schaltung und Bremsen
Ein 24-Zoll Mountainbike ohne Dreifach-Kettenblatt zu bekommen, war vor vier Jahren noch fast unmöglich. Inzwischen hat sich das Konzept eines soliden Kinder-MTBs mit Starrgabel und 1x-Antrieb durchgesetzt, und wer seinen Kindern ein Rad mit diesen Ausstattungsdetails gönnt, kann sicher sein, solides, vielseitiges und nicht zu schweres Material zu erwerben. Und auch wenn statt der Scheibenbremsen noch V-Brakes montiert sind, kann man bedenkenlos zugreifen: Die einfach aufgebauten Felgenbremsen sind kräftig genug, dabei günstig und leicht zu warten. Ein derart ausgestattetes Rad bekommt man in hoher Qualität schon unter 450 Euro – etwa von der Puky-Marke Eightshot.
Der passende Rahmen
Wer deutlich mehr investiert, wünscht sich natürlich eine lange Nutzungsdauer und sollte den Nachwuchs deshalb nicht zu spät aufs 24er Rad steigen lassen. Genau aus diesem Grund bietet die Industrie Rahmen mit kurzem Sitzrohr an, was schon mittelgroßen Grundschulkindern den Aufstieg ermöglicht. Die nächste Laufradgröße ist dann nach zwei bis spätestens drei Jahren dran. Viel Zeit, sich ans echte Offroad-Bike zu gewöhnen, bleibt da nicht. Kinder, die mit neun Jahren noch kein großes Interesse am Geländeradeln haben, kommen also auch mit einem konventionellen 24er Sportrad klar. In jedem Fall gilt, im Fahrradgeschäft ausführlich Probe sitzen zu lassen – zu groß darf das Rad nämlich auch nicht sein.
Federung
Bikes mit Federgabel eignen sich vor allem für junge Fahrerinnen und Fahrer, die ambitioniert unterwegs sind und die Vorzüge der Federung wirklich nutzen können. Eltern sollten bedenken, dass eine Federung dauerhafter Wartung bedarf. Beherrscht man die notwendigen Arbeiten nicht selbst, kann es auf die Dauer teuer werden, und wer auf die Pflege durch Fachpersonal verzichtet, riskiert Funktionseinbußen.
Einsatzgebiet
Was die Nutzung angeht, weisen bereits die fünf hier vorgestellten Räder in unterschiedliche Richtungen. Ein Bulls mit Carbonrahmen ist ein reines Sportgerät, das pfleglich behandelt werden sollte und wenig Erweiterungsmöglichkeiten bietet – perfekt für Kids, die mit den Eltern biken gehen und richtig Spaß daran haben. Ein Alu-Starrbike wie das Scott wiederum lässt sich problemlos zum Alltagsrad umbauen, oder man schraubt für eine längere Radtour einen Gepäckträger dran. Für den Schulweg oder die Strecke zum Sportplatz eignen sich nicht alle Kinder-MTBs gleich gut; ein Zweitrad für den Alltag wird also in manchen Fällen den Fuhrpark ergänzen müssen.
Velomotion Siegel – fünf Mal „Sehr gut“
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle 24-Zoll Mountainbikes in unserem Test auf ihre Art überzeugen konnten. Wir haben uns deshalb entscheiden, allen fünf Kinderbikes ein Velomotion Gütesiegel mit der Note sehr gut zu geben. Das Scott Scale war das leichteste Rad im Test. Das Bulls Tokee Ultra Lite überzeugt mit seiner technisch herausragenderen Ausstattung, vor allem wegen des Carbon-Rahmens. Das Cannondale 24-Zoll MTB zeigt tolle Off-Road Eigenschaften, vor allem wegen der sehr breiten Reifen. Beim Wild Speed Disc von KTM muss man unter anderem bei der Federgabel einige Abstriche machen. Trotzdem ist es absolut empfehlenswert, da es preislich attraktiv ist. Mit dem Off Air 5 zeigt WOOM wieder einmal, dass die Österreicher sehr gut durchdachte und kindgerechte MTBs anbieten.