Tour de France Geschichte: Die Rivalität zwischen Lance Armstrong und Jan Ullrich gilt als eine der interessantesten der Tour-Geschichte. Seinen Höhepunkt erlebte das ungleiche Duell im Jahr 2001. Auf dem Weg nach Alpe d’Huez schien der Amerikaner Probleme zu haben. Das Team Telekom ackerte, doch Lance Armstrong bluffte.
Die Ausgangslage: US Postal war geschwächt
Bei der Tour de France 2001 trafen Jan Ullrich und Lance Armstrong zum zweiten Mal aufeinander. Der Amerikaner gewann in den beiden Vorjahren, doch der Deutsche verpasste die Frankreich-Rundfahrt 1999 auf Grund eines Sturzes bei der Deutschland Tour. 2000 musste er sich Lance Armstrong um über sechs Minuten geschlagen geben. Dennoch erhoffte man sich, diesmal besser vorbereitet zu sein. Und es sah gut aus, denn das Team Telekom wirkte stark und die Mannschaft US Postal war geschwächt. Edelhelfer Christian Vande Velde musste schon vor den Bergen aufgeben und weitere Fahrer im Team waren krank oder leicht verletzt. Durch den Prolog und das Teamzeitfahren lag Lance Armstrong vor der zehnten Etappe 27 Sekunden vor Jan Ullrich. Am 17. Juli 2001 sollte es auf der ersten Bergetappe zu einer ersten Wasserstandsmeldung kommen. Die Etappe führte über 209 Kilometer von Aix-Les-Bains nach Alpe d’Huez – und ging in die Geschichte ein.
Das Schauspiel: Armstrong leidet sichtlich
Bevor es die legendären 21 Kehren hinauf nach Alpe d’Huez ging, mussten die Profis die Anstiege zum Col de la Madeleine und zum Glandon überstehen. Das Teilstück durch die Alpen führte also über drei Berge der höchsten Kategorie – ein echter Gradmesser. Und schon im ersten Anstieg meldete das französische Fernsehen „Armstrong en difficulté“. Die TV-Bilder bestätigten die scheinbaren Probleme Armstrongs. Der Amerikaner befand sich mit seinen Teamkollegen am Ende des Feldes. Auf Fragen eines Kommentators gab Teamchef Johann Bruyneel an: „Ich weiß nicht, ob es ihm gut geht. Ich sehe nur die Bilder. Und das verheißt nichts Gutes.“ Gleichzeitig gab er an, schon den ganzen Tag keinen Funkkontakt zu seinem Leader zu haben. Gefunkt wurde aber umso mehr beim Team Telekom. Rudy Pevenage entschied, das Tempo zu forcieren. So spannten sich unter anderem Kevin Livingston, Giuseppe Guerini und Andreas Klöden an die Spitze des Feldes.
Der Blick: Ullrich kann Armstrong nicht folgen
Als das Fahrerfeld den Schlussanstieg erreicht hat, begab sich das Team US Postal plötzlich nach vorn. Jose Luis Rubiera sprintete förmlich den Berg hinauf – mit Lance Armstrong an seinem Hinterrad. Nach wenigen Sekunden explodierte das Peloton. Als dann auch Rubiera aus der Führung ging, blickte sich Armstrong um. Er sah Ullrich ins Gesicht und trat an. Der Deutsche – der ohnehin Tempoverschärfungen nichts abgewinnen konnte – hatte keine Chance zu reagieren. Während Armstrong davon stiefelte, brach in Ullrich die Moral zusammen. Rudy Pevenage gab später an, den Bluff von Armstrong durchschaut zu haben. Doch seiner Mannschaft blieb in der Situation nichts anderes übrig, als es wenigstens zu versuchen.
Ullrich-Helfer Udo Bölts:
„Wir konnten nicht glauben, was wir sahen. Als wir sahen, wie Armstrong attackierte, haben wir all unsere Moral verloren.“
Armstrong-Helfer Jose Luis Rubiera:
„Er sagte zu mir, ich solle mit Vollgas in den Berg hineinfahren.“
Das Resultat: Knapp 2 Minuten Unterschied
Lance Armstrong fuhr wie entfesselt den Anstieg hinauf. Er kassierte den letzten verbliebenen Ausreißer ein und jubelte in Alp d’Huez über seinen ersten von vier Etappensiegen bei dieser Tour de France. 1:59 Minuten später erreicht Jan Ullrich als Zweiter das Ziel. Meter um Meter hat der damalige Deutsche Meister all seine Begleiter abgeschüttelt. Trotzdem verlor er stets Zeit auf den Texaner. Am Ende der drei Wochen gewinnt Lance Armstrong zum dritten Mal die Tour de France. Um 6:44 Minuten muss sich Jan Ullrich geschlagen geben.
Lance Armstrong:
„Auf Grund der Kameras kann jeder alles sehen. Manchmal muss man das ausnutzen. Ich habe mit dem Team Telekom Poker gespielt – und ich habe gewonnen.“