Die Enttäuschung sitzt tief. Was genau ist, weiß ich nicht. Was ich weiß, dass es mir nicht gut geht und ich nach dem Radfahren entkräftet aufgeben muss. Liegt es an mir? Warum ging einfach nichts? Der Ironman Hawaii soll einfach noch nicht mein Rennen sein. Die Tage nach dem Rennen geht es mir nicht wirklich besser. Gliederschmerzen, schlaflose schweißgebadete Nächte. Aber viel Zeit, sich darum zu kümmern, gibt es nicht. Bereits zwei Tage nach dem Rennen sitze ich im Flieger nach Thailand, um mich im Thanyapura Sport Resort auf den IM Malaysia vorzubereiten.
Keine Ahnung wie ich dieses Rennen machen soll. Die Schmerzen gehen nicht wirklich weg. Wir treffen Freunde und deren erste Reaktion ist, dass es sich nach Dengue Fieber anhört. Zwei Tage später kommt von Ironman eine Mail, dass sich bitte alle melden sollen, die diese Symptome haben, da Dengue Fieber auf Hawaii ausgebrochen ist. Auf der einen Seite fällt mir ein Stein vom Herzen, dass es nicht an mir lag. Auf der anderen Seite ist mir nicht klar wie ich Malaysia machen soll. Mein Coach Jo Spindler und unsere Freunde vor Ort schaffen es irgendwie, mich aus meinem Gedankensumpf herauszuholen. Wir reden viel über Gott und die Welt. Nicht Triathlon. Die Zeit verfliegt wie im Flug. Vier Wochen Thanyapura/Thailand kommen mir wie eine vor. An den IM Malaysia denke ich nicht.
Mein einziger Hoffnungsschimmer sind meine Trainingszeiten, die sich wieder stabilisieren. Meine Power kommt langsam zurück. Dann geht es schon nach Langkawi. Dort habe ich als Titelverteidigerin ein volles Programm. Eine neue Situation. Noch nie war ich in der Verlegenheit in der Situation einen Ironman-Titel verteidigen zu dürfen. Die Tage vor dem Rennen sind angefüllt mit Terminen: Besuch im Kids-Hospital von Langkawi, Autogrammstunde, Pressekonferenz, Eröffnungsfeier. Dazu noch Streckenänderungen checken und dazwischen ein bisschen trainieren.
Am Rennmorgen springe ich aus dem Bett. Fokus und Vorfreude auf das Rennen sind da! Vor Aufregung vergesse ich sogar Jos Geburtstag. Das Profifeld ist dieses Jahr fast dreimal so groß wie noch 2014. Zusammen mit den Männern sind wir fast 70 Profis. Der Startschuss fällt, ich komme super weg. Der Druck im Wasser ist da. Lange kann ich meine Gruppe halten. Auf den letzten 600m verliere ich sie aber doch noch und verpasse den Schwimmausstieg. Soviel zum Profi. Ein Paddler kommt irgendwann aufgeregt an und sagt, ich muss zurück schwimmen. Das geht ja gut los! Ab aufs Rad und den Fehler wieder ausbügeln.
Nach 35km hole ich endlich die Führungsgruppe ein. Ich zögere nicht lange. Kopf runter und durch. Nach gut 5 Stunden und Tagesbestzeit auf dem Rad erreiche ich die Wechselzone und habe viereinhalb Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte. Den Marathon gehe ich kontrolliert an. Alle tun so, als ob sie nichts anderes erwartet hätten von mir. Keiner sieht mir an, dass ich mich richtig quälen muss. Ich muss an Jos Worte denken: „Was Dir weh tut, bringt die anderen um. “ Ziemlich erschöpft, aber überglücklich überquere ich als die „Queen of Malaysia“ die Ziellinie.
Selten bin ich so an meine Grenzen gegangen. Richtig realisieren, was ich da gerade gemacht habe, kann ich noch gar nicht. Mit einem Abstand von zwei Wochen schaue ich nun auf diesen Ironman zurück. Im Ziel habe ich es nicht über meine Lippen gebracht, dass ich 2016 gerne wieder meinen Titel verteidigen würde, so geschafft und müde war ich. Aber ein Hattrick hätte natürlich schon einen gewissen Reiz. Zumal ich mich auf Langkawi und Phuket richtig wohl fühle und es schon cool ist, wenn Sicherheitsbeamte auf dem Flughafen alles stehen und liegen lassen, um ein Foto mit mir zu bekommen 😉
Mit meinem dritten Ironman-Sieg, einem 70.3 Sieg und einem Half-Challenge Sieg in nur 13 Monaten beende ich das Jahr sehr beruhigt. Meine bisher erfolgreichste Saison, die nur von einer kleinen Mücke kurz unterbrochen wurde. Nach fast achte Wochen „on the road“ freue ich mich jetzt auf ein bisschen Zeit mit Familie und Freunden, bevor es zurück nach Mallorca geht.