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MountainbikesTests

Test: Bulls Wild Edge Teamrad 2020: Racer mit Trail-Ambitionen

23. Juli 2019 by Michael Faiß

Bulls Wild Edge 2020

Test / MTB: Wir hatten die glückliche Gelegenheit, mit dem Bulls Wild Edge 2020 lange vor Verkaufsstart exklusiv das neue Teamrad von Karl Plattt, Urs Meier und Co. ausgiebig zu testen. Mit komplett neuem Rahmen offenbart die Rennfeile ungeahnte Trailtauglichkeit, ohne seine Race-DNA zu vergessen.

Bulls Wild Edge 2020: Neuer Rahmen für die Härte des Race-Alltags

Das Wild Edge ist bereits seit einigen Jahren das „Arbeitsgerät“ der Bulls Teamfahrer um Karl Platt, Urs Meier, Simon Stiebjahn oder Alban Lakata. Für das Modelljahr 2020 bekommt das XC-Fully jedoch einen komplett neu konstruierten Rahmen, der zwar einerseits die Charakteristika und die Ausrichtung des bisherigen Bikes beibehalten, gleichzeitig jedoch besser auf den Race-Alltag beispielsweise beim Cape Epic abgestimmt sein soll. Natürlich gibt’s auch das neue Wild Edge – wie es sich für ein Bike dieser Klasse gehört – ausschließlich mit einem Rahmen aus Carbon.

Carbon als Rahmenmaterial ist bei einem Rad dieser Klasse alternativlos.


Der Rahmen bietet Platz für zwei Flaschenhalter – für Marathonisti unverzichtbar.
Die Hinterradbremse wird per Flatmount Standard auf der Kettenstrebe befestigt.

Zunächst setzten die Konstrukteure beim Hinterbau den Rotstift an: Zwar holt dieser auch weiterhin 100mm Federweg aus dem Dämpfer, die Anlenkung wurde jedoch komplett neu gestaltet. Durch einen kürzeren Rockerlink gibt sich der neue Rahmen im Antritt erheblich und spürbar steifer und die progressive Kinematik weiß auch mit größeren Schlägen umzugehen. Apropos Steifigkeit: Auch der Tretlagerbereich bekam eine Frischzellenkur und verwindet sich auch unter heftigem Antritt kaum mehr. Möglich wird dies unter anderem dadurch, dass man auf die Montagemöglichkeit eines Umwerfers künftig verzichtet und damit ausschließlich auf 1-fach Antriebe vertraut. Wer sich das Starterfeld bei XC- oder Marathonrennen ansieht, dürfte an dieser Entscheidung kaum Zweifel haben – das zweite Kettenblatt verschwindet immer mehr.

Durch den Verzicht einer Umwerfer-Montagemöglichkeit konnte der Tretlagerbereich noch steifer gestaltet werden.


Dank des langen Hauptrahmens ist das Verbauen eines kurzen Vorbaus kein Problem.
Die neue Dämpferanlenkung ist steifer und bringt auch eine sehr schluckfreudige Kinematik mit.

Die vielleicht wichtigste Veränderung im Vergleich zum Vorgänger gibt’s jedoch bei der Geometrie: Diese wurde an die immer anspruchsvolleren XC-Strecken abgestimmt, damit sich das Wild Edge 2020 auch in ruppigem Gelände gutmütig verhält und keine unnötigen Sekunden verschenkt. Man folgt hier dem bewährten Vorbild des Racehardtails Black Adder, das einen ähnlichen Wandel zur letzten Saison hinter sich hat. Der Hauptrahmen des Wild Edge wächst deshalb in der Länge, damit sich auch kurze Vorbauten bequem fahren lassen. Gerade in technisch anspruchsvollem Gelände lässt sich so viel besser die Kontrolle über Lenker und damit auch die Spur halten. Gleichzeitig konnte man die Kettenstreben um 10mm verkürzen, damit das Rad nicht unnötig lang wird und nach wie vor gut um die Kurven geht. Durch diese Geometrie-Änderung rückt das Bulls Wild Edge 2020 den Fahrer in eine zentralere Position im Rad. Der mit 68° ausgesprochen flache Lenkwinkel trägt zusätzlich zur Laufruhe bei.

Die hauseigene Duroflex Sattelstütze sorgt für zusätzlichen Komfort.
Wie auch Serienrad sind die Bulls Teamfahrer mit einem Fox Factory Fahrwerk mit 100mm vorn und hinten unterwegs.


Bulls Wild Edge 2020: Erste Fahrimpressionen

Lange vor dem eigentlichen Verkaufsstart bekamen wir Gelegenheit, eines der Bulls Wild Edge 2020 Teamräder über eine längere Zeit auf Herz und Nieren zu testen. Schon beim ersten Blick auf unser Testbike wird klar: Das ist ein Renngerät! Die tiefe Front mit Flatbar und negativ montiertem Vorbau, sowie Sattelüberhöhung mit aggressiv eingestelltem Sattel, lassen das Bike schon im Stand schnell aussehen. Hier sei gleich zu Beginn gesagt; unser getestetes Teamrad unterscheidet sich bezüglich seiner Ausstattung in einigen Details vom im Handel erhältlichen Topmodell. So waren bei uns beispielsweise die neuen Shimano XTR Systemlaufräder verbaut, während in Serie DT Swiss XRC1200 Carbonlaufräder zum Einsatz kommen. Dies dürfte weder beim Gewicht noch bei der Performance allzu große Unterschiede machen.

Ziiieeeeh! Im Antritt macht das Wild Edge eine sehr gute Figur.


Auf dem Bike Platz genommen fällt die Sitzposition allerdings angenehm aus und der aggressive Eindruck bestätigte sich nur bedingt – im positiven Sinne. Wie man so schön sagt „Man sitzt angenehm im Rad“. Dies vermittelt bereits ab dem ersten Meter ein gutes Gefühl, viel Sicherheit und steigert die Harmonie zwischen Bike und Fahrer. Hier hat Bulls mit der neuen Geometrie einen guten Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Komfort für die Langstrecke gefunden.

Schon beim langsamen Einrollen bestätigt das Bike seine sportliche Ausrichtung. Tritte in die Pedale werden konsequent in Vortrieb umgesetzt und machen Lust auf mehr. Das Wild Edge animiert zum schnell Fahren und so schleichen sich die ersten Zwischensprints ein. Geht man bei offenem Dämpfer aus dem Sattel und wirft sämtliche Watt in die Waagschale, lässt sich ein leichtes Wippen im Hinterbau provozieren. Kein Problem für echte Racer, die hierbei sowieso kurz den Remote-Hebel für das Fahrwerk am linken Lenkergriff betätigen. Einmal gedrückt kommt Rennrad-Feeling auf und das Bike zeigt seine guten Steifigkeitswerte in der Praxis. Die leichtläufigen Schwalbereifen, die neuen XTR-Laufräder und das niedrige Gesamtgewicht tun das Übrige. So werden die ersten Höhenmeter auf Asphalt spielend leicht vernichtet.



Angesichts des schluckfreudigen Hinterbaus und der trailtauglichen Geometrie lädt das Wild Edge gerne auch zum Abziehen ein.

Weiter geht es auf den Uphill Trail. Hier macht sich der steile Sitzwinkel bemerkbar. Auch in steilen Rampen sitzt man schön über dem Tretlager und kann die eigene Kraft in Vortrieb verwandeln. Der lange Reach und die niedrige Lenkerhöhe kompensieren die kurzen Kettenstreben, sodass man ein steigendes Vorderrad wirklich provozieren muss. Die Übersetzungsbandbreite auf dem Wild Edge reicht im Uphill völlig aus und man findet sich nur selten auf dem letzten Notritzel. Wird es etwas technischer leistet das Fahrwerk gute Arbeit und man hat fast jederzeit Traktion für die nächste Attacke.



Geschuldet den immer schwieriger werdenden Strecken wurde bei neuen Wild Edge auch vermehrt auf die Bergab-Performance geachtet. Dennoch darf man hier kein verspieltes Trailbike mit Komfort-Fahrwerk erwarten. Das Bulls Wild Edge will möglichst schnell den Berg hinab bewegt werden und arbeitet hier mit höchster Präzision. Durch den flacheren Lenkwinkel und den langen Reach liegt das Bike extrem stabil auf dem Trail, auch bei höheren Geschwindigkeiten. Wird es doch mal etwas enger, dann kommen die sehr kurzen Kettenstreben ins Spiel. Das Bike lässt sich wirklich gut um enge Ecken bewegen. Ein wirkliches Highlight im Downhill war der neu entwickelte Hinterbau. Heftigere Schläge wurden dermaßen gut abgefangen, dass der Eindruck entstand mit mehr als 100 mm am Heck unterwegs zu sein.

Fazit: Bulls Wild Edge Team

Pro

  • Ausgesprochen starke Trail-Performance
  • Sehr steifer Rahmen
  • Perfekt ausbalancierte Geometrie

Contra

  • Nicht ganz antriebsneutraler Hinterbau

Fakten

Produktjahr2020
Preis
Web www.bulls.de
Das Bulls Wild Edge Team im Velomotion Fahrradmarkt
Das Bulls Wild Edge 2020 ist ein sehr gutes, modernes XC-Fully, das trotz seiner unverkennbaren Race-Gene auch für den Trail jede Menge Reserven mitbringt. Der außerordentlich steife Rahmen macht bei Zwischensprints viel Freude und die mittige Sitzposition im Rad nimmt auch steilen Rampen ihren Schrecken. Dass der Hinterbau nur bei betätigtem Lockout komplett antriebsneutral bleibt, ist angesichts seiner Schluckfreudigkeit verzeihbar.
Stichworte:Alban LakataBullsCrosscountryKarl PlattMarathonMountainbikeMTBTrailXCXC Fully

Über Michael Faiß

Michael Faiß hat in München Englisch und Geschichte studiert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England arbeitete er als Übersetzer unter anderem für das Magazin Procycling und das Degen Mediahouse. Außerdem ist er seit der Kindheit passionierter Radfahrer und –schrauber und fühlt sich vor allem abseits der asphaltierten Wege zuhause.

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