Die Geschichte ist etwas länger, schließlich ging alles schon am Dienstag los mit der Anreise nach Füssen, wo zur Vorbereitung auf den Tannheimer Radmarathon wieder eine der Radsportwochen in Füssen auf dem Programm stand. Zuerst gab es aber einen längst überfälligen Besuch bei meinem Hauptsponsor, der Firma Doser in Füssen. Wie immer eine sehr feine Sache, großes Lob für die bisherige Saison eingeheimst und wenig später saß ich schon mit den Gästen des Hotel Sommer auf dem Rad, drehte eine gemütliche Planseerunde mit nettem Cafe und bester Unterhaltung mit Chef Wolfgang Sommer und Gästen.
Auch Mittwoch und Donnerstag durfte ich jeweils aufs Rad steigen, schon edel, wenn die Radtour fix auf dem Spickzettel steht und nicht div. anderen Aufgaben zum Opfer fällt. Jedenfalls waren es sehr erholsame Tag, trotz vieler Termine und Besprechungen außen herum, aber es soll ja was weitergehen für die kommende Saison und da hab ich ein sehr gutes Gefühl! Am Freitag reiste ich dann ins Tannheimer Tal an, zu meinem Freund Markus und seiner Familie im Berger Hof – eine meiner (vielen) Lieblingsstationen im Tannheimer Tal. Als selbst begeisterter Radfahrer ist Markus ein toller Hausherr für sportliche Gäste und fährt gern auch selbst mit auf Tour, wenn es seine Zeit erlaubt.
Die „Ruhe vor dem Sturm“ nützte ich etwas zur Erholung, schraubte fleißig am Material (Danke an Radsport Zacherl und Stefan vom Mountainrider in Vils für die Hilfe!), unterhielt mich mit den vielen Radgästen und ging mit Fotograf Marco Felgenhauer auf Tour, der wie immer höchst professionell zu Werke schritt und mich und mein Equipment passend in Szene setzte. Bis Samstag Vormittag genoss ich noch die Ruhe vor dem Sturm, dann war Anreise, Vorbereitung und schließlich die gemeinsame Ausfahrt angesagt. Mit fast 15 Fahrern drehten wir eine gemütliche Runde, besichtigten den Abstecher nach Jungholz und den „Aufgalopp“ über den Radweg nach Grän. Abends noch die Nudelparty, Taktikbesprechung, Betreuereinweisung und das Breefing besucht, letzte Vorkehrungen getroffen und müde ins Bett versunken.
Schließlich klingelte um 4:30 der Wecker – zu schade, dass ich das tolle Frühstück im Berger Hof heute nur ansatzweise genießen konnte – schließlich ist mir vollem Bauch schlecht voll Gas zu geben. Am Start zum Glück alles Routine, die Teamfahrer bestens untereinander organisiert bereits in den vordersten Startreihen postiert und schon ging es los. Gleich vorne weg, und über den Radweg das Tempo bestimmt – hat denke ich ganz gut funktioniert – jedenfalls gab es vorne keine Hektik. Auf der Bundesstraße dann kurze Vorbelastung zum warm werden und dann zuerst mal auf Mona konzentriert, die trotz ihres schweren Sturzes beim Marathona mit Rippenprellungen und großflächigen Abschürfungen am Rücken nicht von einem Start abzubringen war.
Nach Jungholz hinauf kämpfte sie schwer, doch Hilfe wollte sie wie üblich keine – eine Kämpfernatur eben, unsere Mona. Nach Jungholz war das Feld noch etwa 200 Mann stark – fast alle Teamfahrer waren dabei und es war total gemütlich, mal entspannt im Rennen zu ratschen, für viele war es Neuland, dass ich da so im hinteren Drittel irgendwo mitschwamm und das bei einem Marathon… Vor allem die Landschaften im Allgäu waren in der Morgensonne ein Traum, von daher finde ich die neue Strecke schon eine absolute Bereicherung – gerade für die Genussfahrer! Kaum bemerkt von mir, setzten sich irgendwo in diesem Bereich 10 Fahrer ab, aber wie zuvor besprochen, hatte wir mir Stephan Schwarz ein heißes Eisen vorne dabei und standen nicht unter Zugzwang.
Max und Ulrich deckten auch die weiteren Fluchtversuche perfekt ab, so saß Ulrich bald in einer Gruppe, die wir aber am steilen Riedbergpass wieder stellen konnten. Das Feld selektierte sich ordentlich, bei mir lief es aber spielerisch und so half ich Ulrich und einigen anderen Fahrern, die am letzten Loch gerade noch den Anschluss an die neue Verfolgergruppe schafften. Im Bregenzer Wald dann eine Fluch von Max, nachdem im Feld überhaupt nichts mehr vorwärts ging und die Beine hängen gelassen wurden. So rollte wieder viel heran, sogar 2 Damen und einige weitere Teamfahrer. Der Vorsprung der Spitze betrug schon 4 Minuten und langsam begann die Rechnerei, ob das noch aufholbar sein würde.
Alles war davon abhängig, wie groß die Verfolgergruppe nach dem Hochtannberg noch sein würde, denn der Weg durchs Lechtal bei starkem Gegenwind ist nur in einer Gruppe halbwegs unbeschadet zu überstehen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass aber keiner mehr so richtige Ambitionen hatte, und die Gruppe vielleicht sogar ins Ziel kommen könnte. Dieser Verdacht verstärkte sich, als auch bis Schröcken (Beginn des steilen Hochtannberges) niemand wirklich Druck machte. Die Gruppe zerriss zwar schon, aber für die Top Leute war es noch kein schnelles Tempo. Als dann nach der ersten Rampe immer noch keiner den Hintern hob, fasste ich mir ein Herz und ging alleine weg – unwiderstehlich für die anderen, die gar nicht reagierten und das gleiche Tempo weiterfuhren.
Schnell hatte ich ein großes Loch gerissen, doch würde das reichen, um auf die Spitze 4 Minuten zu zu fahren? Ich wusste: wenn ich bis zum Pass nicht aufgeschlossen hatte, war mein Akzent reine Energieverschwendung, denn im Lechtal war man alleine verloren. Zudem wären die Spitzenreiter sicher müde und die Verfolger noch frisch, von daher keine günstige Ausgangslage und ziemlich großes Risiko. Irgendwie hielt mich das etwas davon ab, 100% abzurufen, doch als die ersten Fahrer von vorne in Sicht rückten, legte ich nochmal zu und war am Pass noch gut 1:30 Minuten hinter den 5 verbleibenden Spitzenreitern. An unserer Teamlabe bekam ich diese Info und auch eine Flasche – vielen Dank an unsere fleißigen Betreuerinnen!
In der Abfahrt dann volles Risiko, vorbei an Autos, Bussen durch die Baustelle, den Ort Warth und das bestialische Schotterstück (oder eher Geröllwüste) im kurzen Gegenanstieg. Ich betete, dass meine Reifen schadlos blieben, doch wie schon das ganze Jahr über war auf meine Mavic Yksion Tubular felsenfester Verlass! In der langen, geraden Abfahrt konnte ich nicht mehr viel Boden gut mache und noch immer war vor mir nichts ins Sicht. Ich sah mich schon im Lechtal „verhungern“ – das war´s dann wohl… Alle Autos steckten in der Baustelle, also auch keine Hoffnung, von denen ein Brise Windschatten zu erhaschen. Ich hatte gerade noch Schwung von der letzten Steilstufe, als plötzlich Autos und ein Radfahrer in Sicht rückten.
Ich schoss daran vorbei, es war ausgerechnet mein Teamkumpel, Stephan Schwarz der von Krämpfen geplagt keinen Tritt mehr machen konnte. Ihm zu helfen, hätte aber keinen Sinn gehabt, denn hinter der nächsten Kurve war die Spitze noch zu erahnen und ich biss voll auf die Zähne, um die letzten Meter auch noch zu überbrücken. GESCHAFFT – ich war drauf… Total verblüfft, wo ich denn nun hergekommen sei, übernahm ich sofort die Führung und instruierte die Gruppe über die Rennsituation. Zum Glück unterstützten mich die 4 verbleibenden Fahrer nach Kräften, doch den Löwenanteil der Führung und viele Ausfälle beim Führungswechsel leistete ich gerne, um wenigsten geringen Vorsprung auf die Verfolger bis Weißenbach zu verteidigen.
Ewig zog sich das Lechtal, nur der Radweg und eben die vielen zu stopfenden Löcher sorgen für Abwechslung. Zum Glück erwischte ich dann an der Labe in Weißenbach eine Flasche und auch die anderen hatten schon seit Kilometern keine Flaschen mehr. Dann fackelte ich nicht lange und stiefelte davon, doch (wie fast erwartet) hatte ich zumindest 2 meiner Mitstreiter noch ernsthaft im Nacken sitzen, die mich nicht so ohne weiteres davon ziehen lassen wollten. Dafür, dass ich mit 330 Watt den Gaichtpass hinaufstiefelte und bei meinen Verfolgern im Flachen angeblich „nichts mehr geht“ ging, waren die enorm „lästig, da hinter mir. Als es flacher wurde, musste ich voll kämpfen, die Leistung sank und die Verfolger rückten näher.
Also ich mich in Nesselwängle erneut umdrehte und gute Einsicht nach hinten hatte, sah ich plötzlich eine 7 oder 8 köpfige Gruppe – davor eine Motorrad – der Schock war groß – das musste die Verfolgergruppe sein! Vielleicht eine Minute war das, wenn nicht weniger und noch 7 Kilometer bis ins Ziel… Für mich waren die so lang, wie das restliche Rennen, ich bekam Seitenstechen von der verkauerten Sitzposition und Krämpfe kündigten sich langsam an. Erst als ich auf der 1000m Marke noch keine Gruppe erspähen konnte und wenig später über den Parkplatz und die Unterführung auf die Zielgerade einfädelte, realisiert ich, was ich geschafft hatte. Ein saugeiles Gefühl, denn der Tannheimer ist für die vielen Teamfahrer und Partner aus dem Allgäu ja eines der Heimrennen.
Im Ziel frenetisch empfangen von den vielen Teamfahrern, die die kurze Strecke gewählt hatten und meinem Hauptsponsor – Jürgen Doser – hatte ich gar keine Zeit, mich irgendwo auf die Wiese zu legen und meine Bauchkrämpfe zu überwinden. Geistig noch nicht ganz „angekommen“ stand da gleich Siegerinterview usw. an – bei dem ich zum Glück gute Worte fand und auch mein Magen hatte sich wieder beruhigt. Vor dem nächsten Interview noch die halbe Labestation leer getrunken, erst dann kam die große Verfolgergruppe um Andi Traxl ins Ziel. Somit war meine Adrenalin-Bombe in Nesselwängle wohl ein Zusammenschluss aus Fahrern der Kurzstrecke und meiner 2 Verfolger und nicht die Verfolgergruppe – egal – der Vorsprung von unter einer Minute hätte keinen Spielraum zum Verschnaufen gelassen.
Nach der Reihe trudelten dann die Teamfahrer ein, Stephan Schwarz kam in der Verfolgergruppe ins Ziel, Max Aigner und Ulrich Bartholmös büßten am Gaichtpass leider für ihre fleißigen Helferdienste. Wenig später kam dann auch schon Monika Dietl – wie immer gut behütet, von Josef Czernin, Jörg Schmid und ihrem Freund Tom ins Ziel. Völlig abgekämpft und schmerzverzerrt kümmerten wir uns gemeinsam um sie – da rückte mein Sieg schnell in den Hintergrund, während wir Mona mal versorgten. Umso größer dann Freude und Überraschung über ihren 3. Platz und meinen Sieg bei den nun schon fast vollzählig eingelangten Teamfahrern. Bis zur Siegerehrung vertrieben wir uns die Zeit im Zielgelände.
Die Ausbeute war ja heute enorm: bei fast jeder Ehrung war das Kirchmair Cycling Team vertreten, Mona gewann ihre Altersklasse, dazu 3. Platz Gesamt, Stephan Schwarz wurde nur von Andi Traxl auf Platz 2 seiner AK verdrängt (Gesamt 8.), und Kapitän Stefan sicherte seinen bereits 4. Sieg bei der 7. Austragung des Tannheimer Radmarathons! Ein grandioses Wochenende für das gesamte Team direkt vor der Haustüre also – so kann es weitergehen! Schon bald sehen wir uns ja am Arlberg wieder, wo das letzte gemeinsame Trainingslager für das große Highlight, den Ötztaler Radmarathon auf dem Programm steht. Der Arlberg Giro und der Highlander Radmarathon sind die letzten Generalproben für die Highlights zum Saisonende.
Wer Lust hat, kann sich dazu noch spontan dazu gesellen – im Hotel am Arlberg haben wir perfekte Rahmenbedingungen für die gemeinsame Trainingswoche, zu der auch Fahrer eingeladen sind, die unser Team einmal kennen lernen wollen. Im Oktober gibt es dann noch ein weiteres neues Schmankerl – Zusammen mit dem Hotel Ritter in Tannheim gibt es ein verlängertes Wochenende, an dem ein paar relaxte Bike-Runden, sowie Gourmet & Wellness auf dem Programm stehen. Der perfekte Anlass also, zum Saisonende die Seele baumeln zu lassen, und ein paar Tage aktive Erholung in Tannheim & dem Allgäu zu genießen!