Test SRAM Force AXS Wide: Die 2×12-Gruppe des US-Herstellers lässt sich dank kabelloser Schaltung supereinfach montieren und ist mit unterschiedlichen Zahnkranz-Abstufungen für alle Arten von Rennrädern, Allroad- und Gravelbikes geeignet. Dazu wurde die Gruppe Anfang 2021 deutlich im Preis reduziert, womit sie zu den interessantesten Angeboten am Markt gehört – und sich gerade zum Nachrüsten eignet. Velomotion hat’s ausprobiert.
Es tut sich was auf dem Markt der elektronischen Rennrad-Komponenten. Gerade eben hat Shimano mit der neuen 105 Di2 R7150 eine dritte elektronische Gruppe vorgestellt, und schon im vergangenen Jahr elektrifizierte SRAM seine Gruppe Nr. 3, die Rival. Im Hause Campagnolo dürfte man sich derweil nicht auf den Lorbeeren der 13-Gang-Gravelgruppe Ekar ausruhen, sondern mit Hochdruck an deren Elektrifizierung arbeiten – schließlich ist Shimano mit der GRX Di2 sehr präsent auf diesem Markt, ebenso SRAM mit seinen 1×12-Gravelgruppen. Nicht ganz ausgeschlossen ist auch, dass die Italiener ihr EPS-System wieder auf preiswertere Schaltgruppen ausweiten.
Wer erwartet hatte, Kompletträder mit den elektronischen Gruppen der dritten Reihe würden zum Schnäppchenpreis zu haben sein, wurde freilich enttäuscht. Rennmaschinen der Spitzenklasse kosten heute durch die Bank fünfstellig, und die Mittelklasse hat nachgezogen. So kostet ein Cannondale SuperSix EVO mit Shimano 105 Di2 und Alu-Radsatz 5.299 Euro; der Gravel-Racer SuperSix EVO SE mit SRAM Rival AXS 2×12 will mit 4.999 Euro bezahlt werden. Bei Trek gibt es sogar ein neues Madone SLR 6 mit der neuen 105 Di2 für satte 7.599 Euro.
SRAM Force AXS: Nach Preisreduzierung auf dem Niveau der Shimano 105 Di2
Was den Blick auf die Preise der günstigen Elektronik-Gruppen lenkt, und hier gibt es eine Überraschung: Während die SRAM Rival AXS mit 1.411 Euro in der Preisliste steht (2×12 ohne Innenlager), liegt der offizielle Preis der neuen Shimano 105 Di2 bei 1.845 Euro. Und damit ist die Nummer drei im Programm der Japaner keine 50 Euro günstiger als SRAMs zweite Gruppe, die Force AXS – die kostet nämlich aktuell 1.889 Euro (wiederum 2×12 ohne Innenlager), nachdem sie im April einer Preisreduzierung um gut 25 % unterzogen wurde.
Schaut man sich an, was mit der Force AXS ausgestattete Kompletträder kosten – bei Cannondale derzeit etwa das Softtail-Gravelbike Topstone Carbon 1 RLE für 8.999 Euro –, könnte man glatt auf die Idee kommen, sich eine Force-Gruppe plus einen schönen Rahmen zu besorgen und daraus nach alter Väter Sitte einen individuellen Renner aufzubauen. Oder man nimmt ein vorhandenes Rad und baut es um, und genau das hat Velomotion getan: Vorhang auf für ein Cannondale Synapse, das sich mit der elektronischen Gruppe zum perfekten Endurance-Allroad-Renner gemausert hat.
Die 2006 vorgestellte SRAM Force bot eine Antwort auf die Frage, wie wohl ein drittes Rennrad-Schaltsystem neben Shimano und Campagnolo aussehen könnte. Das DoubleTap-Prinzip – ein Hebel für die zwei Funktionen des Rauf- und Runterschaltens – ist bis heute bestechend in seiner schlichten Eleganz; außerdem legte es den Grundstein für die kommenden elektronischen Schaltsysteme der Marke. Erst 2016 kam die SRAM Red eTap auf den Markt, und die Gruppe, die Velomotion damals für kurze Zeit im Test hatte, bewies ebenso erstklassige Funktion wie supereinfache Montage. Schalthebel, Schaltwerk und Umwerfer kommunizierten kabellos und verfügten jeweils über eine eigene Stromversorgung, sodass keinerlei Kabel verlegt werden mussten.
Das funktioniert natürlich auch heute noch so, und alleine deshalb bietet sich eine SRAM AXS, wie die Gruppen inzwischen heißen, zum Auf- oder Umbau besonders an. Dabei ist gerade die Force eine gute Wahl: Sie kostet nicht einmal die Hälfte der Edelgruppe Red, die mit knapp 4.000 Euro gelistet ist. Gegenüber der Rival mit ihrem Aluminium-Kurbelsatz kann die Force wiederum eine Gewichtsersparnis von fast 300 Gramm ins Feld führen.
Einfache Montage dank kabelloser Schaltung
Als Grundlage unseres Projektes diente ein 2018er Cannondale Synapse Apex 1 SE – mit dem etwas schwereren Carbonrahmen und Alu-Laufrädern damals für rund 3.000 Euro erhältlich. Es ist ein Rahmen mit den aktuell gültigen Anbaustandards und einem geschraubten Umwerfersockel, welcher als Zubehörteil nachgekauft werden kann. In Sachen Stack und Reach (590/386 mm) ist der 56er Rahmen immer noch sportlich genug geschnitten, wenn man alle Spacer unterm Vorbau entfernt und eine flache Steuersatzkappe nachrüstet. Und obwohl der Radstand des Synapse weniger als einen Meter misst, passen 35 mm breite Reifen durch Gabel und Hinterbau, womit das Rad schon fast „Gravel light“ ist. Damit bietet sich das Rahmen perfekt für eine noch recht neue Variante der SRAM AXS an, genannt „Wide“. Das steht für superkompakte Kettenblätter mit der Abstufung 43/30 sowie eine um 5 mm breitere Tretlagerwelle, damit der Kurbelsatz in Gravel-Rahmen mit breiterem Hinterbau passt.
Wie üblich bei den Zwölffach-Antrieben von SRAM liegen 13 Zähne zwischen großem und kleinem Blatt – 50/37, 48/35, 46/33 und eben 43/30. Das hat den Vorteil eines geschmeidigeren Schaltvorgangs vorne, außerdem sind beim Kettenblattwechsel weniger Ausgleichs-Schaltschritte hinten erforderlich. Wer von der typischen Kompakt-Übersetzung 50/34 zu 43/30 wechselt, stellt fest, dass der Schnellgang nun ziemlich genau zwischen 50/11 und 50/12 liegt, also etwas kürzer geworden ist. Gleichzeitig ist ein sehr leichter Berggang dazugekommen: 30/28 wie am Testrad entspricht ziemlich genau der Übersetzung 34/32.
SRAM Wide: Großer Übersetzungsbereich bei enger Abstufung
Eine Sprinter-Übersetzung ist 43/10 natürlich nicht; der Vorteil des Wide-Getriebes liegt aber in seiner großen Bandbreite bei gleichzeitig sehr enger Abstufung. Die 10-28er Kassette bietet acht Ritzel in Einerschritten (10 bis 17) und ist damit ideal für Fahrer (-innen), die auf eine gleichmäßige Tretfrequenz Wert legen. Die 10-30er und 10-33er Kassetten lassen das 16er Ritzel aus und sind nach hinten raus breiter gespreizt, im kritischen Bereich aber immer noch eng genug abgestuft.
Mit 46/30 und 11-28er Kranz lässt sich eine ähnliche Übersetzung auch mit der Shimano-GRX-Elffachgruppe realisieren; dann allerdings ist der Schnellgang trotz des größeren Kettenblattes kürzer übersetzt und im mittleren Bereich fehlt das für viele unverzichtbare 16er Ritzel, das bei SRAM erst ab 10-30 ausgelassen wird.
DUB: ein neuer Tretlagerstandard
Mit der aktuellen Modellgeneration hat SRAM einen neuen Tretlagerstandard namens DUB eingeführt, was für „Durable Unifying Bottom Bracket“ steht. Dabei handelt es sich um eine Achse mit 28,99 mm Durchmesser, die mit dem entsprechenden Innenlager in so ziemlich jedes Tretlagergehäuse passt. Am Cannondale, das noch über ein BB30-Gehäuse verfügt, wird das Innenlager eingepresst; die Lager sitzen nun nicht mehr im Gehäuse, sondern außen, was die Stützbreite erhöht und damit die Stabilität verbessert. Neuerdings kehrt Cannondale übrigens wieder zum altbewährten BSA-Lager zurück, für das es natürlich auch ein DUB-Innenlager gibt.
Hat man erst einmal das für seinen Rahmen passende Innenlager ausgesucht, ist die SRAM Force blitzschnell montiert. Die Justageschrauben am Schaltwerk sind perfekt voreingestellt; um eine optimale Funktion sicherzustellen, muss man nur die Kette genau nach Anweisung ablängen. Auch der Umwerfer – einst das Sorgenkind von SRAM – funktioniert gut, wobei die mitgelieferte Montagelehre aus rotem Kunststoff nicht ideal ist: Sie kann nur verwendet werden, wenn die Kette noch nicht montiert ist, sodass sie sich nicht für die genaue Einstellung eignet. Eine Besonderheit der SRAM-Umwerfer sind die „Wedges“: Dies sind kleine Keile aus Kunststoff in unterschiedlichen Formen, die dem Werfer beiliegen und an seine Rückseite geschraubt werden können, sodass sich der Umwerfer am Rahmen abstützen kann. Auf diese Weise werden gerade filigrane Umwerfersockel entlastet; wer einen Rahmen mit genietetem Sockel nutzt, sollte die Wedges auf jeden Fall montieren. Beim Umwerfer ist zu beachten, dass es auch hier eine „Wide“-Variante gibt, die speziell für Gravelbikes mit breitem Hinterbau entwickelt wurde. Am Cannondale funktioniert aber auch der normale Werfer.
Einfaches Koppeln – auch ohne App
Das „Pairen“ von Hebeln, Schaltwerk und Umwerfer ist eine Sache von weniger als einer Minute, wenn man der Anleitung folgt. Die Bauteile kommunizieren direkt miteinander, und zur Installation ist weder die SRAM AXS App oder sonst etwas nötig. Nur wer das Schaltschema ändern oder zusätzliche Funktionen wie eine Akkustandskontrolle nutzen will, muss die App bemühen. Da Schaltwerk und Umwerfer jeweils über einen eigenen Akku verfügen (die Hebel werden durch Knopfzellen versorgt), müssen keinerlei Kabel verlegt werden, und so ist die Installation der hydraulischen Scheibenbremsen der einzige etwas komplizierte Arbeitsschritt.
Während Shimano und Campagnolo bei ihren elektronischen Gruppen das gewohnte Schaltschema beibehielten, musste sich SRAM etwas Neues einfallen lassen, um das DoubleTap-Prinzip mit nur zwei Hebeln für jeweils zwei Schaltfunktionen an die neue Technik anzupassen. Und so lässt sich die AXS-Schaltung noch einfacher bedienen als ihr mechanischer Vorgänger: Um hinten einen schwereren Gang aufzulegen, tippt man aufs rechte Schaltpaddel, für einen leichteren Gang tippt man links. Ein Druck auf beide Schalter aktiviert den Umwerfer.
Es ist ein ebenso simples wie narrensicheres Prinzip, das einem schnell in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dank der großen Schaltpaddel, die aus vielen Griffpositionen erreichbar sind, gibt es beim Gangwechsel kein Vertun; auch mit dicken Handschuhen trifft man die Taste garantiert. Ein deutliches Klicken und die taktile Rückmeldung künden dabei von erfolgreicher Betätigung. Zur Feineinstellung des Schaltwerks dienen die kleinen Knöpfe an der Innenseite der Schaltpaddel: Betätigt man das Paddel mit gedrücktem Knöpfchen, bewegt sich das Schaltwerk um 0,25 mm nach innen (linkes Paddel) bzw. nach außen (rechtes Paddel). Will man den Umwerfer neu positionieren, kann man seine Funktion testen, indem man die Taste vorne am Körper des Werfers drückt, die den Schaltvorgang auslöst.
Schaltwerk und Umwerfer sind nicht gerade filigran, was natürlich nicht zuletzt an den Akkus liegt, die an den Schaltkomponenten sitzen. Die Batterien werden eingehakt und festgeklickt; dass der jeweilige Akku ausreichend geladen ist, zeigt ein grüner Leuchtpunkt beim Schalten an. SRAM spricht von 60 Fahrtstunden oder 1.000 Kilometern mit einer Akkuladung. Leuchtet es beim Schalten rot, ist der Akku unter 25 %, blinkt es rot, unter 10 %; das entspricht aber immer noch mehreren Stunden Fahrzeit. Dass beiden Akkus gleichzeitig der Strom ausgeht, ist nicht unbedingt zu erwarten – wahrscheinlich ist erst der des Schaltwerks dran, zumal man hinten deutlich öfter schaltet. Und falls das unterwegs passiert, kann man immer noch den Umwerfer-Akku ans Schaltwerk bauen. Die kleinen Batterien in den Schalthebeln (CR2032) sollen zwei Jahre lang halten.
Dezentrale Stromversorgung und versteckte Schaltköpfe
Zusätzliche Funktionalität gewinnen die SRAM-Hebel durch die sogenannten Blips: Schalttasten, die unterm Lenkerband versteckt werden und das Schalten aus einer zusätzlichen Griffposition ermöglichen. Sprinter platzieren die Blips im Lenkerbogen, am Endurance-Renner bietet sich jedoch eine Montage innen am Oberlenker an. Die Blips werde per Kabel mit dem jeweiligen Schalthebel verbunden und sind dann sofort einsatzbereit; sie verschwinden optisch unterm Lenkerband, sind aber groß genug für eine sichere Bedienung, wozu auch der klar definierte Druckpunkt beiträgt. Etwas ungünstig ist, dass die vier Kabellängen der Blips (15, 23, 45, 65 cm) nicht unbedingt zu Lenkerbreite bzw. Platzierung passen; am Velomotion-Bike müssen unterm Lenkerband ein paar Schleifen gelegt werden, da 15 cm zu kurz, 23 aber zu lang sind. Doch neuerdings gibt es auch kabellose Blips, die zwar etwas größer sind und „gepairt“ werden müssen, dafür aber auch mit Schalthebeln genutzt werden können, bei denen das Einstecken der alten Blips nicht vorgesehen war – nämlich die neuen Rival-Hebel. Das Schalten mit den Blips erhöht den Bedienkomfort und macht Spaß; die 114 (Kabel) bzw. 100 Euro (kabellos) pro Satz sind also gut investiert.
Starke Bremse mit Einstellmöglichkeiten
Auch am Rennrad führt heute kein Weg mehr an der Scheibenbremse vorbei – bei Bikes, die mit breiteren Reifen gefahren werden, geht es gar nicht anders. SRAM bietet freilich weiterhin einen AXS-Hebelsatz für mechanische Bremsbetätigung an, der entweder mit den passenden Felgenbremsen oder mit mechanisch aktivierten Discbrakes genutzt werden kann. Letztere haben gerade in der Bikepacking-Szene noch viele Freunde, da sie einfach zu reparieren oder zu ersetzen sind; was die Funktion angeht, sind die hydraulischen SRAM-Stopper jedoch klar überlegen. Ob sanft anbremsen oder voll in die Eisen gehen: Aus jeder Griffposition heraus ist die Performance überzeugend, ohne dass die Bremsen unangenehm bissig sind. Neben der Griffweite kann der „Contact point“ eingestellt werden, also der Leerweg des Hebels, bis die Beläge an den Bremsscheiben anliegen. Diese Einstellmöglichkeit kann allerdings nicht dazu genutzt werden, zu großen Leerweg durch Fehler beim Entlüften der Bremse auszugleichen. Allenfalls kann der normale Weg vergrößert werden, sodass beide Bremsen denselben Leerweg aufweisen; in der Praxis ist der mit dieser Einstellung erzielbare Effekt aber gering. Bei der Griffweite gibt es rund einen Zentimeter Spielraum, gemessen an der Spitze des Hebels – mehr würde nicht gehen, weil sonst das Schaltpaddel am Lenker anschlägt. Der Leerweg des Systems bleibt konstant, wenn man eine kleinere Griffweite wählt.
Mit dem Geberzylinder der Hydraulikbremsen sehen die Schaltbremshebel ziemlich wuchtig aus, allerdings liegen sie gut in der Hand. Der Höcker an der Oberseite lässt sich gut mit der Hand umfassen und erlaubt eine aerodynamische Bremsgriffhaltung mit fast waagerechten Unterarmen. Die Gummis sind im Bereich der Innenhand mit einer feinen Struktur versehen, die auch bei starkem Schwitzen sicheren Griff erlaubt und glatt genug ist, um auch nach mehreren Stunden am Lenker nicht unangenehm zu werden.
Einersprünge ab 28 km/h
Nach rund 1.500 Kilometern kann die Force AXS durchaus als eingefahren bezeichnet werden – wie hat sie sich in dieser Zeit geschlagen? Zuerst einmal zur ungewöhnlichen Übersetzung: Bedenken, die Kettenblatt-Kombination 43/30 könne zu kurz übersetzt sein, haben sich nicht bewahrheitet. Mit 43 zu 10 Zähnen kann man auch bei 60 km/h noch Druck aufs Pedal bringen; auf alpinen Abfahrten muss man halt rollen lassen, doch der Vorteil der engen Abstufung und der leichten Berggänge wiegt vielleicht schwerer. Mit der Übersetzung 43/17 und flüssiger Tretfrequenz fährt man etwa 28 km/h, und ab hier kann man in Einersprüngen hochschalten und sich feinfühlig an Tempowechsel, Steigungen oder Änderungen der Windrichtung anpassen. Bei „Ekeltempo“ in der Ebene nicht den richtigen Gang zu finden, kann einem mit der 10-28er Kassette eigentlich nicht passieren.
Auch am Berg bewährt sich die enge Abstufung; im Vergleich zur klassischen Kompakt-Übersetzung von 50/34 mit 11-28er Kranz kann man sich außerdem über einen zusätzlichen Berggang freuen, der nahe an einer 1:1-Übersetzung liegt. Mit der 10-30er Kassette der SRAM Rival AXS hätte man den Direktgang sogar und müsste dafür nur aufs 16er Ritzel verzichten. Für den zweiten Laufradsatz unseres Allroad-Renners, mit 35er Reifen auf Schotterstraßen und Naturwege zugeschnitten, wäre diese Kassette eine naheliegende Wahl.
2×12 = 23: ein Gang weniger wegen des Schräglaufs
Wie von diversen Testrädern gewohnt sind die Gangwechsel hinten leise und schnell, zumal, wenn man ein wenig die Kraft rausnimmt. Wird unter Last geschaltet, ist das Getriebe durchaus hörbar. Die Flattop-Kette mit der charakteristischen glatten Oberseite läuft sehr geschmeidig über Ritzel und Kettenblätter. Der Wechsel zwischen letzteren klappt am selbst aufgebauten Bike nicht ganz so geschmeidig, was aber daran liegen könnte, dass der Umwerfer beim Cannondale etwas zu hoch sitzt – hier entsprechen die Anbaustandards des 2018er Rahmens nicht ganz der aktuellen Technik. Ein kurzzeitiger Aussetzer des elektronischen Schaltung – das Schaltwerk reagierte erst nach mehrfacher Aufforderung – ließ sich durch Entfernen des Akkus beheben: Sobald er wieder dran war, funktionierte alles wie gewohnt. Für viel Freude beim Gangwechsel sorgen die Blips; nicht umgreifen zu müssen bedeutet, dass man vom Oberlenker aus öfter schaltet als gewohnt. Eine Besonderheit der 2×12-Gruppen von SRAM ist, dass sie nur 23 Gänge bieten – um allzu großen Kettenschräglauf auf dem kleinen Kettenblatt zu vermeiden, lässt sich das kleinste Ritzel nicht schalten; am Testrad ist also bei 30/11 Schluss.
Funktionell überzeugt die Gruppe rundum, allerdings fällt auf, dass manche Oberflächen ziemlich empfindlich sind. Die lackierten Carbon-Kurbeln bekommen schnell Kratzer, ebenso das Kunststoffgehäuse des Umwerfers. Spätestens wenn mit Überschuhen gefahren wird, sollten die Kurbelarme abgeklebt werden.
Hat sich der Selbstaufbau bzw. der Umbau des Cannondale Synapse gelohnt? Finden wir schon, zumal die Kombination aus 1x-Antrieb mit 11-42er Kassette und maximal 35 mm Reifenbreite nicht allzu praxistauglich war. Dank super-kompakter 2×12-Übersetzung ist das Rad dagegen sehr stimmig und vielseitig, und nicht zuletzt wirkt es durch die Funkschaltung sehr aufgeräumt. Mit 28er Reifen auf mittelhohen Carbonfelgen ist das Synapse eine agile Rennmaschine, die auf kurvigen Straßen überaus handlich ist und sich mit einem Gewicht um acht Kilo leichtfüßig bewegen lässt. Bergauf gehen einem nie die Gänge aus, auch wenn man an steilen Anstiegen aufgrund schlechter Tagesform im Kriechgang unterwegs ist. Ein solider Alu-Radsatz mit 35er Schwalbe G-One Allround packt zwar gut 600 Gramm drauf, führt aber zu einem enorm vergrößerten Einsatzgebiet: Nun fühlt sich das Rad auch auf grobem Schotter wohl, rollt flüssig über wurzelige Waldwege und könnte bei Trockenheit sogar den Cyclocrosser ersetzen. Eine Schlammpackung verträgt das Synapse mit dem engen Reifendurchlauf natürlich nicht.
Kräftig sparen durch Selbstaufbau
Mit rund 2.000 Euro für die komplette Gruppe inklusive Blips ist die Sache natürlich nicht ganz billig. Je nachdem, was für einen Rahmen man aufbauen will, kann man aber im Vergleich zu einem Komplettrad etliche Hundert Euro sparen. Beispiel Specialized Allez Sprint: Der Alu-Kriteriumsrenner kostet mit SRAM Force 1×12 und Roval-Carbonlaufrädern satte 7.500 Euro, das Rahmenset gibt’s dagegen bereits für 1.800 Euro. Darauf die Gruppe, ein entsprechender 1.500-Euro-Radsatz sowie Cockpit, Sattel und Bereifung, und schon hat man rund 1.500 Euro gespart – oder gar 1.800, wenn man den Rahmen wie das Komplettrad mit 1×12 aufbaut. Oder das Salsa Warroad, das mit seinem Allroad-Konzept dem Cannondale Synapse sehr nahe kommt: Als Komplettrad mit SRAM Rival AXS und DT-Swiss-Alurädern kostet es rund 5.500 Euro, das Rahmenset 2.200 Euro. Ein Selbstaufbau mit der Force ist also für unter 5.000 Euro machbar.
Auf die SRAM Force AXS zu setzen lohnt sich also: Einerseits ist die Gruppe im Vergleich zur Konkurrenz sehr fortschrittlich, da kabellos und mit vielseitigen Übersetzungsvarianten erhältlich. Und andererseits ist sie die beste Wahl im Sortiment von SRAM, denn während die schwerere Rival in diversen Details einfacher gehalten ist, teilt sich die Force alle relevanten Technologien mit der superteuren Red. Neben der Optik spricht am Ende nur ein Gewichtsvorteil von rund 300 Gramm für das Topmodell. Damit ist die Force 16 Jahre nach ihrer Erstvorstellung nach wie vor die vielleicht interessanteste Rennradgruppe am Markt – und nach der Preissenkung nun noch attraktiver.
https://www.velomotion.de/magazin/2016/11/test-sram-red-etap-funkverkehr/