Test: Schon der Name des neuen Enduro-Allrounders aus dem Hause uvex lässt auf den wandelbaren Charakter des Helms schließen: Mit einem Augenzwinkern bezieht man sich auf die Geschichte um Dr. Jekyll und Mr. Hyde, die wohl den meisten bekannt sein dürfte und in der sich der zahme Dr. Jekyll immer wieder in den wutschnaubenden Mr. Hyde verwandelt. Wie viel Hyde und wie viel Jekyll stecken also im uvex jakkyl hde?
Der Helm reiht sich ein in die noch recht junge Gattung der Enduro-Helme mit abnehmbaren Kinnbügeln. Vor drei, vier Jahren erschienen die ersten derartigen Helme auf dem Markt und seither bringen immer mehr Hersteller ihre eigene Interpretation dessen auf den Markt. Die Idee ist simpel und für jeden Gravity-affinen Mountainbiker nachvollziehbar: Während man im Uphill und auf gemäßigten Trails die frische Brise der Halbschale genießen kann, bekommt man nach der Montage des Kinnbügels einen vollwertigen Fullface-Helm, mit dem man sich in die entsprechende Abfahrt begibt. Schnäppchenjäger dürften dabei ebenso hellhörig werden, schließlich spart man sich auf den ersten Blick auch den Kauf eines zweiten Helmes.
So interessant das Konzept auch klingt, so komplex sind die Anforderungen jedoch an den Helm und damit auch an den Hersteller.
Sicherheit
Klar, niemand von uns trägt einen Helm, weil er so toll aussieht oder weil es am Kopf sonst so unangenehm luftig wird. Wir alle möchten uns im Falle eines Sturzes vor Kopf- oder Gesichtsverletzungen schützen. Gerade beim Einsatz als Fullface Helm muss man sich also die berechtigte Frage stellen, ob ein solcher Hybrid-Helm wie der uvex jakkyl hde ein ausgewachsenes Pendant ersetzen kann. Mit einem Gewicht von knapp 700g mit montiertem Kinnbügel ist er leichter als die meisten Fullface Helme – das muss sich jedoch nicht zwangsläufig negativ auf die Sicherheit auswirken und tat es während unseres Tests auch nicht.
Montage des Kinnbügels
https://www.youtube.com/watch?v=yu4uEMNchwE
Ein so wandelbarer Helm verspielt viele seiner Vorteile, wenn die Montage des Kinnbügels zu viel Zeit in Anspruch nimmt oder sogar Werkzeug benötigt. Beides ist beim uvex jakkyl hde nicht der Fall: Der Kinnbügel wird mit zwei Metalllaschen seitlich am Helm eingehängt und mithilfe zweier Drehknöpfe arretiert. Letztere sind gerade zu Anfang etwas schwergängig, was sich im Laufe der Zeit jedoch bessert. So war es uns mit etwas Übung möglich, den Bügel ohne Absetzen des Helms in wenigen Sekunden zu montieren.
uvex jakkyl hde: Entwicklung mit Michal Prokop
Entwickelt hat uvex den Helm in enger Zusammenarbeit mit Fourcross- und Enduro-Profi Michal Prokop – die Expertise spürt man an vielen kleinen Details, die man im Alltag schätzen lernt. So harmoniert der uvex Helm hervorragend mit dem Tragen einer Goggle, das Band lässt sich hinten schön befestigen und bei hochgeklapptem Visier passt die Brille perfekt auf den Helm, ohne zu verrutschen.
Ein System mit Boa-Verschluss im Nacken soll für einen sicheren Sitz sorgen, ohne dass es zu unangenehmen Druckspuren kommt. In meinem Fall hat das auch bestens funktioniert, doch hier empfiehlt es sich wie eigentlich immer bei Helmen, vor dem Kauf anzuprobieren. Beim uvex gilt das umso mehr, da man mit lediglich zwei Größen (52-57 / 56-61) einen großen Bereich abdeckt.
uvex jakkyl hde: Praxiseindrücke
Eine ganze Saison, viele Höhen- und noch mehr Tiefenmeter musste sich der Helm beweisen. Er war mein MTB-Allrounder und ich nutzte ihn ohne Kinnbügel für alle gemäßigten Ausfahrten und mit Kinnbügel auch einige Tage im Park. Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Endurohelm mit abnehmbaren Kinnbügel über einen längeren Zeitraum fuhr und ich möchte den Komfort nicht mehr missen. Gerade in beliebten Bike-Regionen in den Alpen oder auch in Finale Ligure war die Flexibilität Gold wert. Während der langen und schweißtreibenden Uphills blieb der leichte Kinnbügel aus Fiberglas im oder am Rucksack, am Traileinstieg hatte ich dann mit nur wenigen Handgriffen einen Fullface Helm – super. Die Montage selbst funktioniert mit etwas Übung wie bereits erwähnt sehr gut.
Leider – oder eigentlich zum Glück – blieb ich in dieser Saison von schlimmeren Stürzen verschont. Dennoch bin ich natürlich einige Male unfreiwillig abgestiegen und der Helm hat mich zuverlässig geschützt. Auch einen recht ruppigen Felskontakt mit einer besonders unfreundlichen Felskante hoch oben am Reschenpass hat der Kinnbügel problemlos weggesteckt.
Im Bikepark musste der Helm dann auch als Ersatz für meinen gewohnten Fullface herhalten und machte dort ebenfalls eine recht gute Figur. Vor allem das geringe Gewicht ist wirklich angenehm. Auch die Belüftung gerade im Bereich des Kinnbügels ist super – vor allem dann, wenn man die Schwitzkästen einiger Fullface-Helme gewohnt ist. Etwas weniger überzeugt war ich vom Kinnbändchen, das bei montiertem Kinnbügel ungewohnt weit hinten sitzt und sich beim Auf- und Absetzen des Helms gerne in den Ohren verfängt.
In den meisten Fällen habe ich den uvex jakkyl hde jedoch als Trailhelm ohne Kinnbügel genutzt. Hier fällt verglichen mit „normalen“ Endurohelmen auf, dass er eine Spur dicker aufträgt und auf dem Kopf nicht ganz so elegant aussieht. Die Belüftung ist an heißen Sommertagen noch in Ordnung, wenngleich man doch recht schnell ins Schwitzen gerät. Die dunkle Oberfläche unseres Testmodells trug jedoch sicherlich ihren Teil dazu bei. Apropos Oberfläche: Diese ist matt und fühlt sich beim Anfassen ziemlich hochwertig an, ist jedoch leider sehr anfällig für Kratzer. So sah der Helm bei uns schon nach einigen Wochen und ohne Sturz recht ramponiert aus – der Transport im Auto und Äste auf dem Trail hatten ihre Spuren hinterlassen.