Spektrum: Jüngst hat Spanien für Aufsehen gesorgt. Nicht etwa wegen seinen Corona-Zahlen, sondern wegen der deutlichen Herabsenkung der Regelgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften. Aber könnte das Abbremsen von 50 km/h auf 30 km/h auch für Deutschland eine Lösung sein?
Tempo 30 wird zur Regelgeschwindigkeit
Häufig gilt die Geschwindigkeit als wichtigster Parameter für den Ausgang und die Häufung von Verkehrsunfällen. An vielen Orten ist daran nicht zu rütteln. An unübersichtlichen Stellen sowie Orten mit hohem Verkehrsaufkommen unterschiedlich schneller Verkehrsteilnehmer trifft dies im besonderen Maße zu.
Aus diesem Grund hat Spanien als erster EU-Staat nun Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften beschlossen. Tempo 50 ist nur noch auf Straßen gestattet, die innerorts zwei Fahrstreifen pro Richtung bieten. Das Ziel ist klar: Man möchte die Anzahl der Unfälle in Ortschaften und damit natürlich auch die Fahrradunfälle sowie deren Folgen reduzieren.
Warum überhaupt Tempo 30 und nicht 40?
Warum ausgerechnet Tempo 30? Weil die Reduktion der Geschwindigkeit dazu führt, dass sich der Brems- und Reaktionsweg im Fall einer kritischen Situation deutlich verkürzt. Fahrzeuge kommen damit deutlich schneller zum Stehen. In Städten wie Oslo und Helsinki ist Tempo 30 bereits als Regelgeschwindigkeit etabliert.
Seither gab es dort keine tödlichen Unfälle mehr mit Radfahrern oder Fußgängern. Darüber hinaus senkt die Reduzierung der Geschwindigkeit den Lärm auf den Straßen und erhöht das Wohlbefinden im Straßenverkehr. Insofern spricht vieles für die Begrenzung á la Spanien.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
So edel die Motive auch sind, so muss dennoch die tatsächliche Wirksamkeit in Sachen Unfallstatistik in den nächsten Monaten überprüft werden. Immerhin passieren die meisten schweren Fahrradunfälle in der Stadt durch das sogenannte „Dooring“ bei parkenden Fahrzeugen sowie im toten Winkel abbiegender Fahrzeuge, die Radler beim Rechtsabbiegen übersehen. Ein Allheilmittel ist die Regelgeschwindigkeit von 30 km/h also nicht.
Wie sinnvoll die Reduktion von 50 km/h auf 30 km/h wirklich ist, hängt immer von den örtlichen Gegebenheiten ab. Was in einer dicht bebauten, unübersichtlichen und vielbefahrenen Innenstadt erheblich zur Sicherheit beiträgt, ist im Fall einer gut ausgebauten Ortsdurchfahrt nicht nur lästig, sondern kann die Unfallgefahr durch künstlich erhöhte Geschwindigkeitsdifferenzen sogar noch erhöhen.
Ein Modell für Deutschland?
Grundsätzlich macht die Überlegung, die Geschwindigkeit an zentralen Orten zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu reduzieren, absolut Sinn. Ob eine pauschale Senkung von 50 auf 30 samt unzähligen Ausnahmeregelungen im Gegenzug nicht mehr Chaos als Nutzen stiften würde, bliebe abzuwarten.
Auch die Übertragbarkeit von Spanien auf Deutschland ist fraglich, zumal die Verkehrsinfrastruktur eine völlig andere ist. Punktuell eingesetzt erhöht die Tempobegrenzung gemeinsam mit technischen Nachrüstungen wie Totwinkelassistenten und mehr gegenseitiger Rücksichtnahme jedoch die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.