Das Giant Revolt Advanced Pro 0 begeistert mit geringem Gewicht und maximalem Vortrieb. Dabei geizt der Gravel Racer nicht mit Anbaumöglichkeiten und Reifenfreiheit.
Seit die Scheibenbremse das Rennrad erobert hat, ist das Thema Gewicht etwas in den Hintergrund gerückt. Im Vergleich zu einem Rad mit Felgenbremsen bringen Discbrakes rund 400 Gramm Mehrgewicht mit sich; eine Rennmaschine deutlich unter acht Kilo zu drücken, geht nur in den oberen Preisklassen. Beim Gravelbike fing die Branche daher gar nicht erst groß damit an, übers Gewicht zu reden – sooo wichtig ist dieser Aspekt für die meisten Fahrer/innen schließlich ohnehin nicht. Doch es gibt Räder, die so unverschämt leicht sind, dass man einfach darüber sprechen muss – und das Giant Revolt Advanced Pro 0 gehört in diese Liga. Mit gerade mal 8,12 Kilo zuzüglich Pedalen gehört es zu den leichtesten Gravelbikes, die Velomotion in den letzten paar Jahren vorgestellt hat. Und das Besondere an diesem Rad ist: Giant verbaut einen 2×11-Antrieb mit großer Übersetzungsbandbreite, spart also nicht durch das Weglassen eines Kettenblattes sowie des Umwerfers Gewicht.
Sehr leicht mit 2×11
Das ist gerade deshalb interessant, weil das Giant Revolt Advanced Pro 0 eher „Gravel Race“ ist, ein Einsatzbereich, bei dem man auf eine enger abgestufte Kassette Wert legen könnte – gerne enger als der 11-34er Kranz am Testrad. Angesichts der Kettenblatt-Kombination von 48-31 läge selbst mit 11-28 Zähen immer noch eine große Übersetzungsbandbreite vor, während man beim 1x-Antrieb entweder beim Gesamtumfang oder der Abstufung Kompromisse machen muss.
So aber ist das Giant perfekt ausgestattet für schnelle Offroad-Touren. Die markanten Di2-Hebel der elektronischen Shimano GRX laden zu einer sportlichen Sitzhaltung ein; das steife, mit eher steilem Lenkwinkel sehr handliche Rad ist enorm vortriebsstark. Die Werte für Stack und Reach in der Geometrietabelle sprechen für eine durchaus gestreckte, dabei nicht zu tiefe Sitzhaltung; allerdings ist der Vorbau mit 80 mm ziemlich kurz. Wer länger sitzen will, hat hier noch Anpassungsmöglichkeiten. Typisch für die Marke ist das stark abfallende Oberrohr, wobei der kompakte Rahmen mit teils ovalisierten Rohren auf hohen Komfort abgestimmt ist.
Extrem leichter Carbon-Radsatz
Sein geringes Gewicht verdankt das Giant nicht zuletzt dem extrem leichten Radsatz, der fahrfertig gerade mal drei Kilo wiegt. Mit 25 mm Mauweite sind die Hookless-Carbonfelgen optimal für breite Reifen, die äußere Form mit 31 mm Breite und 35 mm Tiefe spricht für aerodynamische Vorteile gegenüber flachen Felgen. Der Radsatz ist dazu mit einem maximal fein gerasterten DT-Swiss-Zahnscheibenfreilauf ausgestattet: Die 54 Rastschritte führen zu minimalem Leerweg beim Antreten. Giant liefert das Rad bereits schlauchlos aus, sodass man sich gleich mit optimalem Luftdruck ins Gelände wagen kann, wo sich die 40 mm breiten Maxxis Interceptor überraschend gut schlagen. Mit fein diamantierter Lauffläche und schwach ausgeprägten Schulterstollen ist dies ein schneller Reifen für festen Belag – „Gravel Race“ eben. Doch auch auf groberem Schotter und lockeren Waldwegen kommt er gut zurecht.
Di2 mit präzisen Schaltvorgängen
Ein Highlight ist die Shimano GRX Di2 mit extrem präzisen, schnellen und geschmeidigen Gangwechseln – eine Gruppe, die mit ihrem geringen Gewicht perfekt zum Konzept des Giant passt. Die Form der elektronisch/hydraulischen Hebel weicht deutlich von jener der Rennrad-Ausführungen von Shimano ab – der „Höcker“ oben am Griff ist etwas kleiner und leicht nach hinten gezogen, sodass die Hände eine sehr sichere Position finden. Die „Servo Wave“-Bremsen führen die Beläge schneller an die Bremsscheiben heran, sodass der Leerweg kürzer ausfällt; in der Praxis ist dies jedoch kein wirklich spürbarer Unterschied zu den einfacheren Gravel-Gruppen von Shimano.
An der Peripherie spendiert der weltgrößte Radhersteller seinem Top-Gravelbike unter anderem einen leicht zum Fahrer hin gebogenen Carbonlenker und eine angenehm flexende Carbonstütze, die sich auch gegen eine Dropper Post ersetzen ließe. Was die Anbaumöglichkeiten angeht, ist das Rad mit Schutzblechen, Gabelhalterungen und Oberrohrtasche recht vielseitig; mit den konventionell geführten Bremsleitungen kann man leben. Ungewohnt ist einzig das drehbare Ausfallende hinten, das den ohnehin recht langen Radstand um einen Zentimeter verlängert. Damit kann man die Reifenfreiheit von 45 auf 53 mm vergrößern, womit das Giant vom Rennsportrad zum Offroader für schweres Gelände wird. Allerdings fehlt dem Hinterrad der Anschlag, was den Einbau erschwert.
Für das Topmodell einer Marke ist das Revolt Advanced Pro 0 vergleichsweise preiswert: 5.599 Euro ruft Giant für sein top ausgestattetes Leichtgewicht auf. Das lässt sich auch angesichts der hochwertigen Ausstattung sehen, wobei ein mit SRAM Rival AXS 2×12 ausgestattetes Schwestermodell sogar noch einmal 700 Euro weniger kostet. Und deutlich mehr dürfte diese Variante – das Advanced Pro 1 – auch nicht wiegen.