Ein Fahrrad, das elektrische Unterstützung bietet und dabei nicht wie ein E-Bike aussieht? Ampler lässt diesen Wunsch mit dem Stellar Wirklichkeit werden; dabei gelingt es dem jungen Unternehmen, um die Nachteile konventioneller Elektroräder herumzukommen.
In Estland ist die Digitalisierung weit fortgeschritten; der Bildungsstand ist hoch und die Schüler des Landes liegen im PISA-Ranking ganz weit vorne. Dass es dort junge, innovative Unternehmer und Entwickler gibt, ist also kein Wunder. Das waldreiche Ostseeland rühmt sich schöner Fahrradrouten und ist weitgehend flach; seine höchste Erhebung, der „Große Eierberg“, liegt gerade mal 318 Meter über dem Meeresspiegel.
Mit diesen Informationen im Hinterkopf erscheint es einem nur logisch, dass ein E-Bike wie das Ampler Stellar ausgerechnet in der estnischen Hauptstadt Tallinn entstanden ist; und die dortigen Verhältnisse zu bedenken, kann das eine oder andere Missverständnis aufklären. In Deutschland wird der E-Bike-Markt in weiten Teilen von sportlichen Modellen bestimmt, die SUV-mäßig mehr können, als sie im Alltag leisten müssen. Ein Bosch-Performance-Bike ist im Stadtverkehr im Grunde unterfordert und spielt sein ganzes Potenzial erst auf anspruchsvollem Terrain auf. In den Niederlanden sieht das bereits anders aus: Dort stehen Alltagsräder mit Frontmotor nach wie vor hoch im Kurs, zumal es kaum Steigungen zu bewältigen gibt. Doch während solche Modelle konventionell aufgebaut sind, oft mit Gepäckträgerakku und eher schwer, geht Ampler einen anderen Weg: Das Unternehmen ist auf leichte, schlanke Modelle spezialisiert, die mit integriertem Akku und kompaktem Heckmotor kaum als Elektrorad zu erkennen sind.
E-Bikes sind heutzutage ein alltäglicher Anblick, doch das Stellar zieht alle Blicke auf sich. Unser kräftig rot lackiertes Testmodell ist auch für ein konventionelles Fahrrad umwerfend schön; dass es auch über einen Unterstützungsmotor verfügt, wird den meisten Betrachtern erst auf den zweiten Blick klar. Dass es inklusive Pedalen gerade mal 17,06 Kilo wiegt, ist eine kleine Sensation; immerhin ist es voll ausgestattet mit Licht, Metallschutzblechen und einem soliden Gepäckträger. Durchschnittliche Urban-Pedelecs wiegen acht bis zehn Kilo mehr, womit sie sich kaum noch runter in den Keller oder hoch in die Wohnung tragen lassen.
Beim E-Bike aus Estland kommt statt eines schweren Mittelmotors ein kompakter Nabenmotor zum Einsatz; der Akku bietet mit 336 Wattstunden ca. 40 % weniger Energie als der eines typischen Bosch-Bikes, weist dabei jedoch eine extrem kleine Bauform auf und kann im Unterrohr versteckt werden – wo er freilich fest montiert ist und vom Nutzer nicht entnommen werden kann. Das bedeutet, dass das Bike in kalten Winternächten auch wirklich ins Haus getragen sollte, um Batterieschäden vorzubeugen. Der Akku ist also versteckt, und auch ansonsten ist vom Antriebssystem kaum etwas zu sehen: Irgendwelche Bedienelemente am Lenker gibt es nicht, ebenso wenig ein Display; nur am Sitzrohr findet sich die Ladebuchse mit darüber liegendem Einschaltknopf, an dem ein leuchtender Ring den Betriebszustand anzeigt. Die Taste dient auch dazu, zwischen den zwei Fahrmodi hin und her zu schalten, die der Antrieb parat hat. Wer mehr will, lädt sich die zum Bike gehörige App herunter, womit sich weitere Optionen bieten. Über den Handybildschirm lässt sich der Fahrmodus zu einen leichter wechseln; zum anderen hat man auch die Möglichkeit, den Unterstützungsgrad beider Modi einzustellen – von 50 bis 150 %. Mit der App lässt sich das Rad außerdem orten, auch der Ladestand wird angezeigt und einiger mehr.
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Also einmal drücken, und los geht’s – und das durchaus flott. Im Normal-Modus mit 100 % Unterstützung schiebt das Ampler sanft, aber merklich an, bei 150 % geht es dann schon ziemlich nachdrücklich nach vorne. Hat man einmal Fahrt aufgenommen, ist man in beiden Modi leichtfüßig unterwegs. Über den unterstützten Bereich von 25 km/h hinaus lässt sich das Rad natürlich auch bewegen; dann geht es komplett aus eigener Kraft immer noch ziemlich locker weiter. Einen merklichen Widerstand weist der Nabenmotor nicht auf. Der eher kleine Akku darf im übrigen nicht mit geringer Reichweite verwechselt werden. Auf dem Prüfstand kam das Stellar in der Ebene beinahe 130 km weit, das allerdings mit einer vergleichsweise niedrigen Geschwindigkeit von gut 20 km/h. Auf ähnliche Werte kommen Bosch-Motoren in der niedrigsten oder zweitniedrigsten Unterstützungsstufe.
Auch bergauf muss sich das elegante Stadtrad keineswegs verstecken. Weit davon entfernt, ein reines Flachland-Fahrzeug zu sein, steckt es Steigungen von 5 bis 6 % locker weg – und das ist schon ziemlich steil und zwingt manchen Radfahrer dazu, abzusteigen und zu schieben. Auch längere Anstiege lassen sich so bewältigen; lockeren Tritts ist man hier mit einem Tempo unterwegs, für das sich ein trainierter Radsportler schon richtig anstrengen muss. Nur an sehr steilen Stücken macht sich die Drehmomentschwäche des Motors bemerkbar. Um ihn bei 10 % Steigung zur Mitarbeit zu bewegen, muss man dann schon ordentlich in die Pedale treten.
Zur ansprechenden Unterstützungsleistung kommt der große Fahrspaß auf dem handlichen Bike, das sich wendig durch den Verkehr lenken lässt und sich dabei erstaunlich komfortabel fährt: Die schlanke Starrgabel und die 42 mm breiten Reifen dämpfen Stöße und Vibrationen sehr wirkungsvoll; eine schwere Federgabel vermisst man nicht wirklich. Auch die Ausstattung gefällt: Montiert sind Zehngang-Kettenschaltung, hochwertige Scheibenbremsen und ein B&M-Strahler vorne; dazu kommen ein solider Seitenständer und der Gepäckträger mit Spanngurt. Die vordere Bremsleitung wird elegant in der Gabel verlegt, was längst nicht üblich ist.
Kritisch zu sehen sind nur zwei Ausstattungsdetails: Die in die Sattelstütze integrierten Leuchtdioden, die das klassische Rücklicht ersetzen, sind zwar sehr elegant, werden jedoch verdeckt, wenn am Gepäckträger ein Korb montiert oder ein größerer Gegenstand befestigt wird. Am vorderen Schutzblech vermisst man außerdem Sicherheitsstreben. Abgesehen davon kann das innovative E-Bike im klassischen Look voll überzeugen, zumal es nicht nur im flachen Ostseeraum viel Fahrspaß birgt. Das selbst auszuprobieren ist einfach: In zahlreichen Städten werden Testräder angeboten, die man unverbindlich Probe fahren kann – kostenlos und deutlich niederschwelliger, als das in einem Fahrradgeschäft möglich ist. Wir meinen: Es lohnt sich!