Gefederte vorbauten sind ja nicht wirklich etwas Neues. In den frühen Neunzigern haben wir Mountainbiker im Bekanntenkreis bereits philosophiert ob denn nun eine Federgabel oder doch ein gefederter Vorbau mehr Sinn machen. Irgendwann verschwanden die Feder-Vorbauten im sportlichen Segment, vor allem weil gute und langhubige Federgabeln verfügbar waren. Es gab noch ein paar Vertreter, vornehmlich im Trekking und City Segment. Mit dem Gravel Trend erschienen hier und da auch wieder Produkte, die sich an Radler mit Ambitionen richten sollten. Da wären der Redshift Vorbau zu erwähnen, oder Specializeds im Steuerrohr integrierte Federung beim Diverge. Wir sind auch schon verschiedene solche Produkte gefahren, waren aber nicht immer restlos überzeugt. Der Vecnum freeQENCE hat uns jetzt aber zu einer klaren Einordnung verholfen.
Der Vecnum freeQENCE im Detail
Marzell von Vecnum hat uns auf der Eurobike bereits den freeQENCE gezeigt. Wir sind immer neugierig auf Neues und haben uns darauf gefreut ein Testmuster zu bekommen. Wir haben ihn genau angeschaut, montiert und sind Probe gefahren. Geboten werden 30 Millimeter Federweg, die verteilen sich dabei in 20 Millimeter nach unten und 10 Millimeter nach oben. Der Vorbau soll also auch Löcher nach unten etwas ausgleichen. Jeder freeQENCE kommt für Lenker in 31,8 und Gabeln mit 1,1/8tel Zoll Schaft, das macht Sinn, ist das doch der allgemeine Standard. Die Klemmhöhe sind 43 Millimeter. Wir bekamen ein Testmuster in 90Millimeter Länge. Es gibt den Vorbau auch noch in 105 oder 120 Millimetern.
Die kurze Version gibt Vecnum mit 287 Gramm an, unsere Waage sagt, das kommt hin. Der Vorteil am Parallelogramm-Design ist, das der Lenker nicht nach vorne abkippt. Der Lenker bewegt sich auf und ab, er dreht aber nicht nach vorne weg. Gerade wenn man die Hände auf der Schaltbremseinheit hat fühlt sich das Wegdrehen nach vorne sehr unangenehm an, als würde einem der Lenker entgleiten. Das habe ich bei einem anderen gefederten Vorbau mit einem einzelnen Drehpunkt nicht gemocht.
Was ich als sehr erfreulich empfinde: Vecnum kauft zwar die Titan-Achsen und -Schrauben zu und lässt bei einem Partnerbetrieb eloxieren, aber die Entwicklung, die CNC-Bearbeitung der Teile aus 7075 Aluminium, die Montage und der Test, das findet alles bei Vecnum unter eigenem Dach im Allgäu statt. Darüber hinaus lässt Vecnum den freeQENCE vom EFBE-Prüflabor nach deren Prüfstandards für Gravelvorbauten und Lenker testen.
Die Montage des Vecnum freeQENCE
Im Prinzip unterscheidet sich die Montage nicht von der eines gewöhnlichen Vorbaus, mit einer kleinen Einschränkung. Da der Vorbau sich ja in Fahrt bewegt muss auch genug Freiraum dafür vorhanden sein. Damit das sichergestellt werden kann liefert Vecnum eine Lehre mit. Das ist konsequent und macht es wirklich einfach. Bei dem Stahl-Graveler den wir im Test gefahren sind war wirklich massig Platz, wie ihr auf den Bildern sehen könnt, bei einem Voluminösen Carbonrahmen, evtl ins Steuerrohr einlaufenden Zügen usw., kann es möglicherweise enger hergehen, dann weis man die Lehre noch mehr zu schätzen. Bei den beiden längeren Vorbauten fällt das übrigens weg, da ist konstruktiv immer genug Platz.
Natürlich muss genau wie bei jedem anderen Ahead-Vorbau auch darauf geachtet werden, das die Schaftlänge stimmt. Der Schaft muss kurz genug sein, um die Vorspannung der Lager via Ahead-Kappe einzustellen und er sollte auch so lang sein, das er mindestens die Höhe der oberen Klemmschraube des Vorbaus hat. Die Montage des Lenker erfolgt mittels vier Schrauben und eines zweiteiligen Frontdeckels, auf English „Face Plate“ genannt. Der Vorbau darf an allen Schrauben mit bis zu 6 Newtonmetern festgezogen werden, bei gefetteten Schrauben. Natürlich entbindet es nicht davon zu checken ob der Hersteller von Lenker und Gabel da mitgehen. Carbon-Montagepaste macht auf alle Fälle Sinn.
Testfahrt mit dem Vecnum freeQENCE
Wie erwähnt haben wir den Vorbau auf einem Gravelbike montiert. Vecnum sieht das Teil auch an einem Trekking Bike oder ungefederten E-Bikes, das können wir uns auch sehr gut vorstellen. Auffällig gut funktioniert die Verstellung der Härte, da ist für jeden Fahrer das richtige dabei. Einfach mit dem drei Millimeter Innensechskant in die rote Schraube rein und drehen, ausprobieren, nachjustieren. Der Verstellbereich ist groß und die Endanschläge deutlich spürbar.
So wilde Ritte wie Marzell von Vecnum auf den Fahr-Bildern habe ich nicht unternommen. Bei mir hat der Graveler doch eher meist Bodenkontakt. Trotzdem gilt es Schläge weg zu bügeln, von Schlaglöchern über Wasserrinnen bis hin zu Wurzeln und losen Steinen. Das macht der Vecnum Vorbau sehr gut. Ob wirklich 75% der Schläge eliminiert werden, wie Vecnum auf der Homepage verspricht, das kann ich nicht objektiv beurteilen. Tatsache ist das der Vorbau die Fahrt sehr viel angenehmer und auch sicherer macht. Auf holperigen Untergründen ist man wirklich entspannter unterwegs, gerade wenn der Weg keine Möglichkeit bietet plötzlichen Hindernissen auszuweichen. Die 20 Millimeter Federweg machen die Fahrt smother, die 10 Millimeter „Negativfederweg“ tragen scheinbar auch ihren Teil bei. Wer übrigens fürchtet es würde sich unangenehm anfühlen wenn man ordentlich Gas gibt, der irrt. Kein unangenehmes herum wippen, auch nicht im Wiegetritt, wenn der Vorbau nicht zu weich eingestellt ist. Auch in Sachen Steifigkeit ist alles im grünen Bereich. Ja, es gibt gewiss Steifere Vorbauten, aber auch für mich Schwergewicht ist der freeQENCE definitiv steif genug. Zur Haltbarkeit können wir keine Aussage machen, aber Vecnum kann in jedem Fall helfen, das ist der Vorteil wenn man „in house“ produziert.