Test Haro Shift i/O 7: Die Marke Haro dürfte den BMX-Spezialisten sicher ein Begriff sein. Keine andere Marke hat den Sport so geprägt wie Haro. Mit dem Modelljahr 2018 soll auch der deutsche Markt erobert werden. Allerdings nicht mit BMX-Modellen, sondern, wie es die Zeit will, mit potenten E-MTBs. Wir durften das Haro Shift i/O 7 bereits ausgiebig testen.
Haro Shift Plus i/O 7 Test: Rahmen und Antrieb
Das Haro fällt auf. Türkis dominiert und wird von orangen Details ergänzt. Die Farbgebung erinnert fast an die Gulf-Rennwagen aus der legendären Zeit. Die auffällige Lackierung umhüllt einen Alu-Rahmen, dessen Viergelenker Hinterbau 140mm Federweg aus dem stehenden Dämpfer herauskitzelt. Ansonsten bietet der Rahmen viele moderne Details. Die Züge sind innenverlegt und ist für Boost-Naben ausgelegt. So können dicke Reifen im Rahmen untergebracht werden, ohne dass die Kettenstreben zu lang oder die Kettenlinie ungünstig wird.
Der Rahmen wurde um die Shimano E-8000 Antriebseinheit gebaut. Der Akku ist im Unterrohr semi-integriert und der schlanke Shimano E-MTB Motor wurde ebenso stimmig in Gesamtbild eingefügt. Im Akku finden über 500 Wh Akkukapazität Platz, um den 250W starken Shimano Motor über einen längeren Zeitraum hinweg ausreichend zu speisen. Der Motor mit max. 70 Nm Drehmoment bietet zusätzlich ordentlich Bums für den MTB-Einsatz. Gesteuert wird das System über die bekannte Shimano Einheit mit einem DI2 Shifter und einem kleinen Bildschirm, der einem die nötigen Informationen bietet. Angezeigt wird dort z.B. der Akkustand, die Restreichweite, Geschwindigkeit oder Trittfrequenz.
Haro Shift Plus I/O 7 Test: Geometrie
Die Geometrie ist sehr typisch für ein modernes E-Trailbike dieser Klasse. Der Lenkwinkel mit 67º für diese Federwegsklasse relativ steil aus. Dass man hier nicht auf 66 oder gar 65° geht wie bei so manch anderem modernen MTB ohne Motor, macht aber durchaus Sinn: Mit einem potenten E-MTB will man eben auch richtig steile Rampen nach oben fahren. Ist der Lenkinkel jedoch zu flach, hat man Mühe, das Vorderrad am Boden zu halten. Passend dazu sind auch die Kettenstreben mit 457mm verhältnismäßig lang – auch das trägt positiv zur Kletterperformance bei.
Im Zusammenspiel mit dem moderat langen Reach bekommt man so ein Rad, das eine durchaus gelungene Balance zwischen Laufruhe und Agilität, zwischen modernen Trends und bewährten Eigenschaften findet.
Haro Shift Plus I/O Geometrie
XS | S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 368 | 406 | 457 | 520 | 559 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 570 | 585 | 615 | 630 | 640 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 110 | 120 | 130 | 140 |
Kettenstrebe (in mm) | 457 | 457 | 457 | 457 | 457 |
Radstand (in mm) | 1164 | 1182 | 1213 | 1229 | 1245 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 73 | 73 | 73 | 73 | 73 |
Reach (in mm) | 413 | 427 | 456 | 463 | 476 |
Stack (in mm) | 598 | 607 | 613 | 626 | 635 |
Haro Shift Plus I/O 7 Test: Ausstattung
Rahmen | Haro Shift Plus I/O X6 Aluminium frame |
Federgabel | Rock Shox Revelation 27,5" Boost |
Antrieb | |
Akku | |
Dämpfer | Rock Shox Monarch RL |
Laufräder | WTB i35 |
Reifen VR | Kenda Havoc 2,6" |
Reifen HR | Kenda Havoc 2,6" |
Schaltwerk | Kenda Havoc 2,6" |
Schalthebel | Shimano SLX |
Kurbel | Shimano E8000 |
Umwerfer | |
Bremse | Shimano SLX |
Bremsscheiben | Shimano SLX |
Sattelstütze | TranzX Internal Dropper Post |
Sattel | WTB Rocket Comp |
Vorbau | Race Face Ride |
Lenker | Race Face Ride Alloy |
Bei der Ausstattung gibt es am Haro Shift Plus I/O keine Experimente und es werden durchweg solide Teile verbaut. Das Fahrwerk kommt von Rock Shox. An der Front arbeitet eine Revelation mit 150mm Federweg und 35mm Standrohren, der ein Monarch RL im Heck zur Seite stellt. Die Gangwechsel übernehmen Teile aus dem Hause Shimano. Ein SLX-Hebel steuert ein XT-Schaltwerk mit 11-Gängen an. Für die Übersetzung wurde an der Kurbel ein Kettenblatt mit 38 Zähnen und eine Kassette mit einer 11-42 Abstufung verbaut. Eine Kombi mit der man auch steilere Rampen bezwingen kann, aber auch bei großen Geschwindigkeiten die Übersetzung reichen sollte.
Die 2,6″ breiten Kenda Havok Reifen finden auf den WTB i35 Felgen mit 35mm Innenweite genügend Halt – natürlich ist die Kombination auch Tubeless-fähig. Für die Verzögerung sorgen solide Shimano SLX Bremsen mit 180 mm Bremsscheiben. Hier könnten sich schwerere Fahrer eine größere Scheibe zumindest an der Front wünschen. Fast schon Pflicht an einem All-Mountain ist eine Dropper Post. Hier wird eine TranX Stütze mit Remote vom Lenker aus verbaut. Viel Kreativität zeigte man bei der Montage der Remote. Eigentlich für die linke Seite anstelle des Umwerfer-Hebels konstruiert, wandert sie am Haro auf die rechte Seite und steht „auf dem Kopf“. Das sieht etwas seltsam aus, funktioniert in der Praxis jedoch ganz gut.
Auf der Stütze montiert befindet sich ein WTB Rocket Comp Sattel. Am Vorserien Testbike war noch ein Ritchey Cockpit verbaut. In der Serie besteht das Cockpit aus Race Face Teilen. Insgesamt ist das Ausstattungspaket für das Einsatzgebiet des Haros sehr passend und auch die Haltbarkeit dürfte auf Dauer keine Probleme machen.
Haro Shift Plus I/O 7 Test: Auf dem Trail
Das Haro Shift Plus I/O 7 hat das Los gezogen von uns in den Wintermonaten getestet zu werden. Aber gleich vorweg: Selten hatten wir mit einem Bike so viel Spaß im Winter. Durch tiefen Matsch und Schnee pflügt es sich mit dem kräftigen Motor deutlich leichter und man hat auch bei schlechten Bedingungen um einiges mehr Spaß. Auch der innere Schweinehund, sich bei ungemütlichen Winterwetter auf den Sattel zu schwingen, ist ein wenig kleiner.
Nun aber zum Bike selbst. Die erste Sitzprobe fiel gut aus. Man sitzt sehr zentral und angenehm auf dem Rad und auch der Lenker hatte die richtige Breite. Auf den ersten Metern auf Asphalt rollten die breiten Kenda Reifen trotz Plus-Format sehr gut, wahrscheinlich weil die Stollen der Reifen nicht ganz so radikal ausgeprägt sind. Somit kann man auch ohne große Anstrengung das Rad im Eco-Modus bewegen, der den Fahrer sehr dezent aber dennoch spürbar unterstützt. Das große Highlight am Shimano E8000 Motor ist zweifelsfrei der Trail-Modus. Der Motor stellt in diesem Modus dem Fahrer immer die richtige Leistung zu Verfügung und regelt die Leistung sehr intuitiv je nach Trittfrequenz und hinzugegebener Leistung vom Fahrer. So fühlt sich das Rad extrem natürlich und dynamisch an.
Der Modus empfiehlt sich auch für steile technische Anstiege. Im Zusammenspiel mit den Plus-Reifen und der Geometrie des Haros konnten so auch steile Rampen leicht bezwungen werden. Bei tiefem Matsch und Schnee kamen die Reifen etwas an ihre Grenzen. Hier hätten wir uns etwas mehr Profil gewünscht. Das Fahrwerk verhält sich mit richtiger Abstimmung im Uphill neutral und kann, wenn es benötigt wird, komplett verriegelt werden. Die Schaltung arbeitete auch bei starker Verschmutzung immer sehr zuverlässig und schaltete auch bei schnellen Gangwechseln sehr sauber.
Im Downhill macht das Haro wirklich Laune. Es ist wendig, aber zugleich auch laufruhig. Die dicken Kenda Pneus geben auch in technischen Passagen Sicherheit, was vor allem technisch eher weniger versierten Fahrern entgegenkommt. Zusätzlich zu den Plus-Reifen nimmt das Rock Shox Fahrwerk einiges an Schlägen auf und lässt das Bike zusammen mit dem tiefen Schwerpunkt sehr satt auf dem Trail liegen. Die SLX-Bremsen waren zuverlässige Anker in jeder Situation und konnten fein dosiert werden. Der 500 Wh Akku reichte auch bei nicht sparsamer Fahrweise für Touren mit über 800 hm und hatte sogar noch 2 Striche laut Akku-Anzeige über.