Lifestyle: Jedes Jahr im Herbst werden die Weltmeister gekürt. Dies ist bei den Profis so und auch die Journalisten machen davor nicht Halt. In diesem Jahr wurden die World Press Cycling Championships (WPCC) im österreichischen Bad Radkersburg ausgetragen.
Die Teilnehmer in den Kategorien Sprint, Zeitfahren und im Straßenrennen ihre Sieger. Im vergangenen Jahr waren wir selbst mit vor Ort und konnten uns als erfolgreichste Redaktion zurecht glücklich schätzen. Diesmal hielten andere Redaktionen die Fahnen oben. Einen eindrucksvollen Rennbericht liefert dabei Joscha Weber (Strassacker), der in der Männer-Hauptklasse den Sieg feierte.
„Immer wieder geht der bange Blick über die Schulter nach hinten. Kommen sie näher? Holen sie uns noch? Oder schaffen wir es doch? Lassen wir es drauf ankommen, denke ich mir. Der Blick geht wieder nach vorn. Noch fünf Kilometer. Mein österreichischer Fluchtgefährte zuckt mit dem rechten Ellenbogen, ich soll in die Führung. Also klein machen, draufdrücken und in den Wind, der leider von vorne kommt. Ich gebe alles, was noch da ist nach 80 Kilometern Rennen, doch der Tacho zeigt gerade mal 44 Stundenkilometer an. Puh, hoffentlich reicht das, denke ich, während mir der Regen ins Gesicht prasselt. Belgisches Frühjahrswetter im österreichischen Spätsommer. Ein schöner Tag, um Weltmeister zu werden.
# Vor dem Start wurde dem im letzten Jahr beim WPCC-Rennen in St.Anton tödlich verunglückten Karel Verdonschot gedacht.
Je mehr wir uns Bad Radkersburg nähern, desto konkreter wird dieses Ziel. Der x-te Blick nach hinten sagt mir: Der Vorsprung ist gewachsen – und müsste reichen. Auch wenn mein österreichischer Wegbegleiter mir zu verstehen gibt: Er kann nicht mehr mitführen. Ok, jetzt alle Kräfte mobilisieren und durchziehen. Da vorne sehe ich den vorletzten Kreisverkehr. Gleich hat die Jagd ein Ende, zum Glück, denn die Beine schmerzen langsam. Zwei Kurven weiter sind wir auf der Zielgeraden, ein letzter Sprint, meine Faust geht nach oben, geschafft. Weltmeister.
Gut, die World Press Cycling Championship ist gewiss nicht vergleichbar mit der Rad-WM der Profis: Nur rund 60 Starter statt 200, 85 Kilometer Renndistanz statt 250. Aber im Gegensatz zur echten WM, ist Radsport für die Teilnehmer der Journalisten-WM eben nur ein Hobby. Dennoch ist das Niveau zum Teil erstaunlich hoch. Schon in Runde eins setzen sich vier Fahrer mit Tempo 53 vom Feld ab. Dahinter reißen Lücken, mein Vordermann will nicht hinterher, ich trete an – aber zu spät. Alleine jage ich dem Spitzenquartett hinterher, komme aber einfach nicht richtig näher. Zwischen Spitzengruppe und Feld muss ich irgendwann einsehen, dass es keinen Zweck hat. Noch knapp 80 Kilometer sind zu fahren, alleine ein Himmelfahrtskommando. Ich lasse mich vom Feld einholen. Auch weil ich mir nicht sicher bin, ob die Kräfte nach einer gerade überstandenen Erkältung überhaupt reichen.
Als klar ist, dass das Spitzenquartett enteilt ist, beginnt ein nervenzehrendes Spiel im Hauptfeld. Attacken gehen, alles läuft wieder zusammen, anschließend Bummeltempo, keiner will Führungsarbeit machen. Insbesondere die zahlenmäßig stärkste Fraktion im Feld, die Italiener, fahren lieber nur im Windschatten der anderen. Eine Rennsituation, die mir stinkt. Rund ein Dutzend Mal attackiere ich aus dem Feld heraus, jedes Mal holt mich eine temporäre Allianz aus Italienern, Niederländern und Österreichern wieder ein. Erst am letzten Hügel in der Ortschaft Klöch kann ich mich entscheidend absetzen. Lanciert von Werner Müller-Schell (Deutschland), gebe ich im 600 Meter langen Anstieg Gas und passiere die Kuppe mit einem knappen Vorsprung. Auf der Abfahrt holt mich Thomas Kerschbaum (Österreich) ein, mit dem ich gemeinsam auf den letzten zehn Kilometern einen Vorsprung von 36 Sekunden ins Ziel bringe.
Da im Spitzenquartett kein Fahrer der Hauptklasse vertreten ist, reicht mir ein fünfter Gesamtplatz zum Sieg in meiner Altersklasse vor Werner Müller-Schell und Vicenzo Moretti (Italien) in der leider recht dünn besetzen Kategorie Männer 1. Mit beiden stehe ich wenig später auf dem Stockerl und genieße die Hymne. Regen, Wind und Zweifel sind da längst vergessen – und die Erkältung übrigens auch.“
# WPCC-Organisator Walter Rottiers (rechts) und die Veranstalter.
Am Ende konnten die deutschen Starter in den jeweiligen Disziplinen und Altersklassen die meisten Medaillen sammeln. 2015 findet die 16. WPCC in Oudenaarde statt und wo rund 140 Teilnehmer erwartet werden.