# Peter Ramsauer gilt der Autolobby als sehr nahestehend.
Peter Ramsauer ist ein viel beschäftigter Mann, der in unserer Branche vor allem als Freund der Autofahrer gilt. Wie er dem Thema Fahrrad gegenübersteht, haben wir versucht herauszufinden, und ihn zum Interview gebeten.
Velomotion: Sie gelten in der Öffentlichkeit, als der „AutoMinister“. Stimmt dieser Eindruck oder ist das Fahrrad als nachhaltiges, flexibles Verkehrsmittel auch ein wichtiges Thema auf Ihrer Tagesordnung?
Peter Ramsauer: Auf jeden Fall. Die Förderung des Radverkehrs als Teil eines modernen Verkehrssystems in Städten und ländlichen Räumen hat für mich einen hohen Stellenwert. Dies wird nicht zuletzt mit dem von meinem Haus erarbeiteten Nationalen Radverkehrsplan 2020 deutlich. Schließlich ist Deutschland nicht nur eine „Autonation“, sondern auch „Fahrradnation“. Das Fahrrad ist das Fahrzeug mit der weitesten Verbreitung in Deutschland. Deutsche Haushalte haben pro Kopf durchschnittlich 0,6 Autos, aber 0,9 Fahrräder!
Wann sind sie das letzte mal Rad gefahren? Finden sie auch in Berlin Zeit zum Radeln, oder doch eher zu Hause in Bayern?
In Berlin komme ich leider nicht dazu. Allerdings bekomme ich viel vom gestiegenen Radverkehr auf den Straßen rund um mein Ministerium mit. Privat fahre ich in meiner bayerischen Heimat gerne Fahrrad – am liebsten mit der Familie.
Steigen Sie dann aufs Mountainbike, Tourenrad oder sogar Rennrad?
Ich habe ein „Allzweckrad“, mit dem ich sanfte Steigungen zügig bewältigen kann. Übrigens nur mit Helm, der gehört für mich dazu.
Findet im neuen Bundesverkehrswegeplan auch das Fahrrad als Transportmittel Beachtung, so dass das Radwegenetz rund um die Städte optimiert wird und durch die erhöhte Reichweite von E-Bikes ein größerer Teil der Autofahrer auf das E-Bike umsteigen können?
Der Bundesverkehrswegeplan umfasst die übergeordnete Investitionsplanung für die Erhaltung sowie den Aus- und Neubau von Bundesschienenwegen, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen. Begleitende Radwege an Bundesverkehrsinfrastruktur werden im Bundesverkehrswegeplan nicht gesondert untersucht, da sie Bestandteil der konkretisierenden Planungen sind, die von den im Auftrag des Bundes tätigen Straßenbauverwaltungen der Länder vorgenommen werden. Die Zuständigkeit für den Radwegebau liegt im Übrigen bei unterschiedlichen Straßenbaulastträgern.
Der Bund finanziert den Bau und die Erhaltung von Radwegen an Bundesstraßen, die in seiner Baulast stehen. Die Länder sind für den Aus-, Um- und Neubau von Radwegen an Landesstraßen, die Kreise und die Kommunen für Radwege an ihren eigenen Straßen zuständig. Daher ist der Bau von Infrastruktur für den Radverkehr vor allem Aufgabe der Länder und Kommunen. Wir fördern jedoch Elektrofahrräder im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster Elektromobilität“. Nicht zuletzt sind Pedelecs auch Gegenstand der Radverkehrspolitik der Bundesregierung. Im Nationalen Radverkehrsplan 2020 beschäftigt sich ein Handlungsfeld explizit mit der Elektromobilität.
Green Concepts für die Gestaltung von Innenstädten sind in einigen Städten und Gemeinden Deutschlands von großer Bedeutung. In welcher Rolle sehen sie dabei das Rad als Fortbewegungsmittel in Ortschaften und für Pendler? Wird es autofreie Stadtzentren geben?
Der Radverkehr ist ohne Zweifel wichtiger Baustein für attraktive Innenstädte und lebendige Orts- und Stadtteilzentren. Darauf gehen wir beispielsweise in unserem Weißbuch Innenstadt und im Nationalen Radverkehrsplan 2020 ein. Der Fahrradverkehr beansprucht deutlich weniger Fläche im Straßenraum als andere Verkehrsmittel. Zudem trägt mehr Fahrradverkehr dazu bei, die Umweltauswirkungen des Verkehrs zu verringern: Lärm wird reduziert, die Städte werden von CO2 und anderen Schadstoffen entlastet. Der Radverkehr kann also wesentlich die Ziele einer integrierten Stadtentwicklungspolitik unterstützen. Im Übrigen fördern wir mit den 3 Millionen Euro zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans auch Modellprojekte in den Städten. Über die Verkehrsgestaltung in den Stadtzentren, also wieviel und welchen Verkehr sie haben wollen, entscheiden die Kommunen. Denn sie haben die Planungshoheit.
Wo sehen Sie die E-Mobilität 2020 wirklich?
1.000.000 E-Autos wird es wohl kaum geben, aber 1 Million E-Bikes sind sehr wahrscheinlich. Gibt es in der Entwicklung Förderungen für E-Bikes oder ist eine Förderung beim Kauf eines E-Bikes geplant? Die Bundesregierung steht nach wie vor zu dem Ziel der 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020 auf deutschen Straßen. Wir wissen, dass die Zulassungszahlen nicht linear ansteigen werden. Wichtig ist es, genügend Schwung zu erzeugen, damit die Marktdurchdringung in den nächsten Jahren zunimmt. Dank der Förderprogramme des BMVBS wie den Modellregionen Elektromobilität und den ressortübergreifenden Schaufenstern zeigen wir das Potential für Elektromobilität – das steigert die Kundenakzeptanz bereits heute.
Was mich freut: Der Markt für Pedelecs wächst aufgrund des weiterentwickelten Angebots noch schneller. Elektrofahrräder werden von uns gefördert, wenn sie Bestandteil innovativer Mobilitätsangebote sind. Ein Beispiel ist die Verknüpfung mit dem ÖPNV, etwa durch ein „Pedelec-Verleihsystem“ an Haltestellen. Die Bundesregierung fokussiert die Förderung von Elektromobilität grundsätzlich auf die Forschung und Entwicklung, um Deutschland nachhaltig zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität zu machen. Kaufprämien sind dabei nicht vorgesehen.
# Wenn es um Sport geht, scheint Peter Ramsauer eher dem Fußball nahestehend. Hier jubelt er gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Ministerpräsidentin von Hessen, Ursula Bouffier, bei der EM 2012.
Sie haben den Begriff vom „Fahrradrowdy“ geprägt. Ist es aber nicht so, dass sowohl Autofahrer, Radfahrer und auch Fußgänger an gegenseitiger Rücksichtnahme zulegen sollten. Ein nachhaltiger und sinnvoller Ausbau von Radwegen würde dazu beitragen. Wie sehen sie das?
Generell gilt für mehr Sicherheit im Straßenverkehr: Weg von der Konfrontation, hin zu mehr Miteinander. Diese Devise müssen natürlich alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen beherzigen! Deshalb fördern wir die Verkehrssicherheitskampagne „Rücksicht im Straßenverkehr“, mit der genau für dieses Anliegen geworben wird. Seit einem Jahr wird die Kampagne erfolgreich in den Modellstädten Berlin und Freiburg getestet. Ab jetzt steht die Kampagne allen interessierten Kommunen zur Verfügung. Und: Ich stimme Ihnen zu, dass der Ausbau von Radwegen sinnvoll ist. Allein in diesem Jahr stehen dafür über 70 Millionen Euro bereit. Nicht zu vergessen: In den vergangenen 10 Jahren wurden in den Bau und die Erhaltung von Radwegen an Bundesstraßen insgesamt 877 Millionen Euro investiert.
Durch die Jahrhunderthochwässer wurden zuletzt viele Straßen beschädigt. Werden darunter geplante Bauvorhaben für Radwege zu leiden haben, die jetzt gestrichen oder verschoben werden?
Das konkrete Ausmaß der durch das diesjährige Hochwasser verursachten Schäden an den Verkehrswegen des Bundes und die voraussichtlichen Kosten für die Wiederherstellung sind noch nicht abschließend einschätzbar. Die Beseitigung dieser Schäden erfolgt aber aus Mitteln des Aufbauhilfefonds, so dass die im Haushalt vorgesehenen Mittel für Radwege an Bundesstraßen auch weiterhin zur Verfügung stehen.
In einigen Bundesgebieten ist es Mountainbikern nicht gestattet, Waldwege unter einer Breite von 2 Metern zu befahren. Der MTB-Sport trägt aber auch dazu bei, die Jugend sinnvoll zu beschäftigen. Sollte sich, ihrer Meinung nach, die Politik in solchen Regionen nicht daran beteiligen, öffentliche Trainingsstrecken für Biker zu schaffen. Dies würde zu weniger Auseinandersetzungen mit Anwohnern, Wanderern usw. führen und der Jugend, dem Sport, aber auch dem Tourismus in diesen Regionen dienlich sein. Wie stehen sie dazu?
Die Frage betrifft im Grunde meine Kollegen im für die Wälder zuständigen Bundesumweltministerium. Aber klar ist: „Mountainbiken“ ist ein reizvoller Sport, besonders für die Jugend. Das Bundeswaldgesetz erlaubt auch das Radfahren im Wald, wenn es auf Straßen und Wegen stattfindet. Echtes Querfeldeinfahren ist in Deutschland nicht erlaubt, weil in ökologisch sensiblen Regionen neben der Belastung abgelegener, bisher eher unberührter Gebiete auch empfindliche Tiere aufgescheucht werden könnten. Deshalb sind die Bundesländer im Bundeswaldgesetz aufgefordert, Einzelheiten – auch Ihre Frage nach Prüfung der Bereitstellung öffentlicher Trainingstrecken – zu regeln. Ich freue mich, dass es bereits eine große Auswahl an naturverträglichen Pfaden für Mountainbiker gibt. Auch solche, die mit Fremdenverkehrsämtern, Mountainbikern sowie Fachleuten der Waldbehörden und des Natur- und Landschaftsschutzes abgestimmt wurden, um Konflikte mit anderen Wegnutzern zu vermeiden. Es ist der richtige Weg, wenn etwa die Deutsche Initiative Mountain Bike e.V. für ausgewiesene Strecken wirbt.
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