Test / E-Bike: Mit dem Sushi Maki MK2 nehmen wir heute ein ungewöhnlich günstiges E-Bike unter die Lupe. Bei einem Preis von unter 1.000 Euro muss man natürlich allerhand Abstriche machen – ob sich das schlanke Bike dann überhaupt noch lohnt, erfahrt ihr im Test.
Sushi Maki: Unboxing und Montage
Der größte Teil der verkauften Sushi Bikes dürften direkt vom offiziellen Online Shop im Karton bei den Käufern zuhause ankommen. Nun ist das Direktvertriebs-Modell im Jahr 2022 gewiss nichts Neues mehr und hat sich fest etabliert. Wie bei allen Fahrrädern und E-Bikes aus dem Versandhandel heißt das aber auch bei Sushi, dass man einige der finalen Montageschritte selbst erledigen muss.
Schon beim Entgegennehmen des Pakets haben wir uns über den sehr kompakten Karton gewundert – der Grund war nach dem Öffnen schnell gefunden: Das Sushi Maki ist ziemlich stark zerlegt und man sollte doch einiges an Zeit einplanen, um das Rad fahrfertig zu machen. Da überrascht dann auch das mit 45 Minuten ganz schön lange offizielle Unboxing- bzw. Montage-Video nicht. Positiv ist zunächst, dass sämtliches notweniges Werkzeug im Lieferumfang enthalten ist, dass man direkt loslegen kann.
Bremsen nicht vormontiert – ein No-Go!
Viele der zu erledigenden Montageschritte sind auch für Schrauber-Laien kein allzu großes Problem. Montage des Lenkers, der Pedale oder des Vorderrads sind simpel und eigentlich kann man auch hier relativ wenig falsch machen. Wesentlich problematischer ist hingegen, dass die Bremssättel der mechanischen Scheibenbremsen nicht montiert sind. Diese Aufgabe wird komplett dem Käufer überlassen. Wer noch nie eine Scheibenbremse montiert hat, oder bislang schlicht gar keine Schrauber-Erfahrung besitzt, ist damit hilflos überfordert, egal wie ausführlich die entsprechenden Videos auch sein mögen. Das schleiffreie, sichere Einstellen der Bremsen kostet selbst einen geübten Biker einige Minuten. Ganz davon abgesehen: Dass die korrekte Montage eines für die Sicherheit derartig wichtigen Bauteils auf die Kunden abgewälzt wird, ist für uns ein absolutes No-Go.
Geringes Gewicht – aber kleiner Akku und schwacher Motor
Nach der etwas langwierigen Montage darf man sich dann aber zunächst über ein optisch wirklich schickes und erfreulich leichtes Rad freuen. Der ungewöhnlich schlanke Alu-Rahmen macht einen ordentlichen Eindruck, einige Leitungen werden sogar intern geführt. Andererseits befinden sich jedoch sämtliche Kabel für Motor und Akku irgendwo außen am Rahmen. Schön: Montagepunkte für einen Gepäckträger und Schutzbleche sind vorhanden, entsprechende Standard-Anbauteile sollten passen, oder man bedient sich im offiziellen Shop von Sushi Bikes.
Seinen Anteil an dem mit 16 Kilogramm in Größe L wirklich sehr geringen Gesamtgewicht hat auch das Antriebssystem. Dem kompakten Nabenmotor im Hinterrad steht an unserem Testbike ein kompakter Akku in Trinkflaschenform mit nur 124 Wh Kapazität zur Seite. Letzterer ist aber durch seine Abmessungen und das Gewicht auch sehr angenehm in Handling und lässt sich quasi in jedem Rucksack problemlos unterbringen. Ähnliches gilt für das Ladegerät, das den Akku in ca. drei Stunden von 0 auf 100% lädt. Angesichts der Reichweiten ist das kompakte Netzteil euer bester Freund – dazu jedoch später mehr. Am etwas neueren Maki+ ist übrigens ein größerer Akku mit 230 Wh verbaut, der sich über ein entsprechendes Set auch am Maki nachrüsten lässt.
Die Bedienung erfolgt über eine ziemlich altbackende Bedieneinheit am Lenker, die mehr an einen Taschenrechner aus den 90er Jahren als an ein modernes Bedienteil für ein E-Bike erinnert. Ihren Zweck erfüllt sie jedoch: Hierüber lässt sich der Antrieb einschalten, über + und – die Unterstützungsstufe in drei Stufen wählen. Die integrierten LEDs geben Auskunft über den Ladestand des Akkus und die Unterstützungsstufe – wenn die Sonne nicht scheint. Dann sind die LEDs nämlich leider nicht mehr zu erkennen – schade. Tipp von uns: Sushi bietet für 39 Euro ein modernes Bedienteil mit integriertem LCD zum Nachrüsten an.
Das Sushi Maki auf dem Prüfstand
Um dem Antrieb auf den Zahn zu fühlen, waren wir mit dem Sushi Maki auf dem Prüfstand. Der Hersteller gibt die Leistung des Motors mit 200 Watt an, was sich in unseren Messungen auch bestätigt. Zeitweise kratzt er sogar an der 250 Watt-Marke und ist damit ein klein wenig kräftiger als angegeben. Im Vergleich zur Konkurrenz muss der kleine Nabenmotor jedoch einige Federn lassen. Selbst die schwächsten Mittelmotoren besitzen deutlich mehr Leistung, so bringt es ein Bosch Active Line Plus Antrieb auf ca. das Doppelte. Auch andere Nabenmotoren haben teils spürbar mehr Leistung – beispielsweise der Mahle X35.
Ähnlich sieht es beim Akku aus: Sushi gibt eine maximale Reichweite von 40 km an, die uns doch als sehr optimistisch erscheint. In unseren Messungen hält das Maki in der höchsten Unterstützungsstufe in der Ebene keine 20 km durch und selbst bei weniger Leistung dürften die 40 nur bei Optimalbedingungen erreicht werden. Insofern kann man wohl mit realistischen 25 km rechnen – das Ladegerät wird damit also auch im Alltag zum fast schon notwendigen Begleiter, wenn man auf den Motor nicht verzichten möchte.
Auffällig war bei unseren Messungen das sehr frühe Abschalten des Motors: Schon bei ca. 20 km/h Geschwindigkeit drosselt er seine Leistung, die dann schließlich bei ca. 24,5 km/h dann ganz zum Erliegen kommt. Quasi alle anderen E-Bikes beginnen erst bei 24 km/h oder höher, ihre Leistung zu drosseln und unterstützen oft bis ca. 26 km/h.
Positiv überrascht waren wir von der Motorabschaltung an den Bremshebeln: Da der Antrieb (wie bei quasi allen E-Bikes in dieser Preisklasse) keinen Drehmomentsensor besitzt, sondern seine Leistung anhand der Kurbelbewegung reguliert, ist ein je nach Situation unterschiedlich stark ausgeprägtes Nachschieben vorhanden. Das heißt, der Motor schiebt immer noch einen kurzen Moment nach, nachdem man aufgehört hat zu treten. Das kann gerade am Anfang etwas ungewohnt und eventuell sogar sicherheitsrelevant sein. Die Verbindung zu den Bremshebeln schafft hier Abhilfe: Auf dem Prüfstand ist klar zu erkennen, dass der Motor beim Ziehen der Bremsen sofort ausgeht. Schön!
Komponenten am Sushi Maki: Keine Schaltung, aber ordentliche Bremsen
Bei den Komponenten gibt es angesichts des günstigen Preises keine allzu großen Überraschungen. Auf eine Schaltung muss man direkt ganz verzichten – sämtliche Sushi Bikes sind (bis jetzt?) ausschließlich als Singlespeed-Räder erhältlich. Die gewählte Übersetzung ist für flache Gegenden in Ordnung, die Wohlfühlkadenz ist bei Geschwindigkeiten zwischen 20 und 25 km/h erreicht. An Steigungen muss man dagegen hier und da durchaus auch aus dem Sattel, auch weil dem Antrieb hier recht schnell die Puste ausgeht.
Wirklich ordentlich sind die gewählten mechanischen Scheibenbremsen vom Tektro. Klar, hier darf man keine Bremsanker vom Schlage einer Shimano XT oder Magura MT5 erwarten – aber für den gewählten Einsatzbereich sind sie allemal ausreichend; vorausgesetzt sie sind richtig montiert.
Bei den übrigen Komponenten wird man vergeblich nach den Namen bekannter Hersteller suchen – was jedoch zunächst auch nichts Negatives sein muss, zumal für den aufgerufenen Preis. Auffällig sind die Laufräder und die darauf montierten Reifen. Letztere fallen mit 28 mm sehr schmal aus und sorgen im Kombination mit den hohen Felgen für eine durchaus schicke Optik. Leider geht diese ziemlich stark auf Kosten des Komforts.
Im Lieferumfang enthalten ist zudem StVZO-konforme Akku-betriebene Beleuchtungsanlage und benötigten Reflektoren.
Ordentliches Fahrverhalten, ABER…
In der Praxis fällt zunächst die für ein derart auf die breite Masse zugeschnittenes Rad sehr spezielle Geometrie auf. Spürbar von der Bahn bzw. der Fixie-Szene inspiriert sitzt man eher gedrungen, aber dennoch sportlich. Das bedeutet viel Last auf den Händen bzw. dem Lenker, was in Verbindung mit dem steilen Lenkwinkel für ein quirliges Fahrverhalten sorgt. Das kann nach etwas Eingewöhnung sehr spaßig sein, aber das Maki wird so auch schnell nervös und ist für Wenig-Fahrer sicherlich nicht direkt leicht beherrschbar.
Der Antrieb ist für den angepeilten Einsatzbereich durchaus in Ordnung. Wie für einen Nabenmotor üblich ist er schön leise und macht sich selbst bei maximaler Leistung nur durch ein kaum wahrnehmbares Brummen bemerkbar. Natürlich darf man hier keine Höchstleistungen erwarten; die niedrigste Unterstützungsstufe ist selbst in der Ebene kaum wahrnehmbar, erst darüber ist der Zusatzschub spürbar. Dann macht es jedoch durchaus Freude, gerade beispielsweise das Anfahren an der Ampel kann E-Bike-Neulingen sicherlich ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Damit dieses Lächeln jedoch nicht jäh erlischt, ist es jedoch quasi Pflicht, das Ladegerät griffbereit zu haben oder sich auf kurze Strecken zu beschränken. In unserem Testzeitraum von ca. vier Wochen erwies sich eine durchschnittliche Reichweite von ca. 25 km als realistisch. Das Einteilen des Akkus wird auch dadurch erschwert, dass die Ladestandsanzeige ausgesprochen unzuverlässig ist.
Die Übersetzung des Singlespeed-Antriebs erwies sich als passend für das flache München. Jedoch muss man schon bei kleineren Steigungen ordentlich selbst in die Pedale treten, da der Antrieb hier doch recht früh die Grätsche macht; das bedeutet auch, dass man bei Steigungen ab ca. 12% aus dem Sattel in die Wiegetritt muss. Hier zeigt sich auch, dass der Rahmen im Bereich des Tretlagers sehr weich ist und sich ordentlich verwindet. Andererseits: Das Sushi Maki ist kein Rennrad und der damit verbundene Kraftverlust dürfte für kaum jemanden wirklich relevant sein.
…unterirdischer Komfort
Dass das Sushi Maki jedoch trotz der bislang insgesamt eher positiven Eindrücke nur bedingt empfehlenswert ist, liegt an dem sehr geringen Komfort – für ein Alltagsrad ein durchaus kritischer Punkt. Sobald man nicht auf glattgebügeltem Untergrund unterwegs ist, macht sich jede noch so kleine Unebenheit direkt in den Händen, Armen und im Gesäß bemerkbar.
Der Hauptgrund hierfür dürften die sehr schmalen Reifen und auch die Hochprofilfelgen sein. Die 28 mm Pneus muss man in der Stadt auf mindestens vier Bar aufpumpen, möchte man nicht regelmäßig den Schlauch wechseln, was bereits dafür sorgt, dass der Reifen selbst als dämpfendes Element fast ausscheidet. Die hohen Felgen können sich zudem ebenfalls kaum verwinden und geben Schläge entsprechend ebenfalls fast ungefiltert weiter. Leider setzt sich diese Reihe auch bei Rahmen und Gabel fort und enden in den ergonomisch alles andere als gelungenen Kontaktpunkten Sattel und Griffe. Vor allem letztere fallen negativ auf: Bretthart, fast ohne Dämpfung und mit einer unangenehmen Ziernaht sind diese für uns direkte Tausch-Kandidaten. Zur Ehrenrettung des Sushi Maki muss man ohnehin anführen, dass sich diese Versäumnisse beim Komfort mit überschaubarem finanziellem Mehraufwand selbst beheben lassen. Rahmen und Gabel bieten ordentlich Platz für breitere Reifen, Griffe und Sattel sind Standard-Teile die sich gegen beliebige Alternativen tauschen lassen.