Cervélo Caledonia-5 Red AXS im Test: Mit dem Caledonia-5 zielt Cervélo voll auf die Langstrecke ab – vor allem, wenn der Untergrund auch mal etwas unruhiger wird. Wir konnten das neueste Modell in der Nähe von Girona gemeinsam mit Ex-Profi Robert Gesink bei einer Ausfahrt testen.
Ursprünglich wurden die früheren Caledonia-Iterationen von Cervélo für Klassiker wie Paris–Roubaix oder die Flandern-Rundfahrt entwickelt. Während die Profis inzwischen aufgrund zunehmender Reifenfreiheit auf ihre Standard-Rennmaschinen setzen, musste sich das Caledonia-5 eine neue Zielgruppe suchen. Ultra-Rennen wie das Trans Pyrenees oder das Transcontinental werden immer beliebter. Genau hier setzt die neueste Version an – mit maximaler Effizienz auf langer Distanz. Das klingt auch nach einem spannenden Gesamtpaket für ambitionierte Hobbysportler. Wir haben es für euch getestet.
Cervélo Caledonia-5: Detailverbesserungen mit Geheimfach
Bei der Neuentwicklung des Caledonia-5 stand der Komfort für sehr lange Ausfahrten im Fokus. Dafür wurden unter anderem die Sitzstreben tiefer angesetzt – das macht den Hinterbau nachgiebiger und sorgt dafür, dass kleinere und größere Unebenheiten souverän geschluckt werden. Zusätzlich wurde die Reifenfreiheit vergrößert: Reifenbreiten bis zu 36 mm sind jetzt möglich, was das Bike beinahe in den Race-Gravel-Bereich bringt. Schutzblechhalterungen sind ebenfalls vorhanden – und selbst mit montierten Schutzblechen bleibt noch Platz für bis zu 34 mm breite Reifen.

Trotz all dieser Komfortfeatures bleibt die sportliche Cervélo-DNA erhalten. Der Rahmen ist im Tretlager- und Unterrohrbereich deutlich steifer ausgelegt, was sich beim Antritt sofort spüren lässt. Die Rohrformen sind aerodynamisch optimiert – so würde das Bike auch im Profipeloton eine gute Figur machen. Die Zugverlegung erfolgt komplett intern, durch Lenker, Vorbau und Steuerrohr in den Rahmen. Eine geteilte Steuerrohrabdeckung ermöglicht zudem eine Höhenanpassung des Cockpits, ohne dass Leitungen neu verlegt werden müssen.
Die auffälligste Neuerung: ein Staufach im Unterrohr. Ein Hebel über dem Flaschenhalter öffnet das Fach, in dem Schlauch, Multitool oder eine CO₂-Kartusche Platz finden – so kann man sich die Satteltasche sparen.
Unser Testbike: Cervélo Caledonia-5 Red AXS – Die Ausstattung
Bei Cervélo steht die „5“ hinter dem Modellnamen für High-End. Entsprechend reiht sich auch das Caledonia-5 in die Topklasse ein. Der Einstiegspreis liegt bei 5.999 € mit der kabellosen SRAM Rival AXS Gruppe und Vision-Alu-Laufrädern. Für 7.999 € stehen zwei elektronische Gruppen zur Wahl: Shimano Ultegra Di2 oder SRAM Force AXS, jeweils mit Reserve-Carbonlaufrädern. Für 11.999 € bekommt man die Version mit Shimano Dura-Ace Di2. Legt man 1.000 € drauf, erhält man das Topmodell mit der neuen SRAM Red AXS Gruppe. Auch ein Rahmenset ist für 4.799 € erhältlich – in Schwarz oder Dunkelrot. Die Varianten mit Rival, Force und Ultegra gibt es ebenfalls in diesen Farben. Die beiden Topmodelle kommen ausschließlich in schlichtem Schwarz.
Für unseren Test auf den Straßen rund um Banyoles stellte uns Cervélo das neue Caledonia-5 mit der SRAM Red AXS Gruppe zur Verfügung. Hier kommen auch die neuen, hochgelobten Shifter zum Einsatz, die mit überarbeiteter Ergonomie und exzellenter Bremsperformance überzeugen. Am Testbike ist eine allroad-taugliche 2×12-Schaltung mit 48/35-Kurbel und 10–36-Kassette verbaut – passend zum Einsatzbereich. Damit sollte man sowohl auf langen Anstiegen als auch bei schnellen Abfahrten immer den richtigen Gang finden. Für maximale Integration liefert SRAM in dieser Ausstattung einen Hammerhead Karoo Computer serienmäßig mit.
Die Reserve-Laufräder mit Zipp-Naben finden einen guten Kompromiss zwischen Aero-Performance und Leichtgewicht. Vorne sind die Felgen 42 mm hoch und 25,5 mm breit, hinten 49 mm hoch und 24,5 mm breit. Die breite Auslegung harmoniert hervorragend mit der großzügigen Reifenfreiheit – so lassen sich problemlos bis zu 36 mm breite Reifen montieren. Serienmäßig rollt das Bike auf 30 mm Vittoria Corsa Pro Control TLR Reifen, die eine gute Balance zwischen Komfort und Rollwiderstand bieten.
Lenker, Vorbau und Sattelstütze stammen von Cervélo selbst. Als Sattel ist ein Selle Italia NOVUS BOOST EVO SuperFlow Carbon verbaut. Unser Testbike in Größe 56 bringt ohne Pedale 7,42 kg auf die Waage – kein Leichtgewicht, aber ein sehr guter Wert für den gewählten Einsatzbereich.
Der Fahreindruck
Unsere Testfahrt führte uns über die Straßen rund um Banyoles in Katalonien – nicht weit entfernt von Girona, auf den Trainingsrouten vieler Profis. Passend dazu begleitete uns Local Hero Robert Gesink. Der ehemalige Visma-Profi beendete 2023 seine lange Karriere, während der er zuletzt auf Cervélo unterwegs war – heute ist er Markenbotschafter.
Doch zurück zum Bike: Bereits die ersten Antritte nach dem Ortsausgang offenbaren den sportlichen Charakter des Caledonia-5. Die Steifigkeit im Unterrohr sorgt für eine direkte Kraftübertragung, das Bike beschleunigt willig. Eher Race- als Allroad-Gefühl – ganz im Sinne der Cervélo-DNA. Auch in engen Kurven zeigt sich das Vorderrad sehr agil und lässt sich spielerisch manövrieren.
Sobald die Straßen offener werden, zeigt sich das Caledonia-5 von seiner komfortablen Seite. Besonders angenehm fällt das Cockpit auf: Der aerodynamisch geformte Lenker bietet in Kombination mit dem Lenkerband verschiedene komfortable Griffpositionen – egal ob im Oberlenker, Unterlenker oder an den Hoods. Die neuen SRAM Red Hebel punkten zusätzlich durch ihre perfekte Ergonomie und lassen sich sogar mit einem Finger dosiert bedienen. Neu ist der zusätzliche Knopf an der Oberseite des Shifters – individuell programmierbar. Am Testbike war damit das Hoch- und Runterschalten direkt aus den Hoods möglich.
Auf der Ebene spielt die Kombination aus aerodynamischem Rahmen und Laufrädern ihre Stärken aus. Man gleitet mühelos dahin und kann lange Passagen effizient in Aeroposition fahren. Auch bergauf überzeugt das Bike: Kurze Anstiege nimmt es spritzig, bei längeren macht sich das geringe Gewicht bemerkbar.
Die Runde war schneller vorbei als gedacht – doch Robert Gesink hatte noch einen „Extra-Loop with some Gravel“ im Köcher. Wenn ein Ex-Profi das sagt, schrillen eigentlich die Alarmglocken – aber wir waren neugierig. Zunächst ging es auf weiten Straßen bergauf, dann wurde es schmaler, und bald kam auch das versprochene Gravelstück. Trotz der eher auf Asphalt abgestimmten 30-mm-Reifen schlug sich das Caledonia-5 hervorragend: Unebenheiten wurden souverän weggedämpft. Zum Ende hin wurde es noch einmal richtig steil – hier bewährte sich die feine 35/36-Übersetzung, mit der man kontrolliert und ohne Traktionsverlust hochtreten konnte.
Pannen gab es keine, das Staufach im Unterrohr blieb ungenutzt – wurde aber dennoch getestet. Die Bedienung ist einfach, der Zugriff schnell. Nur das Wiederverpacken könnte mit kalten Händen etwas fummelig werden.
Cervélo Caledonia-5 Red AXS: Allroad für wen?
Das Caledonia-5 ist klar auf Komfort bei unterschiedlichstem Untergrund ausgelegt. Wer allerdings einen reinrassigen Komfortbomber sucht, wird hier nicht fündig. Vor allem mit 30-mm-Reifen bleibt das Rad spürbar nahe an einem sportlichen Racebike. Wir finden: Das Caledonia-5 ist nicht nur etwas für Ultradistanz-Enthusiasten, sondern auch eine ideale Wahl für ambitionierte Hobbysportler. Besonders auf längeren Ausfahrten oder Gruppentouren ist man hier komfortabler und dennoch schnell unterwegs – im Vergleich zur kompromisslosen WorldTour-Maschine. Mit der Option auf breitere Reifen muss man sich auch bei Mehrtagestouren mit Gravelpassagen keine Sorgen machen.
Wer nicht direkt 12.999 € investieren möchte, sollte sich die Ausstattung mit Rival AXS ansehen. Für rund 7.000 € weniger bekommt man ebenfalls eine elektronische, kabellose Schaltung – mit etwas Mehrgewicht, aber auf einer sehr soliden Basis.