Nach der EWS in Chile hab ich gut einen Monat zu Hause verbracht und mich, mit einem soliden Training, auf den zweiten Stopp in Schottland vorbereitet.
Ich muss zugeben, dass es eines der Rennen war über das ich schon lange im Voraus nachgedacht hatte. Das typisch schottische Wetter und das ungewohnte Terrain machten mir etwas Sorge und so galt es sich bestmöglich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Von Australien bis nach Europa zu fliegen ist immer eine große Anstrengung. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit und dann noch durch Großbritannien – das alles machte es nicht gerade einfacher. Aber der Trip verlief eigentlich recht entspannt. Glücklicherweise waren die Flüge nicht ausgebucht und so konnte ich einige wichtige Stunden schlafen.
Mit dem ganzen Team trafen wir uns am Montag Nachmittag in Edinburgh und fuhren gemeinsam nach Peebles, wo wir unser Lager aufschlugen. Wir bauten die Räder auf und machten uns, wie immer, auf den Weg die Gegend etwas zu erkunden, um alles ein wenig kennenzulernen.
Dienstag
Vor uns lagen fünf anstrengende Tage und ich fühlte mich nach dem langen Flug ziemlich ausgelaugt. Somit galt es erst einmal den Jet Lag zu überwinden und etwas Schlaf nachzuholen. Schaun, unser Mechaniker, hatte die Bikes rennfertig, so dass wir später noch eine entspannte Runde gedreht haben und die Beine etwas locker fuhren.
Mittwoch – Freitag: Training
Wir hatten drei Tage Zeit um auf den einzelnen Stages zu trainieren. Das mag sich nach einer ganzen Menge anhören, doch mit mehr als 100 Kilometern Länge und insgesamt acht Stages brauchte man auch viel Zeit um sich überhaupt alles einmal angeschaut zu haben. Wir wollten zwei Trainingsläufe auf jeder Stage fahren, was wir auch schafften, aber mit mehr als dreizehn Stunden im Sattel, wobei wir überwiegend die Berge hochgetreten und die Trails hochgeschoben haben, war es schwierig für das anstehende Rennen richtig fit und frisch zu sein.
Die Trails haben wirklich viel Spaß gemacht, doch meine Stärken konnte ich hier so gar nicht ausspielen. Das ständig wechselnde Wetter hat uns zudem in die Karten gespielt aber nach meinem letzten Training am Freitag fühlte ich mich gut vorbereitet und war heiß auf das Rennen.
Samstag – Renntag 1
Pünktlich zum Rennen ließ sich die Sonne blicken – das erste Mal seit wir vor Ort waren – und ich machte mich auf zur ersten Stage. Die ersten Kurven der Etappe sollten bereits den Grundtenor des restlichen Tages aufzeigen. Auf die grelle Sonne, der ersten offenen 200 Metern, folgte ein dichtes Waldstück und es fühlte sich an als hätte jemand das Licht ausgeknippst. Meinen Augen konnten sich so schnell nicht an die neuen Lichtverhältnisse anpassen und ich bin im Blindflug geradewegs in die nächsten Bäume geflogen. Sicherlich kein guter Start in das Rennen aber ich versuchte mich nicht allzu sehr zu stressen, um weitere Fehler zu vermeiden. Die Sonne verwandelte den Schlamm der Vortage in einen zähen Erdnussbutter-artigen Brei, der einem bei jedem kleinen Fehler den gesamten Speed nahm.
Auf Stage eins und zwei hatte ich echt Probleme meinen Flow zu finden. Kleine Fehler zwischen den vielen engen Bäumen kosteten mich in jeder Kurve eine Menge Zeit. Zu allem Überfluss wälzte sich mein Vorderreifen in einer Kurve etwas von der Felge und verlor Luft. Somit bin ich an der Front mit lediglich der Hälfte meines eigentlichen Reifendrucks gefahren, was mich nochmal viel Zeit kostete. Es war einer diese Tage, an dem einfach nichts passen wollte, einer dieser Tage, an denen man alles zusammenpacken möchte und es einfach sein lassen will. Solche Tage hatte ich in den letzten 17 Jahre, in denen ich Mountainbike fahre, schon häufiger, doch noch nie an einem Renntag.
Nach der zweiten Stage hatten wir eine kurze Pause und ich war echt enttäuscht, wie es bis dahin lief. Ich versuchte alles zu verdrängen und neu zu starten. Einmal den Restart-Knopf, bitte.
Die dritte Etappe war die wohl längste Etappe des Rennens und hatte die schwierigsten und steilsten Sektionen des ganzen Tages. Ich fuhr wesentlich besser und knackte, obwohl ich einen ziemlich groben Schnitzer gemacht hatte, die Top10.
Stage vier hätte an den Lauf anknüpfen sollen, doch aus welchem Grund auch immer hielten mich die Jungs von der Zeitnahme am Start auf. Drei bis vier Sekunden nachdem ich hätte starten sollen, sagten sie zu mir: „Oh, ja los geht’s.“ Normalerweise kein Problem, da die Zeitmessung mit den Transpondern voll elektrisch läuft aber diesmal gab es wohl Probleme und die Zeitmessung wurde manuell durchgeführt. Die Zeitmessung startete somit exakt zu meiner Startzeit und ich verlor die wertvollen Sekunden, die ich am Start aufgehalten wurde. Noch bevor ich auch nur eine Kurbelumdrehung machte lief die Zeit…super. Das war das I-Tüpfelchen eines schrecklichen Tages.
Sonntag – Renntag 2
Das Wetter hielt und die Strecke trocknete immer weiter ab. Abgesehen von meinem 30. Platz vom Vortag wusste ich, dass mir die kommenden Etappen besser liegen würden. Ich war mir sicher, würde ich fahren, wie ich es normalerweise tu, könnte ich einiges an Zeit gutmachen und bis in die Top10 fahren.
Um einen langen Tag kurz zu fassen: Ich habe genau das gemacht, was nötig war und worauf ich gehofft hatte. Ich fuhr zwar nicht so selbstbewusst wie sonst, doch mit jeder Stage fühlte ich mich besser und ich fand allmählich meinen Rhythmus. Die letzte Stage lag mir sehr und ich wollte Schottland mit einem guten Gefühl verlassen, um selbstsicher in das nächste Rennen gehen zu können. Es lief alle nach Plan und ich fuhr auf der Stage die Bestzeit, womit ich mich bis auf Rang neun vorarbeiten konnte und wichtige Punkte für die Gesamtwertung holte. Definitiv der beste Weg das Rennen zu beenden.
Es war cool zu sehen, wie Richie langsam aber sicher Fuß im Enduro-Sport fasst. Am letzten Tag fuhr er auf jeder Stage in die Top10 und ist auf dem richtigen Weg auch in der Gesamtwertung die Lücke zu die Topfahrer zu schließen.
Somit war das Wochenende gespickt mit Höhen und Tiefen aber wir konnten Schottland mit einem positiven Gefühl verlassen. Die Bedingungen und die Trails lagen mir so gar nicht aber ich weiß, dass das Terrain in Frankreich zum nächsten Stopp der EWS genau meins ist und ich dort gute Ergebnisse einfahren kann. Somit geht der Blick nach vorn und ich bin heiß auf das Rennen in Valloire.
Bike Setup
Rahmen: Yeti SB66c Medium (ja, immer noch 26 Zoll)
Gabel: 2015er Fox Float 36, 75 psi
Dämpfer: Fox Float X, 175 psi
Laufräder: DT Swiss, 240s Naben, EX 471 Felge
Reifen: Vorn – Maxxis Shorty 2.3 EXO 3C Prototyp 25psi
Hinten – Maxxis Minion DHR2 3C EXO 28psi
Bremsen: Shimano XTR, 180mm Scheiben
Kurbel: Shimano XTR 170mm
Powermeter: Stages XTR mit Garmin Edge 500
Schaltung: Shimano XTR Shadow Plus
Pedale: Shimano XTR Trail
Kettenblatt: Shimano Saint 36t
Kettenführung: E13 TRS
Vorbau/Lenker: Renthal FatBar Lite Carbon 740mm, Renthal Prototyp Vorbau 60mm
Sattel/Sattelstütze: WTB Devo Yeti Team Edition, Thomson Elite Dropper
Griffe: ODI Troy Lee Designs
Steuersatz: Chris King
Fotos: Sebastian Schieck