Test: Keine Lust auf Mittelmotor? Bei Geero geht man einen anderen Weg und setzt auf ein klassisch angehauchtes, elegantes Elektrorad, das sich bei Fahrverhalten und Unterstützungsleistung freilich nicht verstecken muss. Wie sich das Geero Touring-Comfort im Alltag schlägt? Wir haben es ausprobiert.
Mit einem E-Bike muss man sich heute nicht mehr verstecken – wer eins fährt, gilt nicht mehr als fauler Radler, sondern eher als cleverer Stauvermeider. Was jedoch nicht heißt, dass man sich mit dem Look der Mittelmotoren und Rahmenakkus anfreunden muss, der die aktuellen Elektroräder prägt. Auch Radfahrer, die den dezenten Look und die schlanken Linien alter Tourenräder schätzen, finden hier und da innovative Modelle, die sich vom Mainstream abheben – etwa bei Geero in der Steiermark.
Das Unternehmen der Brüder Michael und Thomas Rath (hier zu unserem Firmenportrait) geht seinen eigenen Weg und setzt auf einen kompakten Heckmotor, der hinter dem größten Ritzel des Zahnkranzpakets regelrecht verschwindet. So mancher Anbieter dieser Motorvariante erliegt nun der Versuchung, den Akku am Gepäckträger zu montieren, sodass am Rahmen selbst nahezu keine Modifikationen nötig sind. Geero dagegen wählte den komplizierten Weg, der freilich zu einer wirklich gelungenen Lösung führt: Der mit 420 Wattstunden anständig große Akku ist ins vergleichsweise schlanke Unterrohr integriert, sodass die komplette elektrische Anlage nahezu unsichtbar ist. Dass das Geero Touring-Comfort ein E-Bike ist, wird erst auf den zweiten oder dritten Blick deutlich, und damit ist dieses Rad ein echtes Unikum.
Sattel und Griffe farblich aufeinander abgestimmt, ein schmaler Gepäckträger mit Holzplatte plus Spanngurt, in Rahmenfarbe gehaltene Metallschutzbleche und die schmale Starrgabel: Optisch wirkt das Geero wie aus einem Guss, alles passt perfekt zusammen. Und unter den modernen Komponenten leidet die Retro-Optik keineswegs: Die Scheibenbremsen sorgen für Übersichtlichkeit, wo Felgenbremsen optisch stören; Schaltwerk und Zahnkranz sind in Schwarz gehalten und quasi unsichtbar.
Top ist dabei die Funktion dieser Bauteile: Die elf Gänge offerieren ein sehr breites Übersetzungsspektrum, mit dem das Geero ebenso für schnelle Abfahrten wie für steile Anstiege gewappnet ist. Genauso gut kann man auf dem Rad natürlich entspannt durch die City rollen; die dank winkelverstellbarem Ahead-Vorbau und leicht geschwungenem Tourenlenker aufrechte Sitzposition ist sehr angenehm.
Dass das Rad über einen Unterstützungsantrieb verfügt, könnte man dabei glatt vergessen – auch bei abgeschaltetem Motor lässt es sich nämlich ziemlich flott und widerstandsarm bewegen, wobei aktuelle Mittelmotoren in dieser Disziplin überlegen sind, wie Labormessungen zeigen. Wird dann aber an der zurückgenommenen Bedieneinheit links am Lenker der Antrieb aktiviert, steigt der Fahrspaß im Quadrat: Der kaum hörbare Heckmotor schiebt kräftig an und sorgt in der Ebene für überraschend hohes Tempo. Gerade im stärksten der drei Fahrmodi muss der Pilot aufpassen: Dass bei geringem eigenem Krafteinsatz viel Unterstützungsleistung abgerufen werden kann, könnte zulasten der Reichweite gehen. Besser ist es also, die Stufen 1 oder 2 zu nutzen, die ohnehin stark genug anschieben.
Geero Touring-Comfort: Leicht, schick – aber nicht ohne Makel
Hier kommt eine weitere Besonderheit des Geero ins Spiel, die für viel Fahrspaß sorgt: Mit rund 20 Kilo ist das Rad sehr leicht für ein E-Bike, dazu ausgesprochen handlich und agil. Gerade Radfahrer, die sportliche Bikes gewohnt sind, haben Freude an diesem Charakter und genießen es, auch mal in den Wiegetritt zu wechseln, wobei sie das Rad geradezu spielerisch unter sich bewegen können.
Vom Fahreindruck her kann der Heckmotor also überzeugen, allerdings weist das System auch ein paar Besonderheiten auf, die man kennen sollte: Zum einen wird auf ein Display verzichtet, das Fahrdaten wie Strecke und Geschwindigkeit liefert, sodass alle, die auf solche Informationen Wert legen, zusätzlich einen Tacho an den Lenker montieren müssen. Zum anderen sollte das Geero nicht länger winterlichen Temperaturen ausgesetzt werden – da der Akku nicht entnommen werden kann, muss das komplette Rad bei Minustemperaturen im Keller oder in der Wohnung geparkt werden. Steht das Rad an Wintertagen nur ein paar Stunden draußen, droht dem Akku aber keine Gefahr – maximal sinkt seine Kapazität, was jedoch kein Dauerzustand ist.
Da das Geero Touring-Comfort mit knapp 3.000 Euro nicht gerade billig ist, fallen die paar Kritikpunkte etwas stärker ins Auge: So ist die Befestigung des Seitenständers per Schelle nicht optimal gelöst, außerdem ist das vordere Schutzblech viel zu kurz. Zu beachten ist auch, dass man zusätzliche Akkuleuchten kaufen muss, will man bei Dunkelheit gesetzeskonform unterwegs sein. Davon abgesehen, kann das Geero aber durchaus überzeugen als unkonventionelles E-Bike mit eigenem Charakter.