Test Fuji Jari Carbon 1.1: Mit dem Jari im Aero-Trimm präsentiert Fuji praktisch ein komplett neues Gravelbike, dessen ausgefallene Rahmenform speziell auf die Montage großer Rahmentaschen zugeschnitten ist. Das Rad gefällt mit weiteren Transport-Optionen, einer variablen Geometrie und sehr viel Reifenfreiheit und lohnt damit einen genaueren Blick, zumal der Preis im Rahmen ist.
Mit dem Jari 1.1 Carbon legt Fuji praktisch ein neues Gravelbike auf. Der Vorgänger, Anfang 2021 bei Velomotion im Test, konnte seinerzeit als reisetauglicher Allrounder mit sportlichen Fahreigenschaften rundum überzeugen. Aber eine Steigerung ist immer möglich, und so hat der US-Hersteller mit den japanischen Wurzeln ein neues Attribut ins Spiel gebracht – die Aerodynamik. Und auch in Sachen Gepäcktransport hat sich Fuji einiges einfallen lassen.
Fuji Jari Carbon 1.1: Komplett neuer Rahmen im Aero-Trimm
Und deshalb sieht das neue Jari auch komplett anders aus als sein Vorgänger, der ziemlich schlank war und mit abfallendem Oberrohr und leicht geschwungenen Sitzstreben sportlich-organisch wirkte. Beim aktuellen Modell ist das Oberrohr nun deutlich weniger „geslopt“, dazu wirkt der Rahmen gerade an der Front flächiger. Wie bei modernen Aero-Rennrädern gehen die Sitzstreben weit unterhalb der Sattelklemme ins Sitzrohr über, und das Unterrohr ist auf den unteren zwei Dritteln breiter, als es hoch ist. Das kennt man in etwas extremerer Form schon vom 3T Exploro und soll sozusagen der Trinkflasche Windschatten bieten.
Tiefes Rahmendreieck für große Flaschen
Besonders auffällig ist freilich, dass das Unterrohr deutlich steiler steht als an konventionellen Gravelbikes und dann zum Tretlager hin fast waagerecht abknickt. Das vergrößert das Rahmendreieck, was Fuji dazu nutzt, den Flaschenhalter am Sitzrohr extrem weit unten zu positionieren; auch jener am Unterrohr sitzt ziemlich tief. Damit wird Platz geschaffen für eine am Oberrohr befestigte Rahmentasche, die so natürlich weiter ins Rahmendreieck hineinragen kann, ohne den Flaschen in die Quere zu kommen. Fürs Bikepacking ist das ziemlich optimal; wer ohne große Oberrohrtasche fährt, wird sich freilich wünschen, Fuji hätte wie üblich eine alternative Flaschenhalterposition weiter oben vorgesehen. Denn so, wie es ist, muss man sich zum Trinken schon ziemlich strecken.
Auf lange Strecken sind auch zwei weitere Features des Rahmens abgestimmt. Zum einen gibt es am Oberrohr einen Kunststoffeinsatz mit elastischen Bändern, an denen man beispielsweise Geltütchen oder Riegel befestigen kann – praktisch, wenn so etwas schnell erreichbar sein muss. Alternativ kann hier eine kleine Oberrohrtasche angeschraubt werden. Außerdem sitzt eine Kunststoffbox unterm Unterrohr, gehalten von einem breiten Gummiband. Sie ist dreieckig geformt mit ca. 3 x 18 cm großer Öffnung und insgesamt nicht allzu groß. Viel lässt sich hier nicht unterbringen, etwa eine Windweste oder wiederum Gels und Riegel – aber bitte nichts Hartes, das dann nervig klappert. So richtig sinnvoll erscheint diese Box nicht; immerhin kann sie Tretlagergehäuse und Kettenrad vor Aufsetzern schützen. Doch man kann sie auch weglassen, da Fuji eine Abdeckung mitliefert, die einfach angeschraubt werden kann.
Einen Schritt nach vorne macht Fuji auch in Sachen Leitungsführung: Beim neuen Jari ist alles innenverlegt, was schön aussieht, „aero“ ist und auch das Anbringen einer großen Lenkertasche erleichtert. Zum Rad gehört auch eine Aero-Carbonsattelstütze, die am Vorserienmodell jedoch noch nicht verfügbar war.
Das Fuji Jari Carbon 1.1 im großen Testvideo
Ein FlipChip-Ausfallende verändert das Fahrverhalten
Wenig geändert hat sich an der Geometrie. Fuji hat von sieben Rahmengrößen auf fünf reduziert, ohne dass die Sprünge bei Stack und Reach zu groß werden – die Rahmen wachsen um jeweils 1 cm in der Sitzlänge und ca. 2 cm in der Höhe am Steuerrohr. Die Kettenstreben sind minimal kürzer geworden, der Radstand minimal länger. Eine Besonderheit ist das FlipChip-Ausfallende vorne, mit dem man den Nachlauf um knapp 1 cm verändern kann. Der Umbau ist ein bisschen aufwendig, zumal man die Position des Bremssattels verändern muss, außerdem müssen die Plättchen innen am Ausfallende die Seiten tauschen. Gut ist, dass das Vorderrad exakt in den Ausfallern sitzt, die dazu mit Gummimanschetten geschützt sind.
Das Ergebnis ist ein geringfügig handlicheres Lenkerverhalten, wenn das Vorderrad näher an den Fahrer heranrückt, wobei das Fuji insgesamt eher auf sicheren Geradeauslauf getrimmt ist, ohne dabei träge zu wirken. Die Sitzhaltung erscheint leicht gestreckt, was sportlichen Fahrern entgegenkommt; der oben angenehm abgeflachte Lenker verbreitert sich von 44 cm auf 50 cm an den Enden (jeweils Mitte-Mitte) und ist damit fast schon etwas zu breit für die Aero-Ausrichtung des Jari.
Fuji stattet sein Gravel-Flaggschiff mit Shimano GRX in der Top-Version aus – immer eine gute Wahl und heute praktisch alternativlos, will man ein Gravelbike mit 2×11 Gängen fahren. Den Kurbelsatz mit 48/32 Zähnen steuert FSA bei, wobei es im Handel auch die Kombination 46/30 gibt – für Offroad-Passagen und steile Anstiege noch etwas besser.
Recht leichter Radsatz mit breiten Felgen
Der Laufradsatz kommt von WTB, er heißt Speedterra i25 und ist den Erstausstattern vorbehalten. Mit 25 mm Maulweite sind die Alu-Felgen ideal für breite Gravel-Reifen – gut, denn das Jari würde auch 50 mm breite Pneus locker verkraften; der Durchlauf von Rahmen und Gabel ist riesig. Außerdem ist der fahrfertige Radsatz mit 3.660 Gramm angenehm leicht, weitere ca. 200 Gramm dürfte man beim Umbau auf tubeless sparen. Die leicht rollenden, dabei recht griffigen Maxxis-Reifen machen da keine Schwierigkeiten.
3.499 Euro kostet das Fuji Jari Carbon 1.1 aktuell, 320 Euro mehr als das alte Jari vor zweieinhalb Jahren – angesichts der deutlichen Weiterentwicklung ein moderater Preisanstieg. Und wer sollte es kaufen? Aero-Features, Montagemöglichkeiten und viel Reifenfreiheit deuten in die Richtung sportlicher Bikepacker/innen, die auch mal technisch anspruchsvollere Strecken fahren wollen – gut möglich, dass sie mit diesem Gravelbike glücklich werden.