Test: Cannondale ist mit dem Trail SE 1 ein durchaus großer Wurf gelungen. Zum wirklich attraktiven Preis bekommt man ein sehr vielseitiges Hardtail mit einem durchdachten Rahmen und solider Ausstattung ohne grobe Schnitzer.
Cannondale Trail SE 1: Die Fakten
Rahmenmaterial: Aluminium
Federweg: 120 mm
Laufradgröße: 29 Zoll
Gewicht: 14,04 kg
Preis: 1.499 Euro
Das Trail SE von US-Hersteller Cannondale bekam für diese Saison einen komplett überarbeiteten Rahmen aus Aluminium und wird damit dem Namen „Trail“ nun vollauf gerecht. Das mit 29 Zoll Laufrädern ausgestattete Hardtail kommt zwar „nur“ mit 120 mm Federweg an der Front, kombiniert diese jedoch mit einer modernen Geometrie und einem wirklich vielseitigen Rahmenkonzept, das von Trail-Geballer bis hin zum Alltagseinsatz eine riesige Bandbreite abdeckt.
Vielseitiger Rahmen, selbst für den Alltagseinsatz
Optisch wie technisch interessant sind die weit unten angesetzten Sitzstreben des Rahmens. Cannondale sagt, so könne man den Flex im Bereich des Hinterbaus spürbar verbessern und damit den Komfort erhöhen. Das ist durchaus ein wichtiger Faktor bei Trail-Hardtails, zumal Rahmen aus Aluminium (gegenüber Stahl und Carbon) hier meist ein wenig störrischer sind. Voll ins Schwarze getroffen haben die Konstrukteure mit der „Straight-Shot“ Kabel- und Zugverlegung: Die Außenhüllen für das Schaltwerk und die Dropper Post verlaufen in einem Kanal auf der Unterseite des Unterrohrs, sind sehr leicht zugänglich und gut zu verlegen, gleichzeitig jedoch unsichtbar und bestens geschützt. Cannondale hat es geschafft, die Vorteile von externer und interner Zugverlegung damit zu verbinden. Die Leitung für die Bremse ist übrigens konsequent außen am Rahmen angebracht: So muss man das System bei der Wartung nicht jedes Mal öffnen (und entlüften).
Wie eingangs bereits erwähnt ist das Trail SE zwar primär ein Sportgerät, doch hat man bei der Neugestaltung des Rahmens auch an die Alltagsbiker gedacht: So sind am Rahmen nicht nur Ösen für Schutzbleche und einen Gepäckträger, selbst ein Seitenständer ließe sich auf Wunsch anbringen. Klar, viele Biker werden diese Optionen kaum nutzen, doch haben ist doch immer besser als brauchen? Zumal es der Optik überhaupt nicht schadet. Auch von den Anbauteilen abgesehen gibt sich der Rahmen vielseitig: Er bietet Platz für die Montage von zwei Flaschenhaltern und auch ein Umwerfer lässt sich montieren.
Ausbalancierte Geometrie trifft auf solides Ausstattungspaket
Bei der Geometrie findet Cannondale am Trail SE eine auf den ersten Blick gelungene Balance zwischen Vielseitigkeit und Sportlichkeit. Der Lenkwinkel ist mit 66.5° zwar eher flach, jedoch nicht so extrem, dass es einen allzu aktiven Fahrstil vom Fahrer verlangt. Auch der Reach ist einerseits lang genug, um Bewegungsspielraum auf dem Trail zu bieten, wer jedoch viel im Sitzen fährt, kommt dennoch gut zurecht.
Geometrie Cannondale Trail SE 1
XS | S | MD | LG | XL | |
---|---|---|---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 360 | 390 | 440 | 470 | 520 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 541 | 566 | 598 | 626 | 653 |
Steuerrohr (in mm) | 90 | 90 | 100 | 110 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 435 | 435 | 435 | 435 | 435 |
BB Drop (in mm) | 57 | 56 | 56 | 56 | 56 |
Lenkwinkel (in °) | 66,5 | 66,5 | 66,5 | 66,5 | 66,5 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 367 | 385 | 415 | 440 | 465 |
Stack (in mm) | 593 | 609 | 619 | 629 | 638 |
Ganz ehrlich? Mit dem Ausstattungspaket, das Cannondale dem Trail SE 1 für knapp 1.500 Euro spendiert, haben die US-Amerikaner den Nagel auf den Kopf getroffen. Auch wenn man natürlich hier und da ein paar Abstriche machen muss, passen sämtliche Komponenten zum Einsatzbereich und sind dem Preis angemessen. Das fängt bei der Gabel an, wo man mit der RockShox 35 Gold eine sehr gute, steife und nicht sonderlich schwere Luftfedergabel bekommt, bei der man sehr schnell ein gutes Setup findet. Die Schaltung mit einer Mischung aus SX Eagle und NX Eagle Teilen von Sram bietet genügend Bandbreite und überzeugende Performance. Ähnliches gilt für die Bremsen: Die Shimano MT420 ist eine 4-Kolben Bremse, die zwar keine brachiale Power mitbringt, aber dennoch einige Reserven hat und sich gut dosieren lässt. Am Heck hätten wir uns jedoch eine 180 mm Scheibe gewünscht.
Bei den Laufrädern bekommt man solide Kost mit zuverlässigen Shimano MT400 Naben und WTB ST i29 Felgen, die sich schnell und einfach auch auf schlauchlos umrüsten lassen. Mit 29 mm Innenweite sind sie außerdem breit genug um die Maxxis Reifen aufzunehmen, die man dem Trail SE spendiert. Vorn gibt’s den DHF in 2,5er Breite, hinten der High Roller II in 2,3″. Beide kommen mit der etwas leichteren Exo Karkasse – sie bietet zwar etwas weniger Pannenschutz, dafür sinkt der Rollwiderstand. Ein unscheinbares Highlight (zumal für diese Preisklasse) befindet sich an der Vorderradnabe, wo Cannondales hauseigener Sensor sitzt: Er lässt sich z.B. mit Garmin oder Wahoo Radcomputern koppeln und gibt Auskunft über die Geschwindigkeit. Zudem kann man mit der Cannondale Smartphone App die gefahrene Strecke im Auge behalten und wird beispielsweise an Wartungsintervalle erinnert. Schöne Sache!
Während das Cockpit mit dem 760 mm breiten FSA Lenker und dem angenehm kurzen Vorbau aus eigenem Hause überzeugt, müssen wir als einzige Komponente am Trail SE die Sattelstütze ein wenig kritisieren. Ja, schön, dass Cannondale eine vom Lenker versenkbare Dropper Post verbaut, aber mit maximal 120 mm Hub ist sie leider nicht mehr ganz zeitgemäß.
Rahmen | Aluminium |
Federgabel | RockShox 35 Gold RL, 120mm |
Dämpfer | - |
Laufräder | Shimano MT400 / WTB ST i29 TCS |
Reifen VR | Maxxis Minion DHF, EXO, 2.5 |
Reifen HR | Maxxis High Roller II, EXO, 2.3 |
Schaltwerk | Sram NX Eagle, 12-speed |
Schalthebel | Sram SX Eagle |
Kurbel | Sram SX Eagle Power Spline, 30T |
Umwerfer | |
Bremse | Shimano MT420 |
Bremsscheiben | 180/160mm |
Sattelstütze | TranzX Dropper |
Sattel | Cannondale Ergo XC |
Vorbau | Cannondale 3 |
Lenker | FSA Alloy Rider, 760mm |
Cannondale Trail SE 1: Auf dem Trail
Optisch lag das Cannondale Trail SE 1 bei unseren Testern auf Anhieb weit vorne! Dynamisch und zeitlos-gefällig kommt es daher – obwohl man das für knapp 1.500 Euro eigentlich nicht unbedingt vermuten würde. Erster Eindruck: Top! Also ab auf den Trail!
Das Cannondale empfing uns ohne große Überraschungen: modern aber nicht zu extrem (ja, hier wiederholen wir uns oft) ist die Geometrie und damit auch die Sitzposition. Angesichts von „nur“ 120 mm Federweg an der Front fällt der Lenkwinkel mit 66,5 Grad schön flach aus und verspricht ein quirliges und agiles Fahrverhalten.
Den Uphill erledigt das Trail SE 1 unaufgeregt gut. Die Sitzposition ermöglicht effizientes Pedalieren und erst im richtig steilen Gelände beginnt das Vorderrad leicht zu steigen. Sehr gut gefallen hat uns die Performance der Sram SX Eagle Schaltung. Knackig und präzise werden die Gänge gewechselt und die Bandbreite ist völlig ausreichend. Das 760 mm breite Cockpit ist bestens gewählt und passt wie angegossen zum universellen Charakter des Bikes.
Universell präsentiert sich auch das Fahrverhalten bergab. Flink aber nicht nervös bereitet das eher kurzhubige Cannondale großen Fahrspaß. Das Handling ist intuitiv und berechenbar und sollte für Jedermann „out of the box“ passen. Die 29er Maxxis Reifen stellen einen guten Kompromiss zwischen akzeptablen Rolleigenschaften und exzellentem Grip dar. Lediglich bei hohem Tempo stoßen sie mangels ausreichend Pannenschutz und Eigendämpfung mitunter an ihre Grenzen. Das hohe Tempo ist auch nicht die Paradedisziplin der RockShox 35 Gold Gabel; zwar lässt sie sich sehr einfach und schnell einstellen und spricht sensibel an, die Dämpfung kommt aber bei schnellen und harten Schlägen an ihre Grenzen. Shimano´s MT420 Bremsen mit 4-Kolben-Zangen passen angesichts des attraktiven Preises sehr gut ins Konzept. Nur bei langen, steilen Abfahrten konnten wir sie ans Limit bringen, was sich in einer erhöhten Handkraft bemerkbar machte. Hier gilt wie immer: Schwere Fahrer sollten auf jeden Fall das Upgrade auf größere Bremsscheiben in Betracht ziehen. Zu guter letzt die Dropper Post: Funktion? Top! Hub? Mit 120mm eigentlich zu kurz.
Das Cannondale Trail SE 1 ist ein Trail-Hardtail wie es im Buche steht. Flink, spaßig, vielseitig und robust. Da es zudem noch verdammt gut aussieht und wettbewerbsfähig bepreist ist, lassen sich kleine Schwächen bei Gabel und Dropper Post getrost verschmerzen. Gut gemacht Cannondale!