Test: Wir haben das Mondraker e-Crafty R+ die ganze Saison 2017 bewegt. Spaß hatten wir von Anfang an, trotzdem haben wir einige Modifikationen vorgenommen. Mit dem Endergebnis sind wir noch zufriedener gewesen, denn das Bike kann viel und gibt enorm viel Selbstvertrauen.
Das Mondraker e-Crafty im Detail
Der solide e-Crafty Rahmen setzt, wie man es von den Spaniern erwartet, auf das Zero Suspension System und die Forward Geometry. Welche Technologien verstecken sich hinter den Bezeichnungen? Das sogenannte Zero Suspension System beschreibt Mondrakers Heckfederungssystem. Der Hinterbau besteht dabei aus einer großen Schwinge, Kettenstreben und Sitzstreben sind hier starr verbunden, welche mittels zwei kleinerer Hebel am Hauptrahmen hängt. Zwischen diesen Beiden Umlenkhebeln sitzt der Dämpfer und ist praktisch schwimmend montiert, da beide Montagepunkte sich bewegen. Das Federbein wird praktisch von zwei Seiten beim Federvorgang komprimiert. Damit soll Pedalrückschlag verhindert werden und auch Bremseinflüsse ausgeschaltet werden. Man verspricht null Leistungsverlust. Die Forward Geometry beschreibt eine veränderte Rahmengeometrie, seit 2012 das Markenzeichen Mondrakers. Ein kurzer 30mm Vorbau kommt zum Einsatz, da man dank längerem Vorderen-Rahmendreieck trotzdem nicht zu Aufrecht sitzen soll. Dadurch soll das Bike sehr Fahrstabil sein.
Mondraker E-Crafty Geometrie
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 380 | 420 | 470 | 510 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 609 | 636 | 660 | 700 |
Steuerrohr (in mm) | 593 | 602 | 616 | 630 |
Kettenstrebe (in mm) | 475 | 475 | 475 | 475 |
Radstand (in mm) | 1215 | 1244 | 1269 | 1295 |
Lenkwinkel (in °) | 67,5 | 67,5 | 67,5 | 67,5 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 75 | 75 | 75 |
Reach (in mm) | 450 | 475 | 495 | 515 |
Stack (in mm) | 593 | 602 | 616 | 630 |
Bei den Teilen kommt ein Mix aus hauseigenen und bewährten Teilen zum Einsatz. Der Stummelvorbau, die Griffe, der breite Lenker und der Sattel mit hauseigenem Label bieten keinen Grund zur Klage, gut und günstig kann man sagen. Bei den Laufrädern hatte ich mehr zu meckern: Relativ früh gab es unangenehme Geräusche vom Freilauf, das sagt etwas über die Qualität der Naben. Günstige Felgen mit 35er Weite, günstige Speichen und das damit verbundene Gewicht sind auch nicht zwingend nötig. Somit wanderten hier relativ schnell Hope Laufräder ans Bike. Klar, die original Laufräder hätten zwar sicher auch gehalten aber sie wurden dem Rad nicht gerecht. Absolut zufrieden bin ich noch immer mit dem Rock Shox Fahrwerk. Der Monarch Plus gehört sowieso zu den bekannten guten Federbeinen, aber auch die eher günstige Yari wusste zu gefallen. Ich habe kein Upgrade vermisst. Weil wir gerade beim Upgrade sind. Am Testrad war eine Reverb montiert. Das ist in Serie beim rund 5.000 Euro teuren e-Crafty nicht der Fall, sie hätten wir schmerzlich vermisst. Optional konnte man das Bike aber für 5.299€ mit der Reverb ordern. In Sachen Schaltfunktion waren die Sram Kette und die Sunrace Kasette in Ordnung. Das GX-Schaltwerk wechselte zuverlässig die Gänge. Der GX-Schalthebel fiel einem Sturz zum Opfer. Ein komplett verbogener Daumenhebel bedeutete das Aus und es gab Ersatz in Form von einem XO Hebel. Die Bremsleistung der 2-Kolben-Anlage Level erwies sich als gut. Nur bei langen Abfahrten brachte ich die Bremse mit meinen 100+ Kilo an die Grenzen, also erfolgte auch hier der Wechsel auf eine Sram Guide EX Bremse. All die Veränderungen am Bike sollen aber kein schlechtes Licht auf das e-Crafty werfen. Mit meinem hohen Körpergewicht, hoher Laufleistung und recht grobmotorischer Fahrweise bringe ich Komponenten regelmässig ans Limit. Für den E-MTB Tourenbetrieb sind alle Teile absolut tauglich.
Wie fährt das Mondraker e-Crafty?
Etwas am e-Crafty ist inzwischen zum Standard für eine funktionierendes, aggressiv zu fahrendes E-Mountainbike mit Vollfederung geworden. Dicke Plus-Bereifung auf breiten Felgen erhöhen den Grip. Was aber im Oktober 2016 ein Aha-Erlebnis bei mir auslöste war der Maxxis Minion in 2,8 Zoll Breite. Vergleichbare Reifen mit dünner Karkasse und wenig Profil waren oft zu schwammig und ich hatte einen unerwünschten „Bounce“. Die Minion DH überzeugten mit Top Grip in jeder Situation. Dafür muss man den erhöhten Rollwiderstand in Kauf nehmen, was an einem Bosch CX Bike noch zu verschmerzen, ist, so lange der Akku hält. Man spürt den erhöhten Rollwiderstand deutlich beim Rollen bergab. Sie haben auch die Bremsen vor einen Herausforderung gestellt, wo mit anderen Reifen die Traktion schon lange weg wäre mussten die Stopper noch arbeiten. Mit den vier Kolben der Guide RE war das dann auch bei hohem Fahrergewicht unproblematisch und wer nicht sehr schwer ist, der kommt mit den Sram Level auch zurecht. Bei beiden Bremsen gefällt mir das Hebelgefühl sowohl in Sachen Ergonomie als auch der Druckpunkt. Wie bereits erwähnt funktionierte das Fahrwerk sehr gut. Für die sportlichen Fahrer passt der Hinterbau besonders gut. Es gibt feinfühligere Federungssysteme, aber das Mondraker e-Crafty ist mit der Zero Suspension effektiv und schnell. Die Yari ist sensibler und schont die Hände des Piloten. Extremen Schlägen kann sie nicht immer perfekt folgen, wenn sie schnell aufeinander folgen und sie kann auch mal tiefer im Federweg stehen als gewünscht. Das brachte mich zum grübeln. Die hochwertiger ausgestattete Variante des e-Crafty kommt mit verstellbarem Federweg vorne, bis 160mm. Also habe ich die Gabel auf 160mm getravelt (dazu muss ein Luftkolben getauscht werden) und sie bekam einen Service. Mit etwas Spielerei in Sachen Luftkammervolumen und Abstimmung passt das Fahrwerk jetzt sehr gut zu meinen Vorlieben.
Was meine Vorlieben sind? Ich will Spaß auf dem Rad haben! das Rad soll es mir leicht machen. und das macht das e-Crafty. Die lange Front (Danke Forward Geometry) passt gut zum langen Heck. Man sitzt dank Stummelvorbau trotzdem nicht zu beengt auf dem Rad. Viele E-bikes haben lange Kettenstreben, mit einer Kompakten Front fährt sich das dann ein bisschen wie eine Sattelschlepper. Die Front ist rum, das Heck braucht noch eine Weile. Das Mondraker fährt sich eher wie ein Downhill-Bike im Vergleich zu anderen E-Fullys. Lange Front, langes Heck und gefühlt flache Winkel. Draufsetzen, festhalten und das E-Crafty laufen lassen. In Kurven braucht es etwas mehr Nachdruck, aber erstaunlicherweise fiel mir das nie negativ auf. Eine Kettenführung oder ein entsprechendes Schaltwerk hätten die Kette zügeln und die Fahrt leiser Gestalten können.
Was bergab hilft, das schadet auch bergauf nicht. Auch hier gilt lange läuft! Der lange Hinterbau und das Gewicht weit vorne helfen im Aufstieg deutlich. Genau wie sie bergab ein Überschlagsgefühl verhindern halten sie bergauf das Vorderrad lange am Boden. Beim Klettern war auch die Vergößerung des Gabelfederwegs hilfreich. So vergrößerte sich die Bodenfreiheit etwas und man setzt seltener mit den Kurbeln auf, wenn man technische Stücke erklimmt. Der Bosch CX geht souverän zu Werke und zieht Kraftvoll durch. Auch die 10 Gänge mit 11-42 Zähne Kassette reichen in Kombination mit dem Antrieb völlig. Das Purion Display finde ich zu so einem potenten Trailbike sogar passender als das Intuvia oder Nyon. Wir haben uns Anfang der Saison von Bosch die neuen Software, damals noch nicht offiziell verfügbar aufspielen lassen. Diese ermöglicht das Fahren im E-MTB-Modus. Der ersetzt den Sport Modus und wechselt praktisch selbständig durch die Unterstützungsstufen. Absolut großartig, es steht immer so viel Kraft zur Verfügung, wie man benötigt. Ich wechsele fast nicht mehr Zwischen den Modi.
Top oder Flop
Ganz klar Top. mit ein paar kleinen Veränderungen gehört das Mondraker e-Crafty zu den besten E-Mountainbikes die ich gefahren bin. Auch „Out of the Box“ wird es den meisten E-Bikern viel Freude bereiten.
Herstellerlink: www.mondraker.com