Radsport: Am kommenden Samstag beginnt die 103. Ausgabe der Frankreich-Rundfahrt. Jetzt sind die jeweils neun gemeldeten Fahrer von allen 22 Tour de France Teams bekannt gegeben worden. Höchste Zeit für den Tour de France Teamcheck. Wir schauen uns in drei Teilen alle Mannschaften etwas genauer an. Los geht es mit den Etappenjägern. Diese Teams müssen ihr Heil in der Flucht suchen, da sie weder einen Topsprinter haben, noch die besten Berg- bzw. Klassementfahrer.
Bora-Argon 18 (Deutschland)
Wir starten direkt mit einem von zwei deutschen Tour de France Teams. Zum dritten Mal in Folge wurde Bora-Argon 18 mit einer Wildcard ausgestattet. Dies ist alles andere als selbstverständlich, denn die anderen drei Wildcard-Teams fahren alle unter der französischen Flagge. Doch da sich Bora-Argon 18 in den vergangenen Jahren sehr gut präsentiert hat, wollte die Tour-Organisation das deutsche Team gerne wieder mit dabei haben. Der ehemalige Radprofi und jetzige Teammanager Ralph Denk rief das Ziel Etappensieg aus. Dafür hat man auch einige Kandidaten. Der letztjährige Deutsche Meister Emanuel Buchmann und Bartosz Huzarski sind dabei in den Bergen besonders zu beachten. Doch auch auf flachen Teilstücken möchte man ein Wörtchen mitreden. Jan Barta ist ein bekannter Ausreißer und auch Paul Voss wäre ein Erfolg zuzutrauen. Für Massensprints kann Bora-Argon 18 dann noch die irische Trumpfkarte ausspielen: Sam Bennett konnte in diesem Jahr einen Etappensieg beim Critérium International feiern. Überraschenderweise nicht nominiert wurde Dominik Nerz, der sicherlich eine Top 20 Platzierung möglich gemacht hätte. Wie lange das Team Bora-Argon 18 noch zu den Etappenjägern zu zählen ist, bleibt ungewiss – zumindest bis Donnerstag. Dann nämlich wird der neue Co-Sponsor vorgestellt und einen neuen Radhersteller soll es ebenfalls geben. Mit diesen Finanzspritzen möchte man 2017 in die World Tour aufsteigen. Dann benötigt das Team auch keine Wildcard mehr.
Das Aufgebot:
Shane Archbold, Jan Barta, Cesare Benedetti, Sam Bennett, Emanuel Buchmann, Bartosz Huzarski, Patrick Konrad, Andreas Schillinger, Paul Voss
Fortuneo-Vital Concept (Frankreich)
Das in Rennes ansässige Radsportteam Fortuneo-Vital Concept ist das Nachfolgeteam von Bretagne-Séché Environnement und hat bereits Tour de France Erfahrung sammeln können. Auch in diesem Jahr wird man sich auf Ausreißversuche konzentrieren, denn im Teamaufgebot ist kein Fahrer zu finden, der in einem Massensprint oder im Hochgebirge direkt aus dem Feld heraus gewinnen könnte. Brice Feillu gewann vor sieben Jahren, damals noch aktiv für das Team Agritubel, bereits eine Tour de France Etappe. Er wird es in den Bergen genauso versuchen wie Chris Anker Sörensen, der nach mehrjähriger Abwesenheit wieder mit dabei ist. Sein von der Qual gezeichnetes Gesicht gibt es in den Bergen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder zu bestaunen. Florian Vachon hingegen hat seine Qualitäten nicht in den Bergen, sondern im hügeligen Terrain. Der Franzose gilt als typischer Ausreißer und ist deshalb ein Kandidat für eine Fluchtgruppe auf den Übergangsetappen. Leider nicht mit dabei sein werden Bergfahrer Pierrick Fédrigo, Hügelspezialist Jonathan Hivert und Sprinter Jauhen Hutarovich. Dennoch wird Fortuneo-Vital Concept eines der Tour de France Teams sein, welches in fast jeder Ausreißergruppe vertreten sein wird.
Das Aufgebot:
Vegard Breen, Anthony Delaplace, Brice Feillu, Armindo Fonseca, Daniel McLay, Pierre-Luc Perichon, Eduardo Sepulveda, Chris Anker Sörensen, Florian Vachon
IAM Cycling (Schweiz)
Das Schweizer Team IAM Cycling wird sich auf Etappenerfolge konzentrieren und gleichzeitig versuchen, Kapitän Mathias Frank erneut in die Top 10 der Gesamtwertung zu bringen. Dies gelang dem Schweizer nämlich im letzten Jahr mit Rang acht, doch da er diese starke Leistung weder zuvor noch danach bestätigen konnte, ist ein solches Ergebnis eher nicht erneut zu erwarten. Deshalb ruhen die Hoffnungen auch auf Jarlinson Pantano, der sich bei der Tour de Suisse in Bestform präsentierte, die neunte Etappe gewann und Gesamtvierter wurde. Im eher hügeligen oder gar flachen Terrain werden allen voran Stef Clement und Martin Elmiger ihr Glück versuchen, während mit Jerome Coppel auch ein Top-Zeitfahrer im Aufgebot steht. Gespannt sein darf man auf die erste Tour de France von Nachwuchstalent Sondre Holst Enger. Der erst 22-jährige Norweger gilt als Sprinttalent und wurde in diesem Jahr Zweiter bei der Tour de Picardie. Auch wenn die Konkurrenz bei der Tour de France für ihn noch eine Nummer zu groß sein dürfte, kann er vielleicht aus einer Gruppe heraus für eine Überraschung sorgen.
Das Aufgebot:
Stef Clement, Jerome Coppel, Dries Devenyns, Martin Elmiger, Mathias Frank, Reto Hollenstein, Sondre Holst Enger, Oliver Naesen, Jarlinson Pantano Gomez
Orica GreenEDGE (Australien)
Seit jeher ist das australische Team Orica GreenEDGE eine Mannschaft bestehend aus Etappenjägern. Zwar bietet Adam Yates nun die Chance in der Nachwuchswertung zu triumphieren, doch das Hauptaugenmerk bleiben Etappensiege. Mit Michael Matthews können die Australier auch in Massensprints ein Wörtchen mitreden, auch wenn ihm dort im Vergleich zur Konkurrenz schlichtweg die Endgeschwindigkeit fehlt. Interessant wird es dann, wenn es zu hügelig für die reinen Sprinter wird und Kitte, Bouhanni, Greipel, Cavendish und co. abgehängt wurden. Dann ist Michael Matthews ein komplizierter Gegner für die Herren Degenkolb und Sagan. Doch ansonsten wird sich das Team voll und ganz auf Fluchtversuche konzentrieren. Mit Michael Albasini, Simon Gerrans und Daryl Impey befinden sich auch dafür entsprechende Fahrer in den Reihen von Orica GreenEDGE. Ihre Zähigkeit an Hügeln gepaart mit der Sprintfähigkeit macht sie immer zu gefährlichen Kandidaten in bestimmten Gruppenkonstellationen. Außerdem wird auch Mathew Hayman am Start stehen. Der Überraschungssieger von Paris-Roubaix gilt als echte Lokomotive.
Das Aufgebot:
Michael Albasini, Luke Durbridge, Simon Gerrans, Mathew Hayman, Daryl Impey, Christopher Juul Jensen, Michael Matthews, Ruben Plaza Molina, Adam Yates
Cannondale Pro Cycling Team (USA)
Eines von zwei US-Amerikanischen Tour de France Teams in diesem Jahr ist Cannondale Früher bekannt durch Gesamtsiege bei Rundfahrten mit Vincenzo Nibali oder Ivan Basso, wird die Mannschaft bei der diesjährigen Tour de France ebenfalls auf Etappenjagd gehen. Unter den neun nominierten Fahrern findet sich kein Sprinter und auch kein Mann, der die Fähigkeiten Zeitfahren und Bergfahren perfekt miteinander kombiniert. Star des Teams ist besonders hier in Frankreich Pierre Rolland. Er möchte laut eigenen Aussagen eine Etappe gewinnen und ebenso auf das Gesamtklassement fahren. Der Hauptfokus wird aber auf möglichen Etappensiegen liegen. Mit Sebastian Langeveld, Ramunas Navardauskas und Matti Breschel hat man mindestens drei richtig zähe Jungs im Team. Tom Jelte Slagter und Lawson Craddock hingegen können auf hügeligen Überführungsetappen aus einer Fluchtgruppe heraus für einen Erfolg sorgen.
Das Aufgebot:
Matti Breschel, Lawson Craddock, Alex Howes, Kristjan Koren, Sebastian Langeveld, Ramunas Navardauskas, Pierre Rolland, Tom Jelte Slagter, Dylan Van Baarle
Lampre-Merida (Italien)
Kaum zu glauben, aber von den 22 gemeldeten Tour de France Teams kommt in diesem Jahr nur eines aus dem Radsportland Italien. Lampre-Merida tritt bei der Tour de France 2016, mit Ausnahme von Rui Costa, ohne richtige Stars an. Die Philosophie des Teams hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die erfolgreichen Zeiten mit Fahrern wie Damiano Cunego, Gilberto Simoni, Alessandro Ballan oder Alessandro Petacchi scheinen vorerst vorbei zu sein. Jetzt treten sie bei der Tour de France auch noch ohne Diego Ulissi, Przemysław Niemiec und Sacha Modolo an. Kein Wunder, dass sie das Heil nur in der Offensive suchen können. Mit Davide Cimolai hat man zwar einen passablen Sprinter im Team, doch über die Top 5 wird er bei einem flachen Sprint kaum hinauskommen. Ansonsten wird sich alles auf Rui Costa und Louis Meintjes konzentrieren. Costa möchte bei der Tour de France endlich einmal ganz vorne rein fahren, während Louis Meintjes vom Weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers träumt. Der Rest des Teams wird seine Freiheiten bekommen und vor allem auf hügeligen Etappen sein Glück versuchen.
Das Aufgebot:
Yukiya Arashiro, Matteo Bono, Davide Cimolai, Kristijan Durasek, Rui Costa, Tsgabu Gebremaryam Grmay, Louis Meintjes, Luka Pibernik, Jan Polanc
Lotto NL-Jumbo (Niederlande)
Das Team Lotto NL-Jumbo verzichtet in diesem Jahr auf einige Hochkaräter. Unter anderem wird auf die Klassementfahrer Robert Gesink und Steven Kruijswijk verzichtet. Bei genauerer Betrachtung erscheint dies jedoch logisch. Robert Gesink verletzte sich bei der Tour de Suisse und Steven Kruijswijk hat den Giro d’Italia in den Beinen. Dort stolperte er tatsächlich noch vom Treppchen, obwohl er schon wie der sichere Sieger aussah. Die Chance auf das Tour-Treppchen hat im neunköpfigen Aufgebot dieses Jahr wohl niemand. Am ehesten zuzutrauen wäre eine gute Platzierung im Gesamtklassement sicherlich Wilco Kelderman. Bei der Tour de Suisse trug er das Leadertrikot und wurde am Ende Gesamtachter. Das restliche Team besteht größtenteils aus Allroundern, darunter auch die Deutschen Paul Martens und Robert Wagner. Besonders gesoannt sein darf man auf Dylan Groenewegen. Der 23-jährige Niederländer gilt als großes Sprinttalent und hat in diesem Jahr bereits Rund um Köln gewonnen und ist vergangene Woche Niederländischer Meister geworden. Er könnte die Entdeckung des Jahres werden und in den nächsten drei Wochen einige Tour de France Teams mit Top-Sprintern ärgern.
Das Aufgebot:
George Bennett, Dylan Groenewegen, Wilco Kelderman, Bertjan Lindemann, Paul Martens, Timo Roosen, Sep Vanmarcke, Robert Wagner, Maarten Wynants
Tour de France Teams – Die große Vorschau auf Velomotion
Tour de France Teams #1: Die Etappenjäger
Tour de France Teams #2: Die Mannschaften der Sprinter
Tour de France Teams #3: Fokus auf dem Gesamtklassement