Test / Gravelbike: Das Alutech Punk ist ein in vielerlei Hinsicht besonderes Gravelbike. Mit schickem Carbonrahmen, einer interessanten Geometrie und durchdachter Ausstattung kann es bei uns im Test überzeugen.
Eigentlich kennt man Alutech als deutsche Traditionsschmiede für (E-)Mountainbikes mit Alurahmen. Insofern war es durchaus überraschend als der Hersteller aus dem hohen Norden im Jahr 2018 mit dem Punk nicht nur ein Gravelbike ankündigte, sondern auch, dass dessen Rahmen aus Carbon bestehen würde. Heute, also rund fünf Jahre später, ergänzen Gravelbikes den Fuhrpark vieler eingefleischter Mountainbiker – und genau für diesen Anwendungszweck dürfte das Alutech Punk eine glänzende Wahl sein.
Gegen die Norm: Das Alutech Punk ist anders!
Gravelbike ist nicht gleich Gravelbike – so viel dürfte jedem klar sein, der sich auch nur kurz mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Vom rassigen, steifen Race-Bike über Bikepacking-Spezialisten bis hin zum trail-affinen XC-Hardtail-Light ist hier alles dabei. Das Alutech Punk möchte sich irgendwelchen Schubladen entziehen und seinen eigenen Weg gehen, wobei eine gewisse Offroad-DNA nicht von der Hand zu weisen ist. Dafür spricht unter anderem die üppige Reifenfreiheit: Rahmen und Gabel bieten Platz für 28 Zoll Pneus mit bis zu 45 mm Breite. Ab Werk kommt das Rad übrigens mit 40 mm breiten Reifen von WTB, die die allermeisten Anwendungsbereiche abdecken dürften.
Wer auf der Suche nach einem Bikepacking- oder Alltagsbegleiter ist, muss beim Punk leider auf Montagepunkte für Anbauteile oder Taschen verzichten. Weder Gabel noch Rahmen bringen entsprechende Ösen mit – das spart Gewicht, geht aber etwas auf Kosten der Vielseitigkeit. Selbstverständlich finden jedoch zwei Flaschenhalter im Rahmendreieck Platz.
Richtig spannend ist die Geometrie des Alutech Punk, denn hier zeigt sich deutlich, dass man nicht nur einfach ein weiteres Gravelbike bauen wollte. Auffällig sind dabei die kompakten Abmessungen: Das eher kurze Oberrohr dürfte den Fahrer in eine nicht zu gestreckte Sitzposition rücken, der kompakte Radstand verspricht viel Agilität. Diese Kombination sollte vor allem auch auf dem Trail gut funktionieren, aber auch Langstreckenfahrer könnten sich über die aufrechte Position freuen. Ein kleiner Wermutstropfen ist die geringe Größenauswahl: Wer über 1,90m groß oder unter 1,70m klein ist, dürfte beim Punk Schwierigkeiten haben, die richtige Größe zu finden.
Geometrie Alutech Punk
M | L | |
---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 510 | 540 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 547 | 560 |
Steuerrohr (in mm) | 160 | 180 |
Lenkwinkel (in °) | 71 | 71,25 |
Sitzwinkel (in °) | 73 | 73 |
Kettenstreben (in mm) | 420 | 420 |
Tretlagerabsenkung (in mm) | 72 | 70 |
Radstand (in mm) | 1015 | 1024 |
Reach (in mm) | 372 | 377 |
Stack (in mm) | 580 | 598 |
Spannendes Ausstattungspaket
Das Alutech Punk lässt sich auf der offiziellen Webseite in drei Ausstattungsvarianten bestellen. Unser Testbike entsprach in vielen Punkten der günstigsten Variante für 3.299 Euro: Die Basis bildet die aktuelle Shimano GRX 600 11-fach Gruppe mit 40er Kettenblatt an der Front und den entsprechenden Scheibenbremsen. Anstelle der Newmen Laufräder in der Serie kam unser Rad mit einem Satz DT Swiss GR1600 Spline, die etwas höhere Felgen mitbringen, aber auch beim Gewicht rund 300 g aufschlagen. Gewicht ist ohnehin ein gutes Stichwort: 9,2 kg brachte unser Testrad ohne Pedale auf die Waage.
Rahmen | Alutech Punk Carbon |
Federgabel | Carbon |
Laufräder | DT Swiss GR1600 Spline |
Reifen | WTB Raddler TCS Light 40c |
Schaltwerk | Shimano GRX RD-RX810 |
Schalthebel | Shimano GRX ST-RX600 |
Kurbel | Shimano GRX FC-RX600 40t |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano GRX BR RX600 160/160mm |
Sattelstütze | Twinworks 27,2 20mm Offset |
Sattel | Twinworks |
Vorbau | Vecnum freeQENCE |
Lenker | Zipp Gravel Service Course SL-70 XPLR |
Dass die Serienausstattung rund 500 g leichter ist liegt jedoch nicht allein an den Laufrädern, sondern auch am Vorbau, denn hier hatten wir ein echtes Highlight für den Test: Alutech spendierte dem Punk nämlich den neuen Vecnum freeQence, ein Parallelogramm-Vorbau mit einstellbarem Widerstand und laut Hersteller 30 mm „Federweg“. Optimal für flotte Ausflüge auf leichte Trails! Derartige Vorbauten sind eine gute Wahl für Gravelbiker, die sich gerade im Gelände mehr Komfort wünschen, aber eben keine ausgewachsene Federgabel verbauen möchten oder können. Ergänzend dazu könnte man auch über eine Federstütze nachdenken, um auch am Heck etwas mehr Komfort zu erhalten; ab Werk ist hier eine Alu-Stütze mit recht großem Setback von 20 mm verbaut.
Kleinere Änderungen bei der Ausstattung wie in unserem Fall sind unserer Erfahrung nach bei Alutech problemlos umsetzbar. Wer sich also ebenfalls den Vecnum Vorbau wünscht oder in anderer Hinsicht Sonderwünsche hat, sollte keine Scheu haben und einfach eine Mail an die Jungs und Mädels schicken.
Das Alutech Punk in der Praxis
Direkt beim Aufsetzen macht das Punk klar: Ich bin nicht wie andere Gravelbikes! Der eher kurze Rahmen fühlt sich zunächst ungewohnt an, die hohe Front tut ihr Übriges. Wie man es jedoch auch von den Alutech MTBs kennt: Anders – aber anders gut! Das Punk hat Charakter und schon nach einigen Einroll-Kilometern merkt man, dass sich hier jemand viele Gedanken gemacht hat. Gerade in Bezug auf Komfort und Langstreckentauglichkeit kann das Punk überzeugen; auch lange Ausfahrten sind ohne Zwicken möglich, ohne dass das Punk zum reinen Tourenbike verkommt.
Mit der fast stoischen Gemütlichkeit des Bikes ist es nämlich spätestens dann vorbei, wenn man auch mal einen Trail unter die 40 mm breiten WTB Reifen nimmt: Richtig gehend verspielt spornt das Alutech Punk an, auch mal abzuziehen, um enge Kehren zu zirkeln und die Grenzen des Konzepts Gravelbike auszuloten. Als großer Pluspunkt erweist sich hier die hohe Agilität des Bikes, die während unseres Tests immer wieder den Spieltrieb weckte. Für enorm viel Sicherheit in der Abfahrt sorgt dabei auch die etwas höhere Front, womit Abfahrten problemlos auch in den Drops des Lenkers zu bewältigen sind. So hat man mehr Kontrolle, den Lenker besser im Griff, ohne zu tief über dem Bike zu hängen – das ist bei vielen anderen Gravelbikes problematisch.
Ein weiterer Grund für die exzellente Performance auf unbefestigten Wegen ist der Vecnum FreeQence Vorbau, der kleinere Schläge und Vibrationen deutlich abfedert. Gerade auch grobes Pflaster oder Forstwege werden so deutlich komfortabler. Ein echter Ersatz für eine ausgewachsene Federgabel ist er jedoch freilich nicht, was spätestens dann klar wird, wenn man auch mal über größere Wurzeln, Stufen oder Steine knattert. Hier wird dann auch die Komfort-Diskrepanz zum Hinterbau am deutlichsten: Während dieser bei Vibrationen in Kombination mit angepasstem Luftdruck in den Reifen einen guten Job macht, wird es auf dem Trail dann doch schnell ziemlich ungemütlich. Klar, ein Gravelbike ist kein Mountainbike und das liegt in der Natur der Sache, aber eine Carbonstütze oder gar eine Federstütze wie die eeSilk von Cane Creek könnten hier Abhilfe schaffen.
Das sonstige Komponentenpaket wusste zu überzeugen und war im positiven Sinne unauffällig. Die Schaltung mit ihrer recht begrenzten Bandbreite und dem 40er Kettenblatt vorn verlangt jedoch bei längeren Anstiegen oder besonders steilen Zwischenstücken nach ordentlich Beinpower. Da sich kein Umwerfer montieren lässt, kann man alternativ auf eine Sram Schaltung mit größerer Bandbreite zurückgreifen.